Der erste Eindruck täuscht. Sie spielen Verstecken wie Kinder. Tollen durch die Ferienanlage. Und schlafen nachts eng aneinandergeschmiegt. Aber Bruno (Julius Nitschkoff) und Toni (Lana Cooper) machen keinen Urlaub auf Ibiza. Sie arbeiten als Putzkräfte im Hotel.
Sie sind auch kein Paar und keine Geschwister. Toni ist Brunos Mutter, obwohl sie nur 15 Jahre älter ist. Und die Verhältnisse sind verkehrt. Weil Toni nur in den Tag lebt und keine Verantwortung kennt. Der 21-Jährige ist der Erwachsene, der sich um die Mutter kümmert.
Mit wenigen Mitteln ein Maximum an kraftvollem Kino
Auch der zweite Eindruck täuscht. Der Film „Bulldog“ ist kein klassisches Mutter-Sohn-Drama. Denn plötzlich ist noch eine andere Frau in ihrer Wohnung, Hannah (Karin Hanczewski). Die Mutter kuschelt jetzt mit ihr. Bruno ist eifersüchtig, will die Fremde loswerden. Aber die ist besonnener und oft auf seiner Seite. Eine Ménage à trois einmal völlig anders.
„Bulldog“ ist die Abschlussarbeit des Kölner Filmstudenten André Szardenings, der so ziemlich alles gemacht hat: Drehbuch, Regie, Kamera und auch noch Produktion. Und dem mit wenigen Mitteln ein Maximum an kraftvollem Kino gelingt.
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Ein prägnantes Drama, das von prekären Arbeits- und Abhängigkeitsverhältnissen erzählt und trotz flirrender Sommerbilder Auswanderer-Sehnsüchte relativiert. Mit präzis verknappten Dialogen und aufregend guten Darstellern. Der Film, der vor einem Jahr auf dem Max Ophüls Festival lief, gewann gleich je zwei Preise für Regisseur und Hauptdarsteller auf den Festivals von Biberach und Mallorca. Nun kommt er endlich ins Kino.
Nachwuchstalent Julius Nitschkoff darf hier mal ganz andere Seiten zeigen
Nachwuchstalent Julius Nitschkoff brilliert hier als junger Mann, der ständig Stärke zeigen und für alles gerade stehen muss. Und sich nie was anmerken lässt. Auf der Straße freundet er sich mit einem kleinen Mädchen an, dessen Eltern sich auch nicht um sie kümmert.
Eine Seelenverwandtschaft. Und wieder verkehrte Verhältnisse: Ausgerechnet vor dem Kind bricht Bruno einmal in Tränen aus. Und dann ist es das Mädchen, das Trost spendet. Am Ende muss Bruno eine Entscheidung treffen. Auch wenn sie wehtut.