Es war doch schon alles vorbereitet: Die Fotos waren gerahmt, die Zeichnungen und Aquarelle fertig, Räume gebucht, Einladungen verschickt. Und dann das, die Nachricht, dass der Flughafen Tegel noch ein knappes weiteres Jahr in Betrieb bleibt erschütterte die Reinickendorfer im Allgemeinen und drei Berliner Künstler im Besonderen. Schließlich haben sie seit einem Jahr den Abschied mit einer Hommage an den Flughafen vorbereitet.
Aber es hilft ja nichts. Obwohl sich das Ende des Flughafens Tegel nun verzögert, stellen Susanne Haun, Frank Koebsch und Christiane Weidner ihre Arbeiten in der Humboldt-Bibliothek in Reinickendorf aus. Sie alle haben einen persönlichen Bezug zum Flughafen, wohnen im Umkreis oder fliegen häufig von dort in die Welt.
Christiane Weidner wohnt nur ein paar Kilometer vom Flughafen Tegel entfernt. Sie hat Fotografien von Flugzeugen, Anwohnern, wie Kleingärtnern und Gewerbetreibenden, und der Umgebung des Flugplatzes übereinander montiert. So baut sich in ihren Bildern eine Größe auf, die Weite und Höhe der Flugzeuge symbolisiert. Nur widerwillig hätten der Flughafen und die Fluggesellschaften mit der Fotografin kooperiert. Air Berlin habe sie gar nicht bei ihrer Arbeit unterstützen wollen und der Flughafen hätte ihr im Frühjahr zuerst eine Zusage gegeben, im Sicherheitsbereich fotografieren zu dürfen und einen Tag später wieder abgesagt. „Im Nachhinein erklären sich mir diese Vorgänge“, sagt die Christiane Weidner, „da kommt natürlich schon der Verdacht auf, dass sie schon Anfang des Jahres wussten, dass es Schwierigkeiten mit der Eröffnung des neuen Flughafens geben wird.“ Dass ihre Ausstellung an Aktualität einbüße, befürchtet die 57 Jahre alte Künstlerin nicht. „Im Gegenteil, ich rechne eher mit mehr Besuchern, weil das Thema die Stadt momentan elektrisiert und so viel öffentliche Aufmerksamkeit auf die Flughäfen gerichtet ist.“
Träume vom Fliegen
Im Zuge ihrer Recherchen traf die Fotografin auch auf Anwohner, die dem Flughafen nachtrauern werden. „Viele finden, dass Tegel dann seinen weltstädtischen Teil verlieren wird“, sagt sie. Deshalb hat sie Jugendliche abgelichtet, die immer auf einer Mauer sitzen, um den Flugzeugen bei Starten und Landen zuzusehen. Sie würden den Ort vermissen. Nun können sie noch einen weiteren Sommer vom Fliegen träumen.
Susanne Haun hat sich mit dem Namensgeber des Flugplatzes Otto Lilienthal auseinandergesetzt. Die 47 Jahre alte Künstlerin hat seine Berechnungen als Grundlage genommen und Familienporträts der Lilienthals, Vögel oder Haltevorrichtungen seiner Flugkonstruktionen mit Tusche darüber gezeichnet. Auf DIN A4 großes Papier, Glasscheiben oder Kuben malt Susanne Haun mit blauer Tusche ihre Interpretationen von Lilienthals Leben und seiner Arbeit. Der Ingenieur fertigte Messungen über Störchenflüge an und schuf damit die Basis für seine fliegenden Apparate. Er starb 1896 in Berlin an den Folgen eines Absturzes mit einem seiner Gleitfluggeräte.
Der dritte Künstler, Frank Koebsch, kennt den Flughafen in- und auswendig, ist er doch jahrelang dienstlich mit dem Flugzeug unterwegs gewesen. Bis zu fünfmal in der Woche fuhr er Tegel an, „meistens auf den letzten Drücker, aber irgendwie schaffte ich es immer im letzten Moment.“ Das Aufregende war für ihn nicht mehr das Fliegen, sondern der Weg zum Flughafen. Weil Tegel keinen direkten U-Bahnanschluss hat und Koebsch oft bis zur letzten Minuten in Konferenzen saß, musste er meistens auf dem Rücksitz eines Taxis ausharren und hoffen, dass er seinen Flieger noch bekommt. In Aquarellen zeigt er die Bilder, die ihm im Laufe der Zeit im Kopf geblieben sind: Die Abflugtafeln, die Schalterhalle, den Zufahrtsweg, seinen Kaffeestand, den Currywurstverkauf an der S-Bahnstation.
Die Ausstellung „Berlin Tegel. Eine Hommage an den Flugplatz mitten im Herzen von Berlin“ ist bis 30. Juni in der Humboldt-Bibliothek, Karolinenstr. 19 (Tegel), zu sehen. Montag bis Freitag 11 bis 19 Uhr, Samstag 11 bis 16 Uhr, zu sehen. der Eintritt ist kostenlos.