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Brei-Attacke: Museum schätzt Schaden auf fünfstellige Summe

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Kartoffelbrei gegen einen Monet: Damit wollen diese Aktivisten für den Klimaschutz protestieren.

Kartoffelbrei gegen einen Monet: Damit wollen diese Aktivisten für den Klimaschutz protestieren.

Foto: Handout / AFP

Das Museum Barberini ist geschlossen, andere Häuser denken über Schutzmaßnahmen nach

Berlin. Nach dem Angriff von Klimaaktivisten auf Claude Monets Gemälde „Les Meules“ wird das Potsdamer Museum Barberini zunächst bis zum Sonntag geschlossen bleiben. Es gibt dieser Tage einiges zu diskutieren. Und das nicht nur hinter den Kulissen mit internationalen Leihgebern der kostbaren Werke, sondern auch in der Gesellschaft, wie man weiter damit umgeht. Für Kulturbarbarei hält es wohl die Mehrheit, die jungen Akteure der Gruppe „Letzte Generation“ sehen hingegen in ihrem Kartoffelbrei-Anschlag vom Sonntag einen legitimen Akt, um auf die schwerwiegenden Folgen der Klimakatastrophe hinzuweisen. Wieder andere halten das, was jetzt in Museen oder Galerien stattfindet, für Happenings. Es geht nicht um eine Zerstörung, sondern allein um die Darstellung von Zerstörung.

Solche Aktionen sind für Museen rufschädigend

Aber allein das Image von beschädigten Gemälden oder auch nur Rahmen ist ruf- und geschäftsschädigend für Museen oder Sammlungen. Barberini-Gründer und Kunstmäzen Hasso Plattner hatte die vorübergehende Schließung auch damit begründet, dass sein Museum sofort Kontakt zu allen Leihgebern aufnehmen werde. Im Barberini wird seit Sonnabend eine exklusive Surrealismus-Ausstellung mit Leihgaben aus 50 Museen und Privatsammlungen gezeigt. Plattner sprach von einer Gefahr, dass es künftig „schwerer bis unmöglich“ werde, für Ausstellungen Leihgeber zu überzeugen.

Mit einem Justiziar der Hasso-Plattner-Stiftung werden jetzt zudem Schadenersatzforderungen gegen die Klimaaktivisten geprüft. Aber juristisch wird das Problem der Vandalismus-Welle in Museen gegenwärtig kaum zu lösen sein. Gegen die Akteure von Sonntag wird wegen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch ermittelt. Gemäß Paragraph 303 Strafgesetzbuch (StGB) liegt Sachbeschädigung vor, wenn eine fremde Sache beschädigt oder zerstört wird. Bereits der Versuch ist strafbar. Aber es muss eine erhebliche Beschädigung vorliegen. Erst dann drohen bis zu zwei Jahre Haft oder eine Geldstrafe. Die Kartoffelbrei-Angreifer teilten vorsorglich mit, dass sie von der Glasscheibe wussten und sie außerdem „schweren Herzens“ taten. Wie hart kann das Gericht entscheiden?

Es ist bereits der vierte Angriff der Öko-Aktivisten in kurzer Zeit auf kostbare Kunstwerke: Zuletzt wurde Vincent van Goghs „Sonnenblumen“ in London mit Heinz-Tomatensuppe beworfen, im August klebten sich zwei Mitglieder der „Letzten Generation“ am Rahmen der „Sixtinischen Madonna“ von Raffael in der Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden fest. Ebenfalls im August klebten sich zwei andere Mitglieder an ein Lucas-Cranach-Werk in der Gemäldegalerie in Berlin. Von Beschädigungen wird öffentlich nicht wirklich etwas bekannt.

„Beim Cranach-Werk aus der Gemäldegalerie gab es keinen Schaden am Bild, nur am Rahmen“, hieß es gestern auf Nachfrage aus den Staatlichen Museen zu Berlin. „Da das Kabinett, in dem der Cranach hängt, derzeit wegen der Installation des neuen Beleuchtungskonzepts ohnehin geschlossen ist, wird der Cranach-Rahmen aktuell in den hauseigenen Restaurierungswerkstätten restauriert. Das Werk wird zur Wiedereröffnung dieses Bauabschnitts dann ab dem 13. März 2022 mit frisch restaurierten Rahmen wieder zu sehen sein.“ Der Betrieb muss weiter gehen.

Fotos aus Museen sind sensationeller als auf Autobahnen

Warum sich die Klima-Aktivisten zunehmend auf kostbare Kunstwerke einpendeln, lässt sich leicht auf ihrer Homepage ermitteln. Die Fotos aus den großen Museen sind einfach attraktiver als die von grauen Autobahnen. Dementsprechend ist auch die Artikelliste in der Rubrik „Berichterstattung“ üppiger, wenn es um den Kartoffelbrei auf Monet geht als um die A100. Obwohl von letzteren Blockaden viel mehr Menschen betroffen und im Falle von Rettungswagen sogar körperlich gefährdet sind. Im Museum werden direkte Kontakte weitgehend vermieden. Die jungen Aktivisten verstehen es, auf der medialen Klaviatur zu spielen. Ein Monet bringt bessere Motive, mehr Artikel und Fernsehberichte und größere Aufmerksamkeit in der eigenen Bubble.

Das Barberini ist zu. „Wir werden in dieser Zeit überlegen, wie wir die Sicherheit erhöhen können“, sagte Hasso Plattner. Und Museumsdirektorin Ortrud Westheider teilte mit: „Der Übergriff auf ein Werk der Sammlung Hasso Plattner ebenso wie vorangegangene Attacken auf Kunstwerke, unter anderem in der National Gallery in London, haben gezeigt, dass die hohen internationalen Sicherheitsstandards zum Schutz der Kunstwerke bei aktivistischen Übergriffen nicht ausreichen und angepasst werden müssen.“

Der Deutsche Museumsbund (DMB) empfiehlt als Sicherheitsmaßnahmen eine Verglasung der Kunstwerke und den Einsatz von mehr Aufsichtspersonal. Beides ist eine Kostenfrage. Auf der Museumsinsel hatten Unbekannte am 3. Oktober 2020 in mehreren Museen mehr als 60 Kunstwerke mit einer öligen Flüssigkeit beschädigt. „Unser Aufsichtspersonal wird ständig geschult“, erklärte Hermann Parzinger, Präsident die Berliner Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Wichtig sei es, dass Besucher die Augen offenhielten und notfalls die Aufsichten alarmieren. Das Personal sichert den betroffenen Raum und ruft die Polizei.

Bemerkenswerterweise wird mehr über Monet als über Klima diskutiert. Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), hat den Angriff von Klima-Aktivisten auf ein wertvolles Monet-Gemälde kritisiert. „Ich finde es nicht gut, wenn man Kulturgüter attackiert“, so Edenhofer. „Das widerspricht dem, was man eigentlich will: wir wollen den Planeten bewahren. Und zur Bewahrung gehört auch die Kultur und unser kulturelles Erbe.“