Dass Valentin seine Ex-Frau „Pestbeule“ nennt, ist Grund genug, das Weite zu suchen. Seine plumpen, peinlichen Flirtversuche mit den Frauen im Publikum machen ihn nicht unbedingt sympathischer. Alles an ihm schreit förmlich danach, dass er nur einen One-Night-Stand will. Vera hingegen sucht einen Mann fürs Leben. Zwei, deren Ziele definitiv nicht zusammenpassen, die aber nicht voneinander lassen können und sich erstaunlich verbiegen, um wenigstens für einen kurzen Moment zueinander zu finden.
Das 40 Jahre alte Beziehungsdrama „Zwei auf einer Bank“ des russischen Autors Alexander Gelman spielt ursprünglich in einem Park in der Sowjetunion. In ihrem Regiedebüt im Studio der Schaubühne verlegt Amalia Starikow das Psychogramm zweier Einsamer jedoch in eine Endzeit-Szenerie. Eine zunächst in orangefarbenes Licht getauchte Sandwüste mit einigen Gesteins- und Felsbrocken. Die titelgebende Bank ist hier eine rostige Badewanne neben einer alten Laterne.
Hunger nach Zuwendung und menschlicher Wärme
Öde, leer und korrodiert, spiegelt das Bühnenbild (Simon Lesemann) zum einen das seelische Innenleben der Protagonisten. Zum anderen dämmert hier eine Endzeitstimmung auf angesichts der Katastrophen und Kriege unserer Zeit. Die Figuren werden in eine extreme Situation geworfen. Sie stecken im Dilemma zwischen dem dräuenden Weltuntergang und der ungestillten Sehnsucht nach menschlicher Wärme.
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Rein pragmatisch betrachtet, müsste das Stück eigentlich nach knapp zehn Minuten vorbei sein. Valentin (Damir Avdic) betatscht Vera (Julia Schubert) nämlich ungebührlich, obwohl sie sich laut und vernehmlich mehrmals dagegen wehrt. Seiner Umklammerung entkommen, flieht sie regelrecht vor ihm. Die einzig vernünftige Reaktion. Doch sie kommt zurück, denn es ist kompliziert.
„Zwei auf einer Bank“: Valentin nannte sich mal Juri, heißt aber Felix
Bereits vor einem Jahr hat Vera eine Nacht mit ihm verbracht. Nur erinnert er sich nicht mehr daran, was sie ihm vorhält. Damals hieß er noch Juri. Jetzt nennt er sich erst Valentin, schließlich Alexander. Doch Vera wirft einen Blick in sein Portemonnaie und stellt fest, dass alles, was er ihr erzählt hat, gelogen ist. Er lebt mitnichten in Trennung und hat eine Tochter. Er heißt Felix, ist verheiratet, besitzt eine Eigentumswohnung und hat zwei Söhne. Er will einfach nur eine Nacht mit ihr verbringen. Ein notorischer Fremdgeher.
Wie aus dem Klischee-Handbuch sagt Vera zu Felix, dass er nur noch nicht die richtige Frau getroffen hat. Die normalen seien nichts für ihn. Eher so eine Irre wie sie. Und sie spinnt umgehend ihre Zukunft aus. Wie sie ihn am nächsten Tag ihrer Familie vorstellt und mit ihm ein Haus baut. Obwohl sie weiß, dass er sie betrügt. Deshalb stößt sie ihn stets aufs Neue weg, kehrt dann aber wieder zurück. Sie lässt sich sogar von ihm demütigen und erträgt brutale Gewaltandrohung. Egal. Hauptsache, sie bekommt dadurch einen Mann. Er erzählt ihr wahlweise, was sie hören möchte oder will brachial sein Ziel durchsetzen. Beide haben sich in ihrer vertrauten Musterwiederholung eingerichtet.
Darstellerisch intensiv gespielt, ist es jedoch ebenso schwer erträglich wie langweilig, die immer wiederkehrenden stereotypen Verhaltensweisen zu beobachten. Da nützt es auch wenig, das Stück in einen politischen Krieg- und Katastrophen-Kontext zu setzen. Das Private bleibt hier letztlich banal.
Schaubühne, Kurfürstendamm 153, Wilmersdorf, Tel. 89 00 23, Termine 21., 22., 24., 25., 28.2., 1.3. um 19.30 Uhr