ARD und ZDF besitzen privatwirtschaftliche Töchter, die ihr Geld selbst verdienen müssen. Jedenfalls in der Theorie. Denn machen diese Tochtergesellschaften Verlust, muss für den die öffentlich-rechtliche Mutter aufkommen.
So gesehen war Studio Hamburg für den Gebührenzahler drei Jahre lang ein ziemlich teures Vergnügen. Die TV- Produktionsgesellschaft („Tatort“, „Großstadtrevier“) gehört dem NDR und zählt neben der Ufa und der Bavaria zu den Marktführern der Branche. 2011 machte die Firma 2,88 Millionen Verlust. 2012 lag das Minus gar bei 13,02 Millionen und 2013 bei immer noch 10,36 Millionen Euro.
2019 sollen auch in der Hauptstadt schwarze Zahlen geschrieben werden
Mitte 2014 übernahm Johannes Züll die Geschäftsführung der NDR-Tochter. Und siehe da: Im selben Jahr wies Studio Hamburg mit 73.000 Euro wieder einen kleinen Gewinn aus, der aber im Wesentlichen auf den Verkauf eines Teils des Studiogeländes zurückzuführen war. 2015 lag der Jahresüberschuss bereits bei gut 900.000 Euro.
Und 2016 – noch steht dies nicht im Bundesanzeiger – verzeichnete die Produktionsgesellschaft laut vorläufiger Zahlen ein Plus von 2,2 Millionen Euro. Der Umsatz stieg vergangenes Jahr von 282 Millionen auf knapp 300 Millionen Euro. Rote Zahlen schreibt nur noch der Ableger Studio Berlin. Dort wird „The Voice of Germany“ ebenso produziert wie der Talk von Anne Will. 2019 sollen auch in der Hauptstadt schwarze Zahlen geschrieben werden. Züll kommt übrigens vom Privatfernsehen. Er arbeitete zuletzt für das kroatische RTL Televizija.
Auf eine Bewerbung verzichtet hat Kluges Produktionsgesellschaft DCTP
Mitte kommenden Jahres geht eine Ära zu Ende. Dann werden Produktionen des Münchener Filmemachers Alexander Kluge nicht mehr im Privatfernsehen zu sehen sein. Seit 1988 zeigt er in Formaten wie „10 vor 11“ oder „Prime-Time Spätausgabe“ auf RTL – zeitweise auch auf Sat 1 – ambitionierte Kunstfilme und Interviews. Dafür hat er zum Leidwesen der Chefs der betroffenen Privatsender als sogenannter unabhängiger Dritter eine eigene Sendelizenz. Für die am 1. Juli 2018 beginnende neue Vergabeperiode reiche er aber keine eigenen Vorschläge ein.
Komplett auf eine Bewerbung verzichtet, hat Kluges Produktionsgesellschaft DCTP, an der auch die japanische Werbeagentur Dentsu und der „Spiegel“ beteiligt sind, aber auch nicht. Sie bewirbt sich für den RTL-Sendeplatz am Montag von 23.25 Uhr bis 0 Uhr – allerdings nicht mit einer Produktion des Filmemachers, sondern mit „Spiegel TV Magazin“. Das Flaggschiff von Spiegel TV mit Moderatorin Maria Gresz läuft seit fast 30 Jahren am Sonntagabend, derzeit von 22.45 Uhr bis 23.30 Uhr. Doch diesen Sendeplatz hat RTL für unabhängige Dritte nicht neu ausgeschrieben.
Auf mindestens die Hälfte der bisherigen Einnahmen wird Spiegel TV verzichten müssen
Der Sendeplatz am späten Montagabend, für den „Spiegel TV Magazin“ sich nun bewirbt, ist nicht nur zehn Minuten kürzer als der bisherige. Er gilt auch als unattraktiv. Auf mindestens die Hälfte der bisherigen Einnahmen werde Spiegel TV wohl verzichten müssen, sagt ein Brancheninsider. Die Spiegel Gruppe selbst mag sich dazu nicht äußern. Zudem ist noch völlig offen, ob sie den Sendeplatz überhaupt erhält. Es gibt immerhin acht weitere Bewerber. Und die Zeiten, da Bewerbungen unter dem Dach der DCTP von den zuständigen Landesmedienanstalten anstandslos durchgewinkt wurden, sind vorbei.
Schon seit längerer Zeit gibt es Zweifel, ob Spiegel TV – das gilt auch für das ebenfalls mit einer DCTP-Lizenz sendende Stern TV – überhaupt ein unabhängiger Dritter ist: Zu den „Spiegel“-Gesellschaftern zählt die Bertelsmann-Tochter Gruner + Jahr. Bertelsmann gehört auch RTL. Stern TV wird zwar von Günther Jauchs Firma I&U produziert. Die Markenrechte gehören aber ebenfalls Gruner + Jahr. Wohl auch deshalb hat DCTP diesmal darauf verzichtet, sich mit Stern TV zu bewerben, das RTL künftig komplett in Eigenregie ausstrahlen wird.
Medienkolumnist Kai-Hinrich Renner schreibt über Neuigkeiten aus der Branche.