An der Friedenauer Gemeinschaftsschule in Schöneberg haben Eltern ihren Sohn von der Schule genommen, weil er antisemitisch beleidigt und angegriffen worden sein soll. Die Bildungsverwaltung bestätigte den Fall am Sonntag, die Schule bedauert den Vorfall und hat rechtliche Schritte gegen die Täter eingeleitet. Die Eltern des 14-jährigen Sohnes hatten sich mit dem Fall an die englischsprachige Wochenzeitung „The Jewish Chronicle“ gewandt, die als erste darüber berichtete.
Den Angaben der Mutter des 14-Jährigen zufolge war der Sohn zunächst verbal von Mitschülern unter anderem mit den Worten, alle Juden seien Mörder, beleidigt worden, nachdem er seine jüdische Konfession offenbart habe. Vier Monate später, Anfang März, sei es dann auch zu einer körperlichen Attacke gekommen. Ein Mitschüler habe den Jungen in den Schwitzkasten genommen und eine Spielzeugwaffe, die täuschend echt ausgesehen habe, auf ihn gerichtet, berichtete die Mutter der Wochenzeitung. Die Eltern hätten daraufhin beschlossen, den Sohn von der Schule zu nehmen.
Die Bildungsverwaltung bedauert den Vorfall. „Für die Betroffenen muss das entsetzlich gewesen sein“, sagte die Sprecherin der Schulverwaltung, Beate Stoffers, am Sonnabend. „Für alle solche Fälle haben wir die Antidiskriminierungsstelle, die die Schule jetzt eingeschaltet hat.“ Möglicherweise hätte das früher geschehen sollen.
Erster bekannt gewordener Vorfall an der Schule
Auch die Schule reagierte betroffen. „Zunächst einmal möchten wir unser Bedauern und Entsetzen kundtun, dass ein Schüler in seinem Schulalltag an unserer Schule Antisemitismus erfahren musste“, heißt es in einer Erklärung der Schulleitung. „Wir verlieren hier einen besonders engagierten und leistungsorientierten Schüler, der sich mit Freude für unsere Schule entschieden hat und diese als Chance für sich selbst und seine Entwicklung sah.“
Die Schule weist aber in der Wochenzeitung zitierte Vorwürfe der Mutter des Opfer zurück, sie habe nach den Übergriffen nicht reagiert. „Schon beim ersten Diskriminierungsvorfall, der uns zur Kenntnis gelangte, haben wir die Großeltern des Schülers, Zeitzeugen des Holocaust, in die Klasse eingeladen, um dort das Thema mit den Klassenkameraden des betroffenen Schülers aufzuarbeiten“, heißt es in der Erklärung. „Weiterhin wurde Kontakt mit dem Projekt Salaam-Schalom aufgenommen, um hier Unterstützung für entsprechende Klassenprojekte einzuholen.“
Die Schule habe Strafanzeige gegen die betroffenen Schüler erstattet, die Schulkonferenz werde zudem den Antrag an die Schulaufsicht stellen, dass die betreffenden Schüler die Schule verlassen müssen. Einer der mutmaßlichen Täter besuche die Schule schon seit mehreren Wochen nicht mehr. Es sei der erste an der Schule bekannt gewordene antisemitische Fall gewesen. „Wir hoffen, dass der betroffene Schüler sich von seinem Schock und seinen Diskriminierungserfahrungen erholt“, heißt es in der Erklärung weiter.
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