Hauptstadtflughafen

Neue Flugrouten des BER bedeuten Lärm für Berlins Südwesten

| Lesedauer: 5 Minuten
Thomas Fülling und Gilbert Schomaker

Die Gemeindevertretung Blankenfelde-Mahlow spricht sich für eine Nordkurve bei Weststarts vom BER aus. Diese Änderung der Flugrouten hätte Folgen – auch für Berlin.

>> Grafik: Neuer Vorschlag für Flugroute <<

Der Streit um die Flugrouten vom künftigen Hauptstadtflughafen BER in Schönefeld ist im Berliner Südwesten ist neu entflammt. Vor allem im Berliner Südwesten wachsen die Ängste, stärker als bislang angenommen von Fluglärm betroffen zu sein.

Auslöser ist ein Beschluss der Gemeindepolitiker von Blankenfelde-Mahlow, die sich am Donnerstagabend mit einer knappen Mehrheit dafür aussprachen, startende Flugzeuge am späten Abend und frühen Morgen nördlich am Ort vorbei zu lenken. Alexander Fröhlich, Referent des Bürgermeisters Ortwin Baier (parteilos): „Wir wollen eine Entlastung der Bürger in Blankenfelde-Mahlow erreichen.“ Fröhlich verwies auf eine Gutachten der Deutschen Flugsicherung, das ebenfalls eine solche Nordkurve nach dem Start Richtung Westen empfiehlt. Sowohl in der Fluglärmkommission, als auch bei der Deutschen Flugsicherung (DFS) soll nun auf eine Änderung der bisher geplanten Routen hingearbeitet werden.

>> Flugrouten-Radar: Wo es jetzt lärmt <<

Eine solche Nordkurve hätte allerdings deutliche Auswirkungen auf andere Gemeinden und den südlichen Berliner Stadtrand. Die Bewohner von Mahlow-Nord, auch von Lichtenrade, die bei der bisherigen Verkehrsführung von den Geräuschen startender Düsenjets weitgehend verschont wurden, müssten zumindest zeitweilig mit ohrenbetäubendem Krach rechnen. Dagegen wehrt sich die Bürgerinitiative Lichtenrade/Mahlow-Nord mit Vehemenz.

Teilerfolg vor Gericht

Hintergrund der aktuellen Auseinandersetzung ist der Kampf, den die Gemeinde bereits seit vielen Jahren gegen die Deutsche Flugsicherung und des Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) führt. Die Bundesinstitutionen sind zuständig für die Festlegung der Flugverfahren, die bei Starts und Landungen für die Piloten bindend sind. Für den BER wurden die Flugkorridore im September 2010 durch die DFS verkündet und durch das BAF im Januar 2011 rechtsverbindlich bestätigt. Seither wehren sich fast die Bewohner faktisch alle Anrainer-Gemeinden des BER, aber auch die im Berliner Süden gegen die Routen mit allen politischen und juristischen Mitteln.

Blankenfelde-Mahlow ist bisher die einzige Gemeinde, die vor Gericht zumindest einen Teilerfolg erzielen konnte. Konkret bei der Route, die den Piloten bei sogenannten Geradeausstarts von der BER-Nordbahn bei Westwind zugewiesen werden soll. Die Nordbahn ist eine von zwei Start- und Landebahnen, über die der Flugverkehr am BER abgewickelt werden soll. Weil beide Pisten weit genug voneinander entfernt liegen, können diese – anders als etwa die beiden Startbahnen in Tegel – gleichzeitig betrieben werden.

Vier Alternativen zu Planungen vorgestellt

Die Bewohner von Blankenfelde-Mahlow, das nur wenige Kilometer vom BER entfernt liegt, sehen sich vom Fluglärm besonders stark betroffen. Wird doch der Ort sowohl bei Starts, als auch Landungen überflogen, was zu einer Lärm-Dauerbelastung führt. Das sahen schließlich auch die Richter des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg so, als sie im September 2013 die Geradeausstartrouten von der BER-Nordbahn, die die Flugzeuge direkt über den Ortskern leitet, zumindest von 22 Uhr abends bis 6 Uhr morgens – den sogenannten Tagesrandzeiten - für ungültig erklärten. Die lärmgestressten Ortsbewohner sollten wenigstens die Chance auf eine halbwegs geruhsame Nachtruhe bekommen, hieß es. Die Richter beauftragten daraufhin Flugsicherung und Bundesaufsichtsamt, für die BER-Nordbahn eine neue Startroute zu finden und festzusetzen.

Im Februar stellte die DFS der Fluglärmkommission für Schönefeld vier Alternativen vor. Allen gemeinsam ist, dass die Flugzeuge direkt nach dem Start vom BER eine mehr oder minder stark ausgeprägte Kurve Richtung Nordwesten fliegen, um danach weiter im Geradeausflug zu steigen. Die Ausweichrouten rücken dabei Stück für Stück an die Berliner Stadtgrenze sowie die Gemeinden Kleinmachnow und Stahnsdorf heran. Die Gemeindevertreter von Blankenfelde-Mahlow stimmten nun für Alternativroute 4, bei der die Düsenjets vom Ortskern aus gesehen am weitesten nördlich vorbeigeführt werden. Doch was des einen Freud, ist oft des anderen Leid. So auch in Blankenfelde-Mahlow: Nun werden Tausende Bewohner des Ortsteils Mahlow-Nord, oftmals Zugezogene aus Berlin, vom Fluglärm betroffen sein. Entsprechend groß ist nun der Aufschrei der Empörung.

Fluglärmkommission berät Anfang Juli

Die Befürworter der Route 4 argumentieren vor allem damit, dass bei dieser Variante insgesamt die geringste Zahl an Bewohner dem besonders schwer erträglichen Lärmpegel von mehr als 50 Dezibel ausgesetzt sind. Die Zahl der Betroffenen nehme um 2873 ab, heißt es in einer Analyse der DFS.

Das Votum der Gemeindevertreter ist noch keine Entscheidung. Sie soll als Position in die Fluglärmkommission eingebracht werden, die das nächste Mal am 6. Juli tagt. Vertreter von Deutscher Flugsicherung und Bundesaufsichtsamt verweisen wiederum auf die ausstehende Beratung der verschiedenen Varianten in der Kommission. Wie lange der Abwägungsprozess dauern wird, sei derzeit schwer zu sagen, so die Sprecherin des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung Kerstin Weber.