Treffpunkt Garderobe. Drei Stühle, drei Schminktische, aber bei dieser Produktion hat die Schauspielerin Katharina Marie Schubert den Raum für sich allein. Das ist ein kleines Privileg, ihr aber eher egal. Sie spielt die Männer-Frauen-Doppelrolle Viola/Cesario in „Was ihr wollt“, Stefan Pucher inszeniert die Shakespeare-Komödie am Deutschen Theater.
Katharina Marie Schubert wählt einen Platz an der Heizung. Die 38-Jährige ist mit ihrer Vespa an diesem kühlen Morgen von Kreuzberg zum Deutschen Theater gefahren, der Roller steht auf dem Vorplatz und ist vom Fenster aus zu sehen. Sie outet sich als flotte Fahrerin, die gern an dem in Berlin beliebten Wenn-die-Ampel-umspringt-bin-ich-der-Erste-Wettbewerb teilnimmt. Sie musste aber auch schon längere Pausen einlegen. Zweimal schon ist ihr der Roller gestohlen worden. Beide Male hat sie ihn nach ein paar Wochen zurückbekommen. Einmal hatten die Diebe das Nummernschild nicht gewechselt, aber dafür die Farbe: Schwarz statt Lila. Ihr hat der neue Anstrich gefallen.
Sie hat eine sehr herzliche Art. Humor. Sich mit ihr zu unterhalten ist so erfrischend wie ein Spritzer Limettensaft in einem kühlen Glas Wasser an einem heißem Sommertag.
Zeit für einen eigenen Film
Seit 2010 ist das Deutsche Theater die künstlerische Heimat von Katharina Marie Schubert, die sich den zweiten Vornamen zugelegt hat, um Verwechslungen mit einer gleichnamigen, älteren Kollegin zu vermeiden, die häufiger in Vorabendserien zu sehen ist. Bei Einladungen zu Castings gab es Probleme.
Katharina Marie Schubert wurde kürzlich mit dem Bayrischen Filmpreis als „Beste Darstellerin“ für „Ein Geschenk der Götter“ ausgezeichnet, sie hat unter anderen in den „Buddenbrooks“, in Schweighöfers „Schlussmacher“, im „Tatortreiniger“ und in „Tatort“-Folgen mitgespielt. Und in Detlev Bucks „Rubbeldiekatz“. Die Gage hat sie nicht in eine neue Küche gesteckt, wie sie scherzt, sondern damit ihren zweiten Film finanziert. „Another Fucking…“ lief bei den Hofer Filmtagen. Nach zwei Kurzfilmen stünde jetzt eigentlich ein längeres Werk an, aber sie scheut ein bisschen davor zurück. Sie „lässt sich gern ablenken“, schreibt dann zwischendurch mal ein Drehbuch für andere.
Nach der „Was ihr wollt“-Premiere aber, da will sie sich wieder ihrem Projekt widmen, denn dann „steht erst mal nichts Großes an“. Katharina Marie Schubert spielt aktuell am Deutschen Theater (DT) noch Jessica in „Die schmutzigen Hände“ und Ljudmilla in „Wassa Schelesnowa“. Am DT ist sie kein festes Ensemblemitglied, das schafft Freiraum.
„Ich will mir entkommen“
Anders war es in München. An den dortigen Kammerspielen war sie fest, sie wechselte vom Wiener Burgtheater – ihre Karriere begann dort, wo sie für andere endet. In München blieb sie acht Jahre. Sie war „23 oder 24“. Ein Alter, in dem man sich beweisen will, wie sie sagt. Ihr Leben drehte sich um die Bühne. Auftritte, Lesungen, Konzerte mit der (Theater)-Band The Kapulikaupunki Broken Heart Orchestra, sie war die Sängerin. „Von der Stadt habe ich kaum was gesehen“, sagt Schubert rückblickend.
Dafür wurde sie mit Arbeiten wie „Der Prozess“ und „Drei Schwestern“, beide von Andreas Kriegenburg inszeniert, und „Der Sturm“ (Regie: Stefan Pucher) zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Mit beiden hat sie häufiger zusammengearbeitet, beide schätzt sie sehr. Weil Kriegenburg und Pucher zu den Regisseuren gehören, die sich nicht damit zufriedengeben, dass ein Akteur eine weitere Variante seines Standardrepertoires anbietet.
Pucher und Kriegenburg hätten ein Interesse daran, dass sich Schauspieler weiterentwickeln. Fordern und fördern. „Ich will ja nicht ich sein, sondern will mir entkommen. Wenn man immer darauf zurückgeworfen wird, was man eh schon ist oder kann, dann fang’ ich an, mich zu hassen“, sagt Katharina Marie Schubert.
Ein Handy meldet sich. Schubert beugt sich zum Aufnahmegerät und macht eine Ansage: „Ich halte fest, das Telefon klingelt während unseres Interviews.“ Und schiebt vorsichtshalber „macht nichts“ hinterher.
Songs von Shakespeare
Pucher, der „Pop-Regisseur“. Dass ihm dieses Etikett von Kritikern angeklebt wurde, findet sie schade: „Auch wenn jemand in seinen Inszenierungen Glitzerkostüme tragen lässt und eine Band spielt, kann doch unter der Oberfläche noch etwas anderes sein.“ Auch in „Was ihr wollt“ gibt es „tolle Kostüme“.
Wir verzichten auf die Zusammenfassung der verwirrenden Handlung dieser Verwechslungskomödie und verweisen auf die Homepage des Deutschen Theaters. Schubert trägt eine Art Sängerknabenkleidung und hofft, dass sie „nicht aussieht wie zwölf“. Und natürlich wird musiziert. Die Texte stammen übrigens von Shakespeare. Ein Sonett und ganz viele Originalzeilen aus „Was ihr wollt“.
Und dann macht Katharina Marie Schubert die zweite Ansage ins Aufnahmegerät, denn sie muss jetzt gleich los: „Singprobe um zwölf mit dem Pop-Regisseur, damit die Songs ordentlich ploppen.“