Städtebau

Bürgerinitiative kämpft gegen Gasometer-Ausbau

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Brigitte Schmiemann

Gegen die Pläne, den denkmalgeschützten Gasometer an der Torgauer Straße auszubauen und das Areal zu einem Energieforum zu entwickeln, formiert sich Widerstand. Anwohner fürchten um die Ruhe und die Sonne im Wohngebiet.

Anwohner des Gasometer-Areals an der Torgauer Straße in Tempelhof-Schöneberg haben sich in einer Bürgerinitiative gegen das geplante Energieforum auf dem Gelände zusammengeschlossen. Viele von ihnen wohnen auf der "roten Insel". Würde das alte Gasag-Geländes ausgebaut – es sollen 150.000 Quadratmeter Nutzfläche und bis zu 2000 unterirdische Parkplätze entstehen – wäre die Ruhe im Wohngebiet dahin, glauben sie. Aber auch die Höhe der geplanten Neubauten von bis zu 65 Metern wird kritisch gesehen. Nicht nur Familien mit Kindern sorgen sich um eine mögliche Verschattung und Versperrung der Sicht.

Wie berichtet, hat die Berliner Firma Denkmalplus das alte Industriegelände von der Gasag erworben und will dort im Verbund mit europäischen Firmen ein Energieforum errichten. Rund 500 Millionen Euro sollen nach Angaben von Projektentwickler Reinhard Müller investiert werden. Dabei soll der 1910 erbaute 77,5 Meter hohe Schöneberger Gasometer saniert und das Symbol des Europäischen Energieforums (Euref AG) werden. Dabei ist vorgesehen, dass die weit sichtbare Stahlkonstruktion im Innern ein neues Gebäude erhält. Müller ist Vorstandsmitglied der Euref AG.

Das Bauamt hat im Rahmen der frühzeitigen Bürgerbeteiligung zum Bebauungsplan rund 200 Einwände erhalten. Im Stadtplanungsausschuss am Mittwochabend im Rathaus Schöneberg forderten Mitglieder der Bürgerinitiative mehr Informationen. Sie kritisierten auch, CDU und SPD hätten sich viel zu frühzeitig auf das Projekt festgelegt und die Belange der betroffenen Bürger nicht berücksichtigt. Die Planung des Projektentwicklers werde ungeprüft übernommen, zum Nachteil der Anwohner, so der Vorwurf. "Der jetzige Bebauungsplanentwurf hat keinerlei Festlegungen über künftige Nutzungen. Da sollte der Bezirk zumindest Vorgaben machen", forderte beispielsweise Alexander Ziemann von der Bürgerinitiative.

Auf die Frage der FDP, wie sichergestellt werde, dass nicht zu einem späteren Zeitpunkt auf dem Areal Discounter im großen Stil errichtet würden, sagte der Leiter des Stadtplanungsamtes, Siegmund Kroll: "Das soll per städtebaulichem Vertrag geregelt werden, der auch für Nachfolger bindend sein soll." Uwe Saager, der das Rathaus Schöneberg aus den Jahren 1985 bis 1996 als SPD-Bezirksbürgermeister und Baustadtrat noch gut kennt, begleitete Projektentwickler Müller zum Ausschuss. Als Rechtsanwalt berät er ihn baurechtlich.

Mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sei man sich einig, so Stadtplanungschef Kroll, das Gasometerareal als Kerngebiet auszuweisen. Es sei klar, dass der Bereich des Südkreuzes, zu dem das Areal zähle, kein Handelsschwerpunkt sei, um die traditionellen Zentren wie Hauptstraße und Tempelhofer Damm zu stützen. Kritisch sehen die Anwohner aber nicht nur den Umfang der Bebauung, sondern auch die geplante Verlängerung der Autobahn (alte Westtangente), die den Verkehr direkt aufs Gelände zu den Tiefgaragen bringen soll. Nach Ansicht von Baustadtrat Bernd Krömer (CDU) allerdings verbessert sich gerade durch eine neue direkte Zufahrt zum künftigen Energieforum die Verkehrssituation auf der Insel. "Die Torgauer Straße wird gesperrt und nur noch von Fußgängern und Radfahrern genutzt. Eine hohe Anzahl von Parkplätzen ist der Garant, dass es keinen Park-Suchverkehr gibt." Er lobte das Projekt als "hervorragendes Bauvorhaben für den Bezirk und die Stadt".

Den Forderungen der Bürger nach einem städtebaulichen Wettbewerb erteilte Stadtplanungsleiter Kroll eine Absage. Der Investor werde aber einen landschaftsplanerischen Wettbewerb ausloben.