Der frühere Technik-Geschäftsführer des Hauptstadtflughafens, Manfred Körtgen, hat nach seinem Rauswurf eine Abfindung von 193.000 Euro erhalten. Das geht aus dem Geschäftsbericht 2012 hervor, den das Unternehmen am Donnerstag veröffentlichte. Der Aufsichtsrat hatte Körtgen zum 31. Mai 2012 entlassen, nachdem die Eröffnung des neuen Flughafens kurzfristig geplatzt war. Insgesamt erhielt Körtgen im vergangenen Jahr 351.000 Euro. Nun will der Aufsichtsrat Körtgen und seinen früheren Co-Geschäftsführer Rainer Schwarz auf Schadenersatz verklagen.
Körtgens Nachfolger Horst Amann verdient nach dem Bericht deutlich besser: Er erhielt von August bis Dezember ein Grundgehalt von 133.000 Euro. Aufs Jahr gerechnet entspräche das 320.000 Euro. Körtgen erhielt für das gesamte Jahr 2011 ein Grundsalär von 247.000 Euro.
Flughafenchef Rainer Schwarz bekam im vergangenen Jahr 569.000 Euro. Er wurde im Januar beurlaubt, am Mittwoch beschloss der Aufsichtsrat die fristlose Kündigung. Wird sie rechtswirksam, muss Schwarz auf eine Abfindung von rund 1,6 Millionen Euro verzichten, die sich daraus ergibt, dass sein Vertrag noch bis 2016 lief.
14 Millionen Einnahmen entgangen
Die geplatzte Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens hat die staatliche Betreibergesellschaft 2012 tiefer in die roten Zahlen gedrückt. Unterm Strich stand ein Fehlbetrag von 185 Millionen Euro, wie die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH mitteilte. Im Vorjahr hatte am drittgrößten deutschen Luftverkehrsstandort nach Frankfurt und München das Minus bei 75 Millionen Euro gelegen.
Flughafenchef Hartmut Mehdorn sagte, der ungenutzte Neubau in Schönefeld belaste die Bilanz derzeit monatlich mit 34 Millionen Euro – 20 Millionen durch Betriebskosten für das Gebäude, 14 Millionen durch entgangene Einnahmen. Bislang hatte der Flughafen nur die zweite Zahl bestätigt. Mehdorn warnte zudem vor einer weiteren Kostenfalle beim Schallschutz.
„Was uns fehlt, sind die Erlöse aus dem neuen Flughafen. Dann hätten die Zahlen deutlich anders ausgesehen“, sagte Finanzchefin Heike Fölster. Der Umsatz war wegen eines Passagierrekords an den Altflughäfen Tegel und Schönefeld um drei Prozent auf 270 Millionen Euro gestiegen. Dort wurden 25,3 Millionen Passagiere abgefertigt. Fölster erwartet, dass die Umsatz- und Passagierzahlen in diesem Jahr weiter steigen. Zur Ergebniserwartung sagte sie: „Ich hoffe, dass wir bessere Zahlen haben werden.“
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Wie im Vorjahr trugen 2012 Zinsen für den Neubau zum Verlust bei, Hinzu kam eine höhere Risikovorsorge und Leasingzahlungen für Gebäude, die Investoren am neuen Flughafen gebaut haben, darunter Parkhäuser. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen lag mit 58 Millionen Euro etwa ein Drittel niedriger als im Vorjahr.
Die Flughafengesellschaft gehört zu jeweils 37 Prozent den Ländern Berlin und Brandenburg. 26 Prozent hält der Bund.
Frachtzentrum wird im Juli eröffnet
Mehdorn skizzierte seine Pläne, den neuen Flughafen schrittweise in Betrieb zu nehmen. Im Juli werde das Frachtzentrum eröffnet, anschließend Parkhäuser. Mehdorn erwägt zudem, den Nordflügel des Terminals mit einer kleineren Fluggesellschaft wie Easyjet, Condor oder Norwegian Airlines in Betrieb zu nehmen und diese von der Nordbahn starten zu lassen, die nun schon dem benachbarten alten Flughafen Schönefeld dient. Das soll vor allem Testzwecken dienen.
„Mitte Juli werden wir entscheiden, ob wir es definitiv machen“, kündigte Mehdorn an. Nicht in jedem Fall brauche man den Bahnhof und die Gepäckanlage unter dem Hauptgebäude, in dem die Brandschutzprobleme noch nicht behoben sind.
Die neue Südbahn soll Mitte 2014 betriebsbereit sein. „Wir haben vor 14 Tagen den Antrag gestellt.“ Ein Eröffnungstermin lasse sich daraus nicht ableiten. Die Piste werde zunächst für Testflüge gebraucht. „Ich frage mich, warum man das noch nicht schon vor einem Jahr gemacht hat“, kritisierte Mehdorn.
Termin- und Kostenplan im September
Einen Termin- und Kostenplan für das Gesamtprojekt will Mehdorn im September vorlegen. Dann will er auch das Geschäftsmodell näher beschreiben. Der Flughafen-Chef zielt vor allem auf Umsteigepassagiere in den Norden und Osten Europas. „Wir haben die Chance, da schon ein bisschen Drehkreuz zu sein. Das gefällt vielleicht den Münchnern nicht.“
Mehdorn warnte vor weiteren Kostensteigerungen beim Schallschutz, sollte das Urteil des Berlin-Brandenburger Oberverwaltungsgerichts (OVG) Bestand haben. Es hatte den Flughafen verpflichtet, das strenge Schutzniveau zu gewährleisten, dass die Planfeststellung vorsieht. Die Betreiber hatten ursprünglich nur 139 Millionen Euro für Schallschutzfenster und Lüfter in den Umland-Häusern eingeplant, nach dem Urteil könnte die Summe auf 730 Millionen Euro steigen.
Laut Flughafen sind weitere Steigerungen möglich. Denn nach dem OVG-Beschluss hätten bis zu 90 Prozent der Anwohner Anspruch auf eine Entschädigung, die nicht zweckgebunden ist. Bauen sie damit keine Schallschutz ein, könnten sie später auf Grundlage des Fluglärmgesetzes Fenster und Lüfter fordern. „Ordentliche Leute würden das gar nicht probieren“, sagte Mehdorn. „Aber man kann nicht ausschließen, dass es welche tun.“ Mehdorn erwägt, das Urteil anzufechten, um die Kosten für den Schallschutz zu drücken.
Wie entwickelt sich der Flugverkehr in Berlin? Wer lärmt in meinem Kiez? Der interaktive Flugrouten-Radar der Berliner Morgenpost gibt Antworten. Darin werden Flugbewegungen von 96% aller Flüge der Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld in 3-D dargestellt und statistisch ausgewertet.