Gourmetspitzen

Nachgeschmeckt - Zum zweiten Mahl in Berliner Restaurants

| Lesedauer: 5 Minuten

Foto: Amin Akhtar

Heinz Horrmann besucht erneut Restaurants wie das Ach! Niko! Ach! und den Brooklyn Beef Club. Wie es so ist: Einiges hat sich verändert, anderes bleibt bewährt gut. Zum Beispiel das Steak.

Die Restaurant-Auswahl bei der zweiten Chance steht im Zeichen der Ferienzeit. Die Sonnentage setzen in der Hauptstadt andere Schwerpunkte, zudem schließen die meisten der Top-Restaurants für eine Sommerpause. Selbst Sterne-Küchen sind chancenlos gegen Grillgut unter freiem Himmel auf Terrassen und in Gärten. Welche Wirte können, nutzen die Straße. So herrscht gute Stimmung im Balthazar auf dem Kurfürstendamm, bei Lutter & Wegner, im Café Einstein oder im Café am neuen See. Auch die italienischen Restaurants können viele Kunden begrüßen. Als Nummer zwei bei der Zahl der südlichen Speiselokale haben sich eindeutig die griechischen Küchen etabliert, deutlich vor den Franzosen oder Spaniern.

Ich habe das griechische Restaurant Ach! Niko! Ach! am Kurfürstendamm ein zweites Mal besucht und die Ferienatmosphäre auf der Straßenterrasse erlebt. Das Lokal mit der grün bewachsenen Terrasse und den überall wiederkehrenden Farben weiß und blau, das wie eine griechische Insel mitten in der City ausschaut. Hellenisch agieren auch die Kellner, die ihre Scherze machen, auf die Tische klopfen. Auch beim zweiten Besuch faszinierten mich die riesigen Portionen bei kleinsten Preisen. Mein griechischer Salat war reichlich für eine ganze Familie – keine Hausfrau kann diese Zutaten von 6,50 Euro zusammenkaufen. Bei den Nuggets von panierter Hähnchenbrust mit griechischem Joghurt und den absolut besten Pommes Frites, die ich in Berlin bislang bekommen habe, ist der Preis von 6,50 Euro ebenfalls äußerst günstig. Zum Einstimmen auf das griechisches Gefühl spendierte der Kellner jedem Gast einen Ouzo, eine klare Spirituose mit ausgeprägtem Anis-Aroma.

Wodka und Curry auf der Terrasse

Gleiche Lokalität, darum die zweite Chance, aber dafür eine völlig neue Ausrichtung. Auf der Adlon-Terrasse gibt es die Sansibar nicht mehr, dafür will Hausherr Oliver Eller von Jahr zu Jahr ein stets wechselndes Angebot machen. In diesem Sommer ist es die Beluga-Wodka-Terrasse mit einer Speisekarte, die dazu passend ein paar russische Gerichte anbietet. Dazu probierte ich kleine Köstlichkeiten wie den Beluga Shot, der aus einer Verbindung von Zitronensorbet und Kaviar besteht und etliche Cocktails auf Wodka-Basis. Keine Sorge, die Adlon-Curry-Wurst gibt es nach wie vor.

Der erneute Besuch im Le Petit Felix, dem Genussrestaurant neben dem Nachtclub Felix, hatte einmal mehr einen guten Grund: ein weiteres „Gastspiel der Kochstars“. Nach Drei-Sternekoch Dieter Müller zauberte nun der Münchener Küchenkünstler Otto Koch Besonderes. Nicht billig, dass kann es bei dem Wareneinsatz auch nicht sein, aber ein besonderes kulinarisches Erlebnis war das. Wie die Weißwurst von Meeresfrüchten, die Taubenbrust mit Gänseleber in Blätterteig gebacken oder ganz einfach, gut getrüffelte Tortellini. Nach der Sommerpause wird Urgestein Rolf Schmidt als Star für einen Tag in der Küche stehen. Zehn Jahre verteidigte er zwei Michelin-Sterne, bevor er nach Berlin kam. Dieses Petit Felix-Gastspiel-Programm wird begeistert aufgenommen. Allgemeine Zustimmung gilt freilich auch für die hauseigene Küchencrew, die Abend für Abend Genuss produziert und perfekten Service schafft. Ein gutes Beispiel dafür sind Aroma-Kombinationen wie der Kaninchenrücken mit Artischocken und Löwenzahn oder auch die marinierte Rote Bete mit Traubenkernöl.

Den Brooklyn Beef Club hatte ich als bestes Steakhouse der Stadt besprochen. Auch bei meinem aktuellen Besuch war die Fleisch-Qualität exzellent und neue kleine Gerichte am Rande der großen Fleischeslust hoch interessant. Beispielsweise die Kombination von Sellerie und Fenchel in der Pfanne geröstet. Zwei Dinge, die mich störten, dürfen nicht unerwähnt bleiben. Erstens: Ich finde es immer ärgerlich, wenn Weine, die nicht mehr vorhanden sind, nicht aus der Weinkarte gelöscht werden. Ich bestellte einen Lieblingswein aus St. Emilion. Kopfschütteln vom Service, der sei ausgetrunken. Zweitens: Jeder Restaurantbesuch mit Freunden ist auch ein Kommunikationserlebnis. Das war jedoch abrupt unterbrochen, als eine Jazz-Combo im kleinen Restaurant live zu lärmen begann – und jedes weitere Gespräch unmöglich machte.

Ausgebackenes Hendl bei Beltle

Herbert Beltles neues Berlin-Brandenburg-Konzept greift auch im Aigner, wobei das vorzüglich paniert ausgebackene Hendl nach Wiener Art auf der Karte stehen geblieben ist. Wenn mich einer gefragt hätte, ob eingelegte Aprikosen, verlorene Eier, hauchdünne Radi-Scheiben und Cashewnüsse zueinander passen und ob alles genussvoll kombinierbar ist, hätte ich gezögert. Im Aigner erlebte ich jedoch unglaublich überzeugend, was da als „Vier-Jahreszeiten-Salat“ mit diesen Zutaten aus der Küche als Geschmackserlebnis serviert wurde.

Nach der Buchveröffentlichung liest man nicht nur in Berlin, sondern in der ganzen Nation alles über Roland Marys Borchardt. Ich habe mich daraufhin noch einmal um Essen und Service gekümmert – und nicht um den Aufmarsch der Prominenten. Die neue Speisekarte findet guten Anklang. Ich war besonders angetan von „Borchardts Bouillabaisse Marseillaise“, die von schmeckbar frischem Fisch und Garnelen geprägt war. Es muss ja nicht immer Wiener Schnitzel sein.