Axel Springers Vorstandsvorsitzender Mathias Döpfner war mit zwei Reden Star des öffentlichen Teils des Jahreskongresses des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger. Sein Vorstand Bezahlangebote Jan Bayer glänzte im Verborgenen. Im nicht öffentlichen Teil erzählte er den Delegierten und Mitgliedern von seiner Reise ins Silicon Valley.
Bayer hat dort ein halbes Jahr verbracht – und dabei auch die Beziehungen seines Hauses zu Facebook und Google vertieft. Nach Angaben von Kongressteilnehmern kündigte er an, Springer werde an einem Versuch zur Förderung von Bezahlinhalten der beiden Internet-Riesen teilnehmen. Dabei geht es im Falle von Facebook um eine zusätzliche Funktion des Angebots Instant Articles. Dieses Angebot ermöglicht es Verlagen, ihre Artikel in Facebook direkt einzubinden, sodass der Nutzer, wenn er sie anklickt, nicht erst warten muss, bis sie hochgeladen sind. Allerdings hatten sich namhafte Blätter wie die „New York Times“, der „Guardian“ und Springers „Welt“ zuletzt von Instant Articles verabschiedet. Die Erlöse waren aus ihrer Sicht unbefriedigend.
Das Problem soll nun durch eine Bezahlfunktion gelöst werden. Der Versuch könnte Ende des Monats starten. Springer soll nicht das einzige deutsche Medienhaus sein, das an ihm teilnimmt. Offiziell teilt Springer nur mit, dass man „in Gesprächen mit Facebook“ stehe. Mit denselben Worten kommentiert das Haus auch die offenbar bevorstehende Beteiligung an einem Test von Google. Der Konzern aus dem kalifornischen Mountain View will das Auffinden und Bezahlen kostenpflichtiger Inhalte erleichtern. Er kooperiert hier bereits mit der „New York Times“ und der „Financial Times“.
Generell hat Bayer in den USA „fasziniert“, dass die Unternehmen dort konsequent „ihre jeweilige Organisation auf Kundenbedürfnisse und Produkt ausgerichtet haben“. Diese Erkenntnis war wohl auch ausschlaggebend für seine Entscheidung, die Vermarktung von gedruckten und digitalen Angeboten im eigenen Haus voneinander zu trennen. In einem internen Schreiben an die Belegschaft, in dem er diesen Schritt erläutert, bezieht sich Bayer auf seine Reise. Er sei in die USA gereist, heißt es da, um zu verstehen, „wie sich Medienunternehmen dort“ auf Plattformen wie „Facebook, Google, YouTube“ einstellen „und welchen Einfluss das auf unser Geschäft hat“.
Die Trennung der zwei Bereiche, die eine effizientere Vermarktung und damit eine Stabilisierung der Erlöse zum Ziel hat, könnte noch einen anderen Grund haben. In Unternehmenskreisen heißt es, Springer blicke mit Sorge auf das Ende August von Facebook in Deutschland gestartete Kleinanzeigen-Angebot Marketplace. Das ist zwar nur ein Test. In den USA, Australien und Großbritannien, wo Marketplace vor elf Monaten startete, kommt das Angebot aber monatlich auf 550 Millionen Nutzer. Allein im Mai wurden dort 18 Millionen neue Artikel eingestellt. Für Springer, das sein Geld nun im Wesentlichen mit digitalen Rubrikenmärkten verdient, könnte Marketplace eine ernste Bedrohung werden. Da schadet es nicht, wenn sich die Erlössituation bei der klassischen Medienvermarktung bessert.
*
Oberster deutscher Medienwächter wird demnächst wohl eine Frau. Seit Anfang 2016 bekleidet der Direktor der bayerischen Landesmedienanstalt, Siegfried Schneider, in seiner Funktion als Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) diesen Posten. Intern hat er erklärt, für ein weiteres Jahr nicht zur Verfügung zu stehen. Als Nachfolger Schneiders werden zwei Kandidaten gehandelt: Da wäre zum einen der ehemalige RTL-Manager Tobias Schmid, der seit Januar Chef der nordrhein-westfälischen Landesmedienanstalt ist. Schmid sagt auf Anfrage, er stehe für den Posten des DLM-Vorsitzenden nicht zur Verfügung. So bleibt nur die Direktorin der Bremischen Landesmedienanstalt, Cornelia Holsten. Sie ist bereits Schneiders Stellvertreterin.
Mehr Medienmacher:
Wieso die ARD Gehälter ihrer Direktoren nicht verrät
Das „Spiegel TV Magazin“ steht vor einer ungewissen Zukunft