Einmal war ich mit der ganzen Truppe im Wanderurlaub. Zusammen mit einer anderen Familie wollten wir zu einer Hütte wandern, angeblich ein leichter Weg für kleine Kinder. Etwa zweieinhalb Stunden ging es bergauf, erst durch den Wald, dann über Wiesen, durch Kuhherden hindurch. Oben angekommen, sollte es Radler und Kaspressknödel für uns und Apfelschorle und Speckknödel für die Kleinen geben. So weit, so perfekt geplant.
Ich hatte meiner Tochter noch vor der Wanderung etwas zu trinken gegeben, sie hatte ihre neuen Wanderschuhe an, war eingecremt, gut gefrühstückt hatten wir auch. Es sollte keine Probleme geben. Nach etwa einem Viertel des Weges hatte meine Tochter schrecklichen Durst und Hunger. Es war heiß, es ging die ganze Zeit steiler bergauf, als wir gedacht hatten. Was noch nicht ganz so schlimm gewesen wäre, wenn ich nicht schlichtweg den Proviant vergessen hätte. Oder besser gesagt, wenn ich nicht gedacht hätte, dass wir bestimmt keinen bräuchten. Ich bin mal im Juli ohne Wasser durch die judäische Wüste gewandert, da bin ich wie ein Kamel. Ich warte einfach auf das nächstbeste Wasserloch, aber zur Not geht es auch erst mal ganz ohne, Hauptsache man muss nicht so viel Zeugs mitschleppen. Und ich hab ja auch überlebt.
Die andere Mutter hatte auf unserer Wanderung alles dabei in ihrem großen Rucksack: Apfelschorle, Gummibärchen, Kekse, Feuchttücher, Wechselwäsche, Sonnencreme. Sie hat uns gerettet. Meine Tochter sagte entschuldigend zu meiner Freundin: „Aber meine Mama hat im Auto Apfelschorle“. Das saß. Ich hatte alles vergessen, und sie entschuldigte sich auch noch für mich. Ich fühlte mich so schlecht. Wenn es um Organisatorisches geht, bin ich tatsächlich die schlechteste Mutter der Welt. Als Stadtmensch denke ich immer, was ich vergessen habe, kann ich auch unterwegs noch kaufen (außer vielleicht in der judäischen Wüste).
Mamas Wundertasche gibt Vertrauen - wenn man sie denn dabei hat
Mit diesem Tag wurde alles anders. Ich hatte gedacht, dass die Tochter vielleicht ebenso lässig ist, was die richtige Ausstattung angeht. Dass ihr gar nicht nicht auffällt, wenn ich mal wieder improvisiere. Wenn sie mal kurz hungrig oder durstig ist, mag das ja noch gehen. Aber enttäuscht? Ich hatte es unterschätzt, dass es kleinen Kindern vielleicht Sicherheit gibt und Vertrauen, wenn die Eltern mit dem Inhalt ihrer Wundertaschen auf jede Schwierigkeit eine Antwort haben. Ich wollte mich bessern.
Bei der zweiten Wanderung hatte ich alles dabei. Kekse, Trinken, Wechselwäsche. Ich konnte sogar die anderen Kinder noch füttern. Meine Tochter saß neben ihrem kleinen Freund auf der Bank und mampfte zufrieden. Und dann sagte sie etwas, das mich für alle Zeiten daran erinnern wird, den Proviant nicht zu vergessen. „Das hat meine Mama alles für uns dabei. Das ist eine liebe Mama, oder?“

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