Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke hatte nach seiner Regierungserklärung zum BER einen schweren Stand. Die Opposition wirft ihm vor, nicht verhandelt zu haben.
Als er ans Rednerpult geht, weiß er schon, was ihn nach der Regierungserklärung erwartet. Die Opposition wird ihm die Glaubwürdigkeit absprechen. So wiederholt Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) vor dem Landtag am Mittwoch gebetsmühlenartig immer wieder das eine: Das Land habe alles getan, um das Volksbegehren für ein Nachtflugverbot am künftigen Hauptstadtflughafen BER in Schönefeld umzusetzen. Die Verhandlungen mit Berlin und dem Bund seien aber an deren Widerstand gescheitert. „Eine einvernehmliche Lösung mit dem Bund und Berlin für eine Ausweitung des Nachtflugverbots auf 22 Uhr bis 6 Uhr ist nicht erreichbar“, sagte Woidke. Der von ihm nun vorgeschlagene Kompromiss, wonach die Flieger nicht wie vorgesehen um 5 Uhr, sondern um 6 Uhr starten, sei sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich machbar. „Das ist für mich kein Zurückrudern oder Einknicken“, sagte Woidke. Im Moment gilt ein Nachtflugverbot zwischen 24 und 5 Uhr.
Die Rede des Brandenburger Regierungschefs enthält keine Überraschungen. Er spricht noch dazu so bedächtig, dass Matthias Platzeck, sein Vorgänger im Amt, in der zweiten Abgeordnetenreihe schon unruhig wird – und die Drehfunktion seines Stuhls ausgiebig testet.
„Der Schlüssel zu mehr Nachtruhe liegt in Berlin“
Unter Platzeck hatte der Landtag im Februar mit der rot-roten Mehrheit das Volksbegehren gegen den Nachtflug angenommen – und damit die Mitgesellschafter Berlin und den Bund düpiert. In Berlin wird die bevorstehende Landtagswahl im September als Hauptursache für den Schwenk ausgemacht. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), aber auch die Vertreter des Bundes halten die von Brandenburg geforderte Ausweitung des Nachtflugverbots über die Zeit von 24 und 6 Uhr wirtschaftlich für nicht vertretbar.
Auch den von Woidke ins Spiel gebrachten Kompromiss, in einem Modellversuch eine zusätzliche Stunde am Morgen vom regulären Flugbetrieb freizuhalten, wollen sie bislang nicht unterstützen. „Der Schlüssel zu mehr Nachtruhe liegt in Berlin“, sagt SPD-Fraktionschef Klaus Ness. „Gerade die fusionswilligen Berliner sollten zeigen, wie wichtig ihnen Brandenburg und die Interessen seiner Bewohner sind.“ Die Linke-Fraktionschefin Margitta Mächtig beklagt: „Ein Jahr lang haben wir auf Granit gebissen. Bei Wowereit und den Seinen im Land Berlin, die zu vergessen scheinen, dass sie mitten in Brandenburg wohnen.“ Die Linke will im Bundestag fordern, dass zumindest die Bundesregierung als Mit-Gesellschafter dem Antrag Brandenburgs zur Ausweitung des Nachtflugverbotes zustimmt. Doch davon ist nicht auszugehen.
Die Opposition unterstellt der Regierung, gar nicht ernsthaft verhandelt zu haben. „Wenn Sie behaupten, dass Sie hartnäckig verhandelt haben, dann sagen Sie den Brandenburgern auch konkret, wann, wie oft, und mit wem“, fordert der CDU-Fraktionsvorsitzende Michael Schierack in der Debatte. Genau das Gegenteil scheine der Fall zu sein. „Einen Monat nach der Annahme des Volksbegehrens haben Sie die Zuständigkeit für die Öffnungszeiten des BER an die Obere Luftfahrtbehörde Berlin-Brandenburg gegeben“, hält er Woidke vor. Weder die Gesellschafterversammlung hat bislang stattgefunden, noch die gemeinsame Planungskonferenz. Wie die FDP und die Bündnisgrünen fordert auch die Union einen Alleingang Brandenburgs bei der Nachtflugregelung. „Das ist juristisch über eine Änderung des Planfeststellungsbeschlusses durchaus möglich, wie zwei Gutachten ergeben haben“, so Schierack. Einen Alleingang lehnt der Ministerpräsident aus rechtlichen Bedenken ab.
„Eine Beruhigungspille für die Bürger“
„Die Annahme des Volksbegehrens war nicht mehr als eine Beruhigungspille für die Bürger“, sagt FDP-Fraktionschef Andreas Büttner. Die Regierung habe von Anfang an gewusst, dass Verhandlungen nicht erfolgreich sein würden. Büttner spricht vom „Bruchpiloten Woidke“. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Axel Vogel greift zu einem anderen Vergleich: „Mit diesem angeblichen Verhandlungsangebot wirken Sie wie ein Boxer, der seinem Trainer das Handtuch entwindet und es in den Ring wirft, bevor der Kampf überhaupt begonnen hat.“
Inzwischen lässt die vom Fluglärm stark betroffene Gemeinde Blankenfelde-Mahlow (Teltow-Fläming) prüfen, ob die Initiatoren des Nachtflugverbot-Volksbegehrens vor dem Landes-Verfassungsgericht gegen die brandenburgische Landesregierung klagen könnte – wegen Untätigkeit bei der Umsetzung des Volksbegehrens.