Verbot in Frankfurt/M.

Nachtflüge - Berliner Gegner schöpfen Hoffnung

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Joachim Fahrun

Für den Frankfurter Flughafen soll es vorerst keine Nachtflüge geben. Das hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof entschieden. Das Urteil weckt Hoffnungen für den neuen Berliner Airport BER in Schönefeld.

Nachtflugverbot für den Frankfurter Flughafen: Was der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel am Dienstag mitteilte, gibt den Fluglärmgegnern in Berlin und Brandenburg neuen Auftrieb. Sie hoffen, dass auch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig an diesem Donnerstag im Sinne der klagenden Bürger und Gemeinden urteilen wird.

Die Richter müssen entscheiden, ob wie von den Klägern gewünscht die Fliegerei vom neuen Flughafen BER in Schönefeld zwischen 22 Uhr und sechs Uhr morgens verboten wird. Die Fälle in Hessen und in Brandenburg sind jedoch unterschiedlich gelagert. Denn was in Frankfurt jetzt verboten wurde, ist in BER nicht vorgesehen: nämlich planmäßige Flüge in der Kernzeit der Nacht zwischen 23 Uhr und fünf Uhr morgens.

Bisher verkehren auf dem wichtigsten Luftkreuz Deutschlands nach Angaben der Betreibergesellschaft Fraport pro Nacht 50 bis 60 Flüge in diesem Zeitraum, vor allem Frachtflieger und frühe Urlauberjets.

Mit der Inbetriebnahme der dritten Landebahn wollte die Politik diesen Verkehr einschränken. Weil die Kapazitäten des Riesen-Airports mit der neuen Bahn deutlich wachsen, hielt man in Hessen Starts und Landungen in der Kernnacht für verzichtbar. Dagegen wandten sich die Fluggesellschaften. Im Planfeststellungsbeschluss kam es zu einem Kompromiss. Nun sollen 17 Flugbewegungen pro Nacht erlaubt sein. Dagegen hatten Anwohner aus Offenbach und Rüsselsheim geklagt. Mit Erfolg: Zwischen 23 und 5 Uhr soll nun Ruhe herrschen.

Das bringt die Planungen der Airlines gehörig durcheinander. Im kommenden Winterflugplan für den Frankfurter Flughafen stehen zwischen 23 Uhr und fünf Uhr durchschnittlich 14,2 Starts und Landungen. Insgesamt sind nach Angaben des Flughafenbetreibers Fraport im Winterflugplan vom 30. Oktober 2011 bis Ende März 2012 1594 Flüge der Lufthansa-Cargo, 315 der Frachtgesellschaft Night Express sowie 169 Flüge der Tui und 116 der Condor in dieser Zeit geplant.

Die neue Nordwest-Landebahn, die am 21. Oktober 2011 in Betrieb gehen soll, darf für diese Nachtflüge nicht benutzt werden.

Die Fluggesellschaften befürchten Einbußen in Millionenhöhe, wenn nachts nicht geflogen werden darf. Die Gerichtsentscheidung komme unerwartet und sehr kurzfristig, sagte ein Sprecher von Lufthansa-Cargo. „Als Linien-Gesellschaft planen wir unsere Kapazitäten langfristig, üblicherweise ein halbes Jahr im Voraus.“ Lufthansa Cargo müsse nun geplante Flüge – soweit das die begrenzten Kapazitäten am Flughafen überhaupt zulassen – verschieben oder sogar streichen.

Noch ist aber über die ruhige Nacht über dem Rhein-Main-Gebiet nicht das letzte Wort gesprochen. Wie im Berliner Fall müssen am Ende die Leipziger Bundesverwaltungsrichter ein verbindliches Urteil fällen, möglicherweise könnte es Ende des Jahres dazu kommen. Das bedeutet, dass in Frankfurt bis dahin der Spruch der Hessischen Verwaltungsrichter gilt und zwischen 23 und 5 Uhr nicht geflogen werden darf.

Diese Kernzeit der Nacht steht in Berlin jedoch nicht zur Debatte. Hier geht es darum, ob überhaupt und wenn ja wie viele Starts und Landungen zwischen 22 und 24 sowie zwischen 5 und 6 Uhr zulässig sein sollen. Die Gegner fordern ein komplettes Nachtflugverbot. Anwohner und Anliegergemeinden wollen nicht hinnehmen, dass das Brandenburger Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft den Airlines erlaubt hat, ab dem Eröffnungstermin am 3. Juni nächsten Jahres 77 Mal in einer Durchschnittsnacht auch zwischen 5 und 6 Uhr morgens und zwischen 22 und 24 Uhr abends in BER zu starten oder zu landen. In einer Spitzennacht sollen 103 solcher Flüge zulässig sein.

„Ich erwarte keine Sensation“, sagt Ferdi Breidbach vom Bürgerverein Berlin-Brandenburg. „Im Zweifel ist immer davon auszugehen, dass das Gericht für eine Wirtschaftsförderung entscheidet. So war bislang die gesamte Rechtsprechung des 4. Senats.“ Dennoch geht er davon aus, dass die Nachtflüge nicht in dem Umfang erlaubt werden, wie es Brandenburgs Landesregierung und die Flughafenbetreiber bislang geplant haben.

Erfolg beim Schallschutz

Wie auch immer das Urteil ausfällt, vergeblich war der Gang nach Leipzig nicht: Noch in der mündlichen Verhandlung haben Anwohner und umliegende Gemeinden des künftigen Airports einen Teilerfolg errungen. Auf Druck der Richter hatten sich Brandenburg und der Flughafen verpflichtet, den sogenannten passiven Schallschutz zu verbessern. Damit könnten mehr Anwohner Anspruch auf schalldichte Fenster und andere Schutzmaßnahmen erhalten.

„Im passiven Schallschutz ist das Maximum rausgeholt worden“, meint Kläger-Anwalt Frank Boermann. Diesen Punkt des Verfahrens haben die Kläger darum für erledigt erklärt, über ihn müssen die Leipziger Richter nun nicht mehr urteilen. In welchem Umfang damit die Kosten für den Lärmschutz steigen, lässt sich laut Flughafenbetreiber noch nicht sagen. Experten rechnen mit einem knapp zweistelligen Millionenbetrag.

( mit dpa )