Afghanistan-Strategie

Die Nato will Kurs halten – auch nach McChrystal

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Stefanie Bolzen

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Der Eklat um General McChrystal wirkt bei der Nato nach. Dennoch soll sich an der Strategie der Allianz in Afghanistan nichts ändern.

Am Tag nach dem Rauswurf herrschte im Nato-Hauptquartier noch immer blankes Staunen. Nicht über die Entscheidung von US-Präsident Barack Obama, sondern darüber, wie General Stanley McChrystal eine solche Fehleinschätzung medialer Wirkung unterlaufen konnte. „Er hat sich seit seinem Antritt mehrfach in einer Weise geäußert, die ihm großen Ärger mit dem Weißen Haus beschert hat“, sagt ein hoher Nato-Diplomat. „Es war bekannt, dass er seine Probleme mit der Hierarchie hatte. Aber diese Dimension hätte sich keiner vorzustellen vermocht.“

So gab es weder seitens der Nato-Führung in Brüssel noch von Mitgliedern große Versuche, Obama zum Einlenken zu bewegen. Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen erklärte, „die Operation in Afghanistan wird in derselben Schlagzahl weitergehen.“ Schon bald werde der neue Kommandeur McChrystals Position übernehmen. Der britische Premierminister David Cameron versicherte Obama in zwei Telefonaten, dass Großbritannien als zweitstärkster Truppensteller weiter hinter der derzeitigen Afghanistan-Strategie stehe. McChrystal soll bei den Gesprächen kein Thema gewesen sein.

Dazu hat wohl auch Obamas schneller Entschluss beigetragen, General David Petraeus als Kommandeur nach Afghanistan zu schicken. Er gilt als Erfinder der neuen Strategie. „Über diese Personalwahl ist man hier sehr erleichtert. Petraeus hat schon eine Erfolgsgeschichte vorzuweisen, im Irak. Jetzt soll er in Afghanistan gewinnen“, so die Einschätzung eines Diplomaten bei der Nato. Erfolge sind für alle Isaf-Truppensteller dringend notwendig. Die öffentliche Unterstützung nimmt kontinuierlich ab.

Gleichzeitig hat die neue Strategie bisher keine spürbare Verbesserung der Sicherheitslage gebracht. Die groß angelegte Isaf-Offensive im umkämpften Süden geht quälend langsam voran, ebenso der Aufbau staatlicher Strukturen, mit dem die Alliierten den nachhaltigen Sieg über die Taliban erringen wollen. Darüber hinaus entwickelt sich die Politik von Präsident Hamid Karsai gegenüber dem Westen und im eigenen Land immer mehr zu einem Unsicherheitsfaktor.

Keine guten Ergebnisse in einer entscheidenden Phase. Ende des Jahres soll erste Bilanz gezogen werden, ob die neue Strategie den geplanten Beginn eines Abzugs im Sommer 2011 möglich macht. Angesichts dessen sollen auch die deutschen Reaktionen beruhigend wirken. Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sagte, er erwarte „keinen Bruch in der Strategie“. McChrystal sei ein sehr verlässlicher Partner gewesen. Er bedauere, nicht mehr mit ihm zusammenzuarbeiten.

Sein designierter Nachfolger Petraeus sei besonnen, habe bereits im Irak Verantwortung getragen und dort kluge Schritte umgesetzt. Er hoffe, so Guttenberg, dass mit Blick auf die für Afghanistan angestoßenen Planungen Kontinuität herrschen werde. Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Gernot Erler, sagte im RBB-Inforadio, alle Beteiligten bemühten sich um „möglichst große Kontinuität“.