Regierungsbildung

Woidke hat die Wahl – er könnte auch mit der CDU regieren

| Lesedauer: 4 Minuten
Gudrun Mallwitz

Foto: Ralf Hirschberger / dpa

Am heutigen Sonnabend beginnen in Potsdam zunächst die rot-roten Koalitionsgespräche. Sollten die scheitern, wäre die große Koalition eine mögliche Option. Die CDU steht jedenfalls bereit.

Am heutigen Sonnabend beginnen in Potsdam die rot-roten Koalitionsgespräche. Obwohl die Linke unter starkem innerparteilichen Druck verhandelt und eine Mitgliederbefragung den Vertrag am Ende kippen könnte, muss sich Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) keine Sorgen machen: Dann könnte er Brandenburg immer noch regieren – mit der Union. „Wir schmollen nach der ersten Absage nicht“, sagte CDU-Generalsekretärin Anja Heinrich am Freitag der Berliner Morgenpost. „Sollten die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Linke scheitern, stünde die Union selbstverständlich für neue Gespräche bereit.“ Sie fügte hinzu: „Das erwarten unsere Mitglieder von uns auch. Sie wollen, dass wir regieren.“

Woidke hat CDU-Chef Schierack beschädigt

Offenbar versucht die Generalsekretärin, innerhalb der Partei zu retten, was noch zu retten ist. Doch: Ein zweiter Anlauf mit Parteichef Michael Schierack? „Undenkbar“, heißt es in der Partei. Er selbst hatte noch am Dienstag erklärt: „Momentan kann ich mir das schwer vorstellen.“ Er begründete das mit dem Vertrauensbruch, den Ministerpräsident Woidke ihm gegenüber begangen habe. Der SPD-Politiker hatte seine Absage für eine mögliche große Koalition damit begründet, dass der Spitzenkandidat der Union keine Verantwortung im Kabinett übernehmen wollte. Das weist Schierack zurück, aber nicht überzeugend genug. Für die enttäuschten und aufgebrachten CDU-Mitglieder trägt die verpasste Chance jetzt seinen Namen. Dennoch will er als Partei- und Landeschef weitermachen.

„Ich sehe keinen Grund zurückzutreten“, sagte Michael Schierack am Freitag der Berliner Morgenpost. Die CDU dürfe sich durch eine Intrige der SPD, die in Wirklichkeit nur Scheinverhandlungen geführt habe, nicht auseinanderbringen lassen. „Ich bekomme viele Anrufe und E-Mails von Mitgliedern, die mich darin bestärken, weiterzumachen“, betont Schierack. In den nächsten Wochen will er durch die Kreisverbände reisen – in der Hoffnung, die aufgebrachte Basis zu besänftigen. Diese macht ihrer Enttäuschung nach einem harten und teuren Wahlkampf Luft – in E-Mails und auf Facebook.

„Verrat am Wähler und an den Werten der CDU“

„Man übernimmt nicht erst Verantwortung und schlägt sich dann in die Büsche“, schreibt einer. „Das ist Verrat am Wähler und an den Werten der CDU.“ Hinter vorgehaltener Hand mehren sich die Rücktrittsforderungen auch im Landesvorstand und in der Landtagsfraktion. Bislang versucht Schierack vergebens, mit seiner Version vom Scheitern der Sondierungsgespräche mit der SPD zu überzeugen. Der Cottbuser Arzt behauptet: „Ich stand für ein Ministeramt bereit. Im vertraulichen Gespräch haben Ministerpräsident Dietmar Woidke und ich allerdings verschiedene Optionen durchgesprochen: ins Kabinett zu gehen, aber auch Fraktionschef zu bleiben.“

Schierack stand nicht auf der Ministerliste

Selbst in der CDU wird bestätigt, Schierack habe nicht ins Kabinett gewollt. Auf einer Namensliste, die er dem Regierungschef genannt haben soll, waren nur andere, die Minister im rot-schwarzen Kabinett werden sollten: Vize-Parteichef Ingo Senftleben als Bildungsminister und stellvertretender Ministerpräsident; Ex-Justizministerin Barbara Richstein als Infrastrukturministerin; Dietlind Tiemann, die Oberbürgermeisterin von Brandenburg/Havel als Wirtschaftsministerin; Vize Dieter Dombrowski als Innenminister.

Die Union steht nun vor einem Dilemma: Einerseits will sie nicht vor der SPD einknicken, die womöglich gar nicht an Rot-Schwarz interessiert war. Andererseits ist Schierack schwer beschädigt. Alle hatten erwartet, dass einer, der als Spitzenkandidat Ministerpräsident werden will, „dann auch den Vize-Regierungschef macht“. Am Dienstag geht die Fraktion in Klausur. „Michael Schierack wäre klug beraten, sich bald zurückzuziehen“, betont ein führendes CDU-Mitglied. „Undenkbar, dass er als Oppositionsführer zur ersten Regierungserklärung des Ministerpräsidenten im Landtag spricht.“

Antisemitische Hetze bei der AfD

Indes ist bei der AfD das Chaos ausgebrochen. Der Landtagsabgeordnete Stefan Hein wird sein Mandat nicht annehmen. Der Sohn der Lebensgefährtin von AfD-Chef Alexander Gauland hat dem Magazin „Der Spiegel“ belastendes Material über vier Fraktionsmitglieder zugespielt, um rechtslastige Abgeordnete loszuwerden. Jan-Ulrich Weiß hatte auf Facebook antisemitische Verschwörungstheorien verbreitet. „Das ist eine Karikatur im Stil des ‚Stürmers‘ – für ein Mitglied der AfD und einen unserer Mandatsträger völlig inakzeptabel“, sagte Gauland. Man habe Weiß erklärt, „dass es für ihn keinen Platz in der Fraktion der AfD gibt“. Der wolle sein Mandat aber unter allen Umständen annehmen. „Ich werde unverzüglich ein Parteiausschlussverfahren in die Wege leiten“, kündigte Gauland an. Die Grünen haben inzwischen Anzeige wegen Volksverhetzung gegen Weiß erstattet.