Wenn Matthias Platzeck am Donnerstag Vertreter der Tourismusbranche empfängt, um über die Folgen des Hochwassers zu sprechen, dann ist das eine überraschend schnelle Rückkehr nach seinem leichten Schlaganfall. Aus der Terminvorschau der Landesregierung geht hervor, dass er bis zum 5. Juli öffentliche Auftritte absolvieren wird.
Danach soll es in den Urlaub gehen: Dann will der 59-Jährige die nötige Kraft tanken für seine anstrengende Doppelfunktion als Regierungschef und Aufsichtsratsvorsitzender des Problemflughafens BER.
Auch wenn SPD-Spitzenpolitiker derzeit Spekulationen über einen möglichen Abtritt des Landesvaters Platzeck in aller Schärfe zurückweisen, so ist die Debatte doch in vollem Gange. Platzeck ist schließlich nicht zum ersten Mal aus gesundheitlichen Gründen ausgefallen.
Woidke kann Platzeck nicht in den Rücken fallen
Als aussichtsreichster Nachfolger Platzecks auf dem Posten des Ministerpräsidenten gilt nach Informationen der Berliner Morgenpost Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD). Der dementierte zwar umgehend: Das seien „willkürliche Spekulationen ohne jede Grundlage“.
Woidke sagte, er teile die Auffassung, dass Matthias Platzeck weiter Brandenburg an der Spitze der Landesregierung dienen werde. Allerdings: Etwas anderes durchblicken zu lassen, hieße, Platzeck in den Rücken zu fallen.
Woidke hat in seiner politischen Karriere ein Wechselbad der Gefühle hinter sich. Einst Umweltminister unter Platzeck, musste er beim Wechsel von Rot-Schwarz zu Rot-Rot 2009 seinen Platz für die Linke-Politikerin Anita Tack räumen, was ihm zu schaffen machte.
Steinmeier fährt häufig nach Brandenburg
Doch als Fraktionschef machte er eine gute Figur. Und die zeigt er auch, seit er das Amt des Innenministers übernommen hat. Das konnte man zuletzt bei der Bewältigung des Hochwasser sehen. Auch seine Brandenburger Herkunft würden ihn für das Amt des Ministerpräsidenten empfehlen. Woidke stammt aus einem Ort bei Forst in der Lausitz. Umfragen haben immer wieder ergeben, dass gerade den Brandenburger Wählern die Herkunft eines Kandidaten wichtig ist.
Spekulationen über einen eventuellen Wechsel des SPD-Fraktionschefs Frank-Walter Steinmeier aus dem Bundestag nach Potsdam bezeichnete indes der Parlamentarische Geschäftsführer im Bundestag, Thomas Oppermann, schlicht als „Bullshit“. Dieser Gedanke sei von allen Beteiligten dementiert worden, Steinmeier bleibe Fraktionschef.
Und doch muss man sich Gedanken darüber machen, ob Brandenburg in Steinmeiers Zukunftsplänen eine Rolle spielt. Zur privaten Erholung fährt er nach Saaringen, einem kleinen Ortsteil von Brandenburg/Havel. Steinmeier war noch Außenminister, als er hier vor fünf Jahren ein Appartement mit Havel-Blick als Zweitwohnsitz bezog.
Gesundheitliche Probleme von Platzeck nicht mehr zu übersehen
Damals kandidierte er erstmals für den Bundestag – im Wahlkreis 61, zu dem unter anderem die Stadt Brandenburg zählt. Er zog über das Direktmandat in den Bundestag ein. Steinmeier ist regelmäßig im Wahlkreis unterwegs, schwärmt vom Beelitzer Spargel und weiß um örtliche Probleme.
Selbst wenn Platzeck und Steinmeier tatsächlich über eine Nachfolge nachdenken würden: Es käme einem politischen Gau gleich, würde das jetzt, knapp drei Monate vor der Bundestagswahl, bekannt. Das personalpolitische Tohuwabohu bei der Bundes-SPD würde noch unüberschaubarer.
Hinzu käme der Eindruck: Steinmeier habe die Bundestagswahl bereits abgeschrieben – und plane seine Flucht. Unbestreitbar sind indes die gesundheitlichen Probleme des amtierenden Ministerpräsidenten Platzeck. 2006 hatte er nach zwei Hörstürzen sowie einem Nervenzusammenbruch den SPD-Bundesvorsitz abgegeben – und nun der Schlaganfall vor einer Woche.