BER-Desaster

Ex-Technik-Planer Amann wird Chef ohne Mitarbeiter

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Thomas Fülling und Gudrun Mallwitz

Foto: Stephanie Pilick / dpa

BER-Chef Hartmut Mehdorn hat im Machtkampf mit Technik-Geschäftsführer Horst Amann gesiegt. Doch der Hesse bleibt im Unternehmen und leitet bei vollem Gehalt eine unbedeutende Flughafen-Tochter.

Wann der neue Hauptstadtflughafen in Schönefeld eröffnet? Keiner vermag es derzeit zu sagen. Wird es bald eine Teileröffnung des BER geben? Schweigen. Wie viele Milliarden kostet der neue Flughafen den Steuerzahler am Ende? Die Spekulationen schießen in immer neue Höhen. Angesichts der vielen unbeantworteten Fragen mutet es schon beinahe als Erfolg an, dass der Aufsichtsrat der Flughafen Berlin Bandenburg GmbH (FBB) jetzt wenigstens den lähmenden Machtkampf zwischen den FBB-Geschäftsführern Hartmut Mehdorn und Horst Amann beendet hat.

Das Kontrollgremium hatte Amann mit sofortiger Wirkung die Verantwortung für den Flughafen-Neubau entzogen, stattdessen soll der 60 Jahre alte Manager ab 1. November 2013 die Flughafen Energie und Wasser GmbH (FEW) leiten. Das FBB-Tochterunternehmen ist verantwortlich für die Versorgung der Airports in Tegel und Schönefeld mit Strom, Wasser und Fernwärme.

„Kein Versorgungsposten“

Amann bekommt seine Bezüge in voller Höhe weitergezahlt, so der kommissarische Aufsichtratschef Klaus Wowereit (SPD). Laut FBB-Geschäftsbericht für 2012 summieren sich die aus Grundgehalt und sonstigen Bezügen bestehenden Zahlungen auf immerhin rund 350.000 Euro im Jahr.

Für dieses Geld soll Amann nun die bislang ohne eigene Mitarbeiter dastehende 100-prozentige FBB-Tochter leiten. Ein Chef ohne Mitarbeiter – zumindest vorläufig. Wowereit, der als Regierender Bürgermeister von Berlin offiziell gerade einmal 150.000 Euro verdient, dementierte indes, dass es sich bei Amanns neuem Job um einen Versorgungsposten handele.

Er verwies auf das Kapital von 300 Millionen Euro, über das die FEW verfüge. Amann soll die Gesellschaft nun weiterentwickeln. Allerdings: Das FEW-Kapital besteht jedoch im Wesentlichen aus festem Anlagevermögen, also Leitungen und Tanks. Für die operative Belieferung der Airports etwa mit Strom und Fernwärme sind Versorgungsunternehmen wie E.on zuständig, die über langfristige Verträge verfügen. Amanns Aufgabenfeld, so sagen Insider, wird ein sehr überschaubares sein.

Abfindungszahlung von bis zu 1,7 Millionen Euro

In Kreisen der Flughafen-Gesellschafter ist man indes froh darüber, dass die Trennung der beiden oft als Sturköpfe charakterisierten Flughafen-Chefs nicht auch noch zusätzliches Geld kostet. So hätte dem Vernehmen nach eine vorzeitige Entlassung Amanns, der einen Geschäftsführer-Vertrag bis 2017 besitzt, eine Abfindungszahlung von bis zu 1,7 Millionen Euro zur Folge gehabt.

Der Hesse war erst im August 2012 als großer Hoffnungsträger nach Berlin geholt worden. In einer in der Luftfahrtgeschichte bislang einmaligen Weise war zuvor die Eröffnung des BER nur knapp vier Wochen vor dem Termin 3. Juni 2012 abgesagt worden. Amann, der zuvor am Frankfurter Flughafen den Bau einer weiteren Start- und Landebahn geleitet hatte, kam mit dem Ruf eines „harten Knochens“ mit Macher-Qualitäten nach Berlin. Bereits kurz nach Amtsantritt machte Amann von sich reden, als er davon sprach, dass in der Bauphase „mehr schief als gut gegangen“ sei. Offen benannte er auch die vielen Probleme neben dem Brandschutz, die von Rissen in den Fliesen über zu kurz eingebaute Rolltreppen bis hin zu gefährlich überbelegten Kabeltrassen reichten.

Liste mit 60.000 Mängeln

Seine Bestandsaufnahme listete am Ende 60.000 Einzelmängel auf. Allerdings: Auf dem BER-Neubau selbst ging es kaum voran. Das führte zu einem zermürbenden Dauerkonflikt mit dem neuen Flughafen-Chef Hartmut Mehdorn, der im März 2013 für den zuvor geschassten FBB-Geschäftsführer Rainer Schwarz geholt wurde. Mehdorns Strategie orientierte darauf, statt langwierig Fehler aufzuarbeiten, Lösungen für eine rasche BER-Inbetriebnahme zu finden.

Die hinter den Kulissen giftig geführte Auseinandersetzung gipfelte in gegenseitigen Schuldzuweisungen, die Wowereit vorgetragen wurden. Spätestens als die Briefe im September auch noch öffentlich wurden, war klar, dass einer von beiden gehen muss. „Angesichts der Differenzen zwischen Flughafen-Chef Mehdorn und seinem Technikchef Amann war keine andere Lösung möglich“, bestätigte Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke), der das Land auch im Flughafen-Aufsichtsrat vertritt.

Mit der Degradierung des Technikchefs hat sich der Aufsichtsrat allerdings neue Kritik eingehandelt. „Wowereit sollte den Aufsichtsrat völlig verlassen, statt weiter die Lösung der Probleme zu stören“, forderte etwa der Grünen-Fraktionschef im Bundestag, Anton Hofreiter. Der Linkspartei-Abgeordnete im Bundestag, Herbert Behrens, kritisierte, Flughafenchef Hartmut Mehdorn habe Amann „systematisch weggemobbt“. Es gebe nun keinen bautechnischen Sachverstand in der Geschäftsführung. Mehdorn müsse jetzt beweisen, dass er „nicht nur groß tönen, sondern auch liefern kann“.

„Wowereit soll gehen“

Bei Brandenburgs Opposition stößt das Vorgehen des Aufsichtsrats auf Kritik und Spott. „Der Berg kreiste und gebar eine Maus. Der Aufsichtsrat tagte fast zwölf Stunden und bringt nicht mehr zustande, als einen unbequemen Geschäftsführer wegzubefördern“, sagte der CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski. Fragen nach Wirtschaftlichkeit, Terminen und Fortschritten stelle offenbar niemand. Für Grünen-Fraktionschef Axel Vogel ist Amann „nur ein weiteres Bauernopfer“. Er forderte: „Berlins Regierender Bürgermeister muss raus aus dem Aufsichtsrat, er muss selbst gehen, statt immer andere an die Luft zu setzen.“ Die Inbetriebnahme sei immer noch unklar. Vogel: „Es werden mittlerweile nicht mehr die Eröffnungstermine verschoben, sondern die Ankündigungstermine.“ Ursprünglich wollte Mehdorn im Oktober einen neuen BER-Starttermin nennen, dies ist nun auf 2014 verschoben.