Am BER steht fast alles still. Chefplaner Amann will erst die Pläne aktualisieren. Die Brandschutz-Anlage funktioniert noch lange nicht.
Die Probleme beim Brandschutz am künftigen Hauptstadtflughafen BER sind weiterhin dramatisch. Der zuletzt geplante Eröffnungstermin am 17. März 2013 kann deshalb nicht gehalten werden. Der neue Chefplaner der Flughafengesellschaft, Horst Amann, will bereits am kommenden Freitag einen neuen Termin verkünden. Die Eröffnung werde voraussichtlich auf den 20. oder den 27. Oktober 2013 verschoben, verlautete aus Aufsichtsratskreisen.
Ursprünglich wollte der Aufsichtsrat unter Vorsitz von Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) erst am 14. September tagen. Dieser Termin soll vorgezogen werden. Darüber hinaus ruhen die Bauarbeiten am BER nach Informationen der Berliner Morgenpost fast vollständig. Chefplaner Amann will erst alle Planungen für das Milliardenprojekt aktualisieren, um weiteres Chaos auf der BER-Baustelle zu vermeiden.
Zusammenspiel funktioniert nicht
Am vergangenen Freitag hatte die „Soko BER“ des Bundesverkehrsministeriums die Flughafenbaustelle besichtigt. Dabei soll der Chefplaner, der seit 1. August im Amt ist, deutlich gemacht haben, dass die Bauarbeiten noch nicht wieder voll aufgenommen werden können. Zu viele Probleme müssten noch gelöst werden. Sechs Wochen nach den angeblich erfolgreichen Heißgas-Rauchtests ist die Brandschutzanlage immer noch weit davon entfernt zu funktionieren. Etwa 10.000 Brandmelder und 48.000 Sprinklerköpfe sind vorgesehen. Sollten sie Rauch melden, muss die Sprinkleranlage anspringen. Die Brandschutztore müssten sich schließen – und es sollte vor allem die Entrauchung an dem betroffenen Abschnitt erfolgen. Nach Informationen der Berliner Morgenpost funktioniert das Zusammenspiel vor allem auch deshalb nicht, weil die Planungen nicht aufeinander abgestimmt sind. Dem Vernehmen nach sind die Pläne nicht einmal vollständig. Bei dem Test waren nur 15 von 140 Testszenarien erfolgreich, schreibt die Zeitung „BZ“. Auch Teile der Gepäckausgabe und Gepäckförderanlage seien zu diesem Zeitpunkt nicht funktionsfähig gewesen. Flughafensprecher Ralf Kunkel verwies auf die nächste Aufsichtsratssitzung. Dort werde der Bericht Thema sein, so Kunkel. Mehr wollte er dazu nicht sagen.
Die Flughafengesellschaft hat ihren früheren Generalplaner für den Bau des BER inzwischen verklagt. Gerichte sollen nun feststellen, ob die Planungsgemeinschaft Fehler gemacht hat, die die Eröffnung des Flughafens am 3. Juni dieses Jahres verhinderten. Sie besteht aus den Berliner Büros J.S.K International Architekten und Ingenieure GmbH sowie der GMP Generalplanungsgesellschaft mbH der Terminal-Architekten Gerkan, Marg und Partner. Der Vorwurf der Flughafengesellschaft: Der Generalplaner habe bei der Bauüberwachung den Überblick verloren.
Neuer Ärger droht der Flughafengesellschaft und damit dem Bund und den beiden Ländern Berlin und Brandenburg auch im Streit um den Schallschutz. Anwohner wollen jetzt auch gegen die neuen Lärmschutzpläne durch die Flughafengesellschaft FBB vorgehen. Vor knapp drei Monaten hatten sie einen Sieg vor dem Oberverwaltungsgericht errungen. Die Richter rügten, der Flughafen verstoße mit seinem vorgesehenen Lärmschutz systematisch gegen den Planfeststellungsbeschluss von 2004. In geschlossenen Wohnräumen dürfe der Pegel von 55 Dezibel nicht sechsmal, sondern kein einziges Mal am Tag überschritten werden. Nach Ansicht der Kläger setzt der Flughafen den vom Gericht bestätigten Planfeststellungsbeschluss von 2004 auch jetzt nicht um – und das mit Billigung des Brandenburger Infrastrukturministeriums. Sie verklagen daher das Land.
Klage beim OLG eingereicht
„Man bleibt dabei, den Betroffenen Unsinn vorzumachen, sie für dumm verkaufen zu wollen und um ihre rechtmäßigen Ansprüche zu betrügen, anstatt endlich diesen Menschen offen und ehrlich entgegenzutreten und sich zu den bisher gemachten Fehlern zu bekennen“, sagte Rechtsanwalt Andreas Baumann am Montag in Berlin. Die Anwaltskanzlei, die fünf Anrainer aus Berlin sowie Mahlow-Blankenfelde und Diedersdorf im Lärmschutz-Streit vertritt, hat Ende voriger Woche beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Klage eingereicht. Damit werde zudem das Recht der Anwohner auf adäquate Belüftungsanlagen eingeklagt, sagte Baumann. Die bisher bewilligten Lüfter seien Billiganlagen, die in keiner Weise den gesetzlichen Vorgaben entsprächen und innerhalb kürzester Zeit Schimmelbildung in den Räumen verursachten. Mit einem zusätzlichen Eilantrag wolle man sicherstellen, dass sich das Gericht zeitnah mit der Klage beschäftigt, so Rechtsanwalt Baumann.
Mit der erneuten Klage wollen die Anwohner sicherstellen, dass der Maximalpegel von 55 Dezibel tagsüber in geschlossenen Wohnräumen nicht überschritten wird, sagte Baumann. Das habe auch noch der Bescheid des Infrastrukturministeriums an die Flughafengesellschaft vom 2. Juli 2012 entsprechend der OLG-Entscheidung vorgesehen. Doch dann habe das Ministerium den Planfeststellungsbeschluss und den OLG-Beschluss in seinen „Vollzugshinweisen“ an die Gesellschaft vom 13. August uminterpretiert. Nun ist vorgesehen, dass in den sechs verkehrsreichsten Monaten die 55 Dezibel rein rechnerisch weniger als 0,5 Mal pro Tag überschritten werden dürfen.
„Es geht allein darum, 300 Millionen Euro an Schallschutzmaßnahmen zu sparen“, kritisierte Christine Dorn, Vorsitzende des „Vereins zur Förderung der Umweltverträglichkeit des Verkehrs“. Sollte der OVG-Beschluss voll umgesetzt werden, kosten die Schallschutzmaßnahmen im Tagschutzgebiet 600 Millionen Euro.