Kommentar

Besetzte Volksbühne: Der Kultursenator muss jetzt handeln

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Jochim Stoltenberg
Die besetzte Volksbühne am vergangenen Freitag

Die besetzte Volksbühne am vergangenen Freitag

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Die Volksbühne darf nicht zur nächsten Berliner Lachnummer werden, meint Jochim Stoltenberg.

„Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los“, lässt Goethe seinen Zauberlehrling in der gleichnamigen Ballade wehschreien. Ihm nicht unähnlich hat Kultursenator Klaus Lederer (Linke) zumindest indirekt die Geister mit gerufen, die in der Volksbühne herumspuken. Lederer muss als Jurist und verantwortlicher Senator offiziell gegen den Rechtsbruch Bedenken äußern. Dass er sich dagegen inhaltlich den Besetzern verbunden fühlt und diese damit bestärkt hat, ihren wohl geplanten Bühnenstreich (Wer eigentlich war schon vorab informiert?) spektakulär zu inszenieren, steht außer Frage.

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Lederer hat erst gegen die Kündigung des Vierteljahrhundert-Volksbühnen-Chefs Frank Castorf gewettert, dann gegen dessen Nachfolger Chris Dercon polemisiert und für seine Amtsführung schließlich auch noch mehr Raum und Geld für die freie und alternative Kulturszene versprochen. Mit all dem steht er ganz nah bei den Besetzern und sitzt zwischen allen Stühlen.

Und die Lage spitzt sich weiter zu: Die bunte Aktivistentruppe verlangt eine Interimsintendanz, um ein neues Konzept für die Volksbühne zu entwickeln, Dercons Ensemble dagegen fordert das Ende der Besetzung, um endlich ungestört für die Saisoneröffnung am 10. November proben zu können. Bei einem zweistelligen Millionenetat aus Steuermitteln nicht zu viel verlangt.

Überfällig, dass Lederer seine gar nicht so klammheimliche Sympathie aufgibt und hart verhandelt. Denn auch das Kompromissangebot, den Grünen Salon und den Pavillon der Geistertruppe zu überlassen, ist keine Lösung. Soll die Volksbühne nicht zur nächsten Berliner Lachnummer werden, hilft kein Polizeieinsatz, allein konsequentes Rausverhandeln im Sinne von Recht und kultureller Freiheit. Beides darf auch in Berlin nicht beliebig infrage gestellt werden. Schafft Lederer das nicht, ist der Regierende Bürgermeister gefragt. Der darf nicht mehr lange schweigen.

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