Berliner Ensemble

Warum Armin Mueller-Stahl vielleicht doch noch in Berlin spielt

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Peter Zander

Foto: Rainer Jensen / dpa

Karriere in der DDR, schmerzhafter Wechsel in den Westen, Umzug nach Hollywood: Armin Mueller-Stahl erzählt bei der Vorstellung seiner Autobiografie in Berlin von seinem Leben in drei Deutschländern.

Das Haus ist voll. Als ZDF-Moderator Wolfgang Herles das letzte Mal sein Blaues Sofa ins Berliner Ensemble gestellt hat, vor vier Wochen war das, für Michael Ballhaus, da genügte der kleine Foyer-Saal. Jetzt aber steht es im Großen Saal, und der ist restlos ausverkauft. Kein Wunder: Diesmal stellt Armin Mueller-Stahl sein neues Buch vor. Und der ist ja nicht nur ein Weltstar. Der hat hier, im Osten, seine Karriere begonnen. Genauer: auf dieser Bühne, als sie noch nicht BE hieß, sondern Theater am Schiffbauerdamm. Claus Peymann lässt es sich denn auch nicht nehmen, seinen Gast persönlich anzukündigen. Ungewöhnlich klein macht sich der große Intendant dabei, geriert sich fast wie ein Autogrammjäger.

Und er nutzt die Stunde ganz offen, um den Schauspieler zu fragen, ob er seine Karriere nicht abrunden und hier noch einmal Theater spielen würde. Er bietet ihm ganz offen den Lear an. „Eigentlich wäre das mal wieder fällig, dass Sie hier Theater spielen.“ Wolfgang Herles schmollt ein wenig auf der rechten Sofaseite. Die Frage hatte er natürlich auch auf der Liste. Und als Peymann gegangen ist, hakt er noch mal nach, ob das keine Option wäre. „Lassen Sie mich darüber nachdenken“, meint Mueller-Stahl. „Ich antworte dann später.“

Im Westen nie ganz angekommen

Der 83-Jährige ist wach und frisch. Und macht alle Sorgen vergessen, die man sich noch vor einem Jahr um ihn machte, als er in einem Berliner Spital lag. Er weiß sehr charmant zu erzählen und hat auf jede Frage eine hübsche Anekdote parat. Eigentlich will er ja sein neues Buch vorstellen. „Dreimal Deutschland und zurück“ (Hoffmann und Campe, 240 S., 19,99 Euro), in dem er von den drei Deutschländern erzählt und warum er sich in allen, im Nazi-Reich, in der DDR, aber auch in der Bundesrepublik nie richtig wohl gefühlt hat.

Herles will immer wieder wissen, warum er auch mit dem dritten nicht warm wurde. Und Mueller-Stahl umreißt knapp, wie man ihm in der BRD zu verstehen gab, dass er ein Unbekannter aus dem Osten sei und es von einigen Regisseuren abhänge, ob er auch hier was werde. Das war ihm zuwider, er wollte „für mich selber zuständig sein“. Dass er dann nach Hollywood ging, das sei, gibt er zu, auch eine Flucht gewesen. Aber vor allem ein Abenteuer. Das mache vielleicht überhaupt seine Karriere aus: dass er nie wie eine Lokomotive immer nur auf seinem Gleis gefahren sei. Dass er sich immer neu ausprobiert habe. Auch in den anderen Künsten. Er malt und schreibt und musiziert ja auch.

Schmerzhafte Erinnerungen

Aber statt von den drei Deutschländern ist dann doch vor allem von der DDR die Rede. Naturgemäß. Denn ein Großteil des Publikums hat sie selbst miterlebt, hat ganz offensichtlich auch Mueller-Stahl hier noch am Theater erlebt, am Schiffbauerdamm, vor allem aber an der Volksbühne, an der er 25 Jahre gewirkt hat. Und nickt eifrig mit, wenn er von dieser Zeit spricht. Von den Privilegien, nach Kuba eingeladen zu werden und Che Guevara auf der Schaukel erlebt zu haben.

Aber auch von all den Filmen, die mit Herzblut gedreht, dann aber verboten wurden. Und dem Piesacken von Theaterregisseuren wie Benno Besson. Wegen dem Mueller-Stahl an der Volksbühne gekündigt hat. Kein Kollege hat ihn damals verabschiedet. Das schmerzt ihn heute noch. Und nun kommt auch noch die versprochene Antwort auf Peymanns Offerte: Eigentlich habe er genug Theater gespielt. Ein wenig an der Eitelkeit gepackt, schmunzelt der Weltstar aber doch: „Wenn der“, also Peymann, „noch lange davon redet, mache ich das womöglich noch.“ Mueller-Stahl als Lear am BE? Man darf noch hoffen.