Berlin. Im Herzen des Märkischen Viertels klafft eine riesige, abgezäunte Baugrube. Nicht nur die Anwohner fragen sich: Wann geht es weiter?

Vor drei Jahren begannen die ersten Abrissarbeiten im Herzen des Märkischen Viertels und es entstand eine riesige Baugrube, die von Zäunen umgeben ist. Das Immobilienunternahmen Kintyre, das unter anderem das markante Scheibenhochhaus abgerissen hat, um am anderen Ende der Fläche, vor dem Fontane-Haus, ein neues Hochhaus zu bauen, hatte die Eröffnung der ersten Bereiche im künftig Märkisches Quartier genannten Zentrum für 2022 geplant.

Doch aufgrund der Entwicklungen im Bausektor wegen Corona und des Kriegs Russlands gegen die Ukraine kam das Projekt erst einmal zum Erliegen. Dann hieß es: Im zweiten Quartal 2023 sei Baustart. Aber vor Ort ist die Geisterbaustelle noch immer verwaist.

So soll es einmal aussehen: Das Hochhaus entsteht vor dem Stadtbad Märkisches Viertel und dem Fontane-Haus, der Brunnenplatz liegt dahinter. Schon heute ist wie auf der Simulation die Fassade der Ladenpassage zum Wilhelmsruher Damm türkis.
So soll es einmal aussehen: Das Hochhaus entsteht vor dem Stadtbad Märkisches Viertel und dem Fontane-Haus, der Brunnenplatz liegt dahinter. Schon heute ist wie auf der Simulation die Fassade der Ladenpassage zum Wilhelmsruher Damm türkis. © Kintyre | Kintyre

Projektentwickler Kintyre betrachtet die Lage mit Gelassenheit, da die Geschäftspassagen, die die Baugrube umgeben, derzeit auch so funktionieren, so Center-Manager Ted Walle. „Das Center ist im Bestand stabil, als Nahversorger in Betrieb. Die Nachvermietung von Bestandsflächen entwickelt sich trotz inaktivem Neubau gut. Mieteinnahmen und Mieterschaft sind daher stabil.“

Es ziehen bereits große Unternehmen mit Filialen ein

Und vor Ort scheinen sich diese Aussagen zu bestätigen: Eine Schuh-Kette hat dort kürzlich ein großes Geschäft eröffnet, ein Lebensmitteldiscounter kündigt an, noch in diesem Jahr eine Filiale dort zu eröffnen und sucht mit Plakaten schon Mitarbeiter vor Ort. Nur hinter dem Bauzaun, wo Hochhaus und der grüne Brunnenplatz neu entstehen sollen, wächst derzeit nur das Unkraut.

200 Millionen Euro will Kintyre nach ursprünglichen Berechnungen in die Entwicklung von insgesamt 80.000 Quadratmetern investieren. Im Sockel des neuen Hochhauses soll die neue Markthalle entstehen, darüber 360 Wohnungen auf 20 Geschossen. Zudem auch 10.000 Quadratmeter Bürofläche. Obendrauf kommt ein Dachgarten mit Bar und Bienenzucht.

Insgesamt soll die neue Ladenpassage Platz für 100 Geschäfte, Showrooms und Aktionsflächen, bieten. 50 Arztpraxen, eine Kita für 130 Kinder, Tiefgarage. 1000 neue Arbeitsplätze sollen entstehen. Berechnungen gehen von 30.000 Besuchern pro Tag aus. 50.000 Menschen wohnen allein im Märkischen Viertel, das als erste Großsiedlung West-Berlins zwischen 1963 und 1974 erbaut wurde.

So sah der Platz im Dezember 2020 aus: Das von Hans Bandel und Waldemar Poreike entworfene und 1963 bis 1967 errichtete Scheibenhochhaus wurde dann im Jahr 2021 abgerissen.  
So sah der Platz im Dezember 2020 aus: Das von Hans Bandel und Waldemar Poreike entworfene und 1963 bis 1967 errichtete Scheibenhochhaus wurde dann im Jahr 2021 abgerissen.   © Dirk Krampitz | Dirk Krampitz

Auf Morgenpost-Nachfrage beteuert Kintyre, dass sie am Projekt festhalten. „Aktuell sind wir noch in den Ausschreibungsprozessen für einen Generalunternehmer-Vertrag“, so Ted Walle. Allerdings sei die Lage derzeit nicht leicht. „Grundsätzlich ist zu beobachten, dass aufgrund Inflation und Rezession, Zinskosten und Finanzierungsanforderungen durch Banken, nach wie vor gestiegene Baukosten, Fachkräftemangel im Baugewerbe sowie behördliche Auflagen Großbauprojekte durch die aktuelle Marktlage so gut wie unmöglich sind umzusetzen, ohne signifikante Risiken einzugehen“, so Ted Walle.

Nach der Signa-Krise: Die Finanzierung ist gesichert

In den meisten Fällen scheiterten geplante oder teilweise umgesetzte Projekte an Hürden der Zwischen- oder Nachfinanzierungen, so Walle und verweist dabei auf die Signa-Gruppe, die gerade ins Straucheln geraten ist. Aber er betont auch noch einmal: „In unserem Projekt ist die Finanzierung gesichert.“ Aktuell rechnet Center-Manager Ted Walle mit einem Baustart im zweiten Quartal 2024, nach ursprünglichen Planungen soll die Bauzeit ab dann drei Jahre betragen.

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