Berlin. Der Dramatiker Rolf Hochhuth hat sich in einem offenen Brief gegen den bevorstehenden Abriss der Kudamm-Bühnen gewendet. In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vergleicht Hochhuth den Abriss der beiden Boulevardtheater am Kurfürstendamm mit der Bücherverbrennung durch die Nationalsozialisten im Jahr 1933 und mit der Sprengung des Stadtschlosses durch DDR-Staatschef Walter Ulbricht im Jahr 1950: „So jetzt in Berlin die Vernichtung der zwei neunzig Jahre alten Theater am Kurfürstendamm – seit Ulbricht das Stadtschloss barbarisch wegmachte, das nicht stärker zerbombt war als das Brandenburger Tor; und seit Hitler die Bücher verbrannte – der rüdeste Vandalismus, der sich gegen Kultur in der Reichshauptstadt ausgetobt hat.“
Hochhuth weist darauf hin, dass „die beiden Gebäude die einzigen offiziellen im Art-déco-Stil sind, die in Berlin errichtet wurden“ und merkt an, dass sie „von den zwei Juden Max Reinhardt und Oskar Kaufmann aus eigener Tasche erbaut wurden.“ Der Brandbrief schließt mit einer Kritik an der Berliner Politik: „Interessant ist auch, dass den Berliner Regierenden nicht eine Minute die Einsicht kommt, ihre Vernichtung dieser Kultur-Stätte ersten Ranges werde schon in zehn Jahren das einzige überhaupt sein, was man von ihrer ‚Wirksamkeit‘ überhaupt noch weiß.“
Rolf Hochhuth ist den Kudamm-Bühnen stark verbunden. Sein international erfolgreiches Stück „Der Stellvertreter“ ist 1963 im Theater am Kurfürstendamm unter der Regie von Erwin Piscator uraufgeführt worden. Der derzeitige Kompromiss zwischen dem Investor Cells Bauwelt, der Senatskulturverwaltung und Kudamm-Bühnen-Intendant Martin Woelffer sieht vor, dass die beiden Bühnen nach Ablauf der Spielzeit Ende Mai abgerissen werden. Demnach soll das frühere Schiller Theater in Charlottenburg als Ersatzspielstätte genutzt werden. Danach soll in dem an alter Stelle neu errichteten Gebäude eine Ersatzbühne im Kellergeschoss bespielt und ein oberirdisches Foyer eingerichtet werden.
Schluss mit lustig: Die Kudamm-Bühnen ziehen um
Wo die Kudamm-Bühnen künftig spielen werden
Rolf Hochhuth kritisiert Abriss der Kudamm-Bühnen