Berlin. Machbarkeitsstudie lässt junge Menschen in Prenzlauer Berg Ideen entwickeln, die als Blaupause für ganz Berlin dienen könnten.
Mehr Grün, Platz zum Spielen und für Vögel und Insekten: Kinder und Jugendliche aus Berlin haben konkrete Vorstellungen davon, wie eine Klimastraße für sie aussieht. Als Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Pilotprojekts hatte sie Gelegenheit, ihre Vorstellungen für eine nachhaltige Umgestaltung der Hagenauer Straße in Prenzlauer Berg in eine Machbarkeitsstudie einfließen zu lassen. Eine Fotodokumentation der Workshops ist ab sofort und noch bis Ende August in der Bibliothek am Wasserturm zu sehen.
„Am liebsten hätte ich einen Wasserfall“, sagt die elfjährige Tilda und lacht. In einer Collage hat sie mit ihrer gleichaltrigen Klassenkameradin Riva ein Foto von sich verarbeitet, wie sie kopfüber aus einem berankten Haus in einen See springt. Dass das nicht ganz das sein wird, was realistisch ist, sollte die Hagenauer Straße als Modell für ganz Berlin umgestaltet werden, ist den beiden Fünftklässlerinnen dabei absolut bewusst.
Pilotprojekt Hagenauer Straße: Kinder und Jugendliche entwickeln Ideen für Klimastraße
Freundin Riva hat eine klare Sicht auf das, was der Straße fehlt, damit sie klimafreundlicher wird und zum Verweilen einlädt: Platz für Bäume, an denen Nisthilfen hängen, Häuser, die von Rankpflanzen beschattet werden, ein Trinkbrunnen und mehr Platz zum Spielen.
Die Sichtweise der Jugendlichen ist dabei erstaunlich ähnlich. „Ich würde mir wünschen, dass die Straße begrünt wird“, sagt der 15-jährige Jewgenij vom Heinrich-Schliemann-Gymnasium. Mitschüler Luca wünscht sich Sportmöglichkeiten direkt in der Straße. Alle zusammen schätzen sie den Jahn-Sportpark Möglichkeit, sich direkt im Kiez betätigen zu können. Ein bisschen was davon hätten sie gern auch in der Hagenauer Straße. Freund Matti hätte auch noch eine ganz andere Idee: „Eine transparente Straße mit einem Aquarium darunter“ und schmunzelt.
Katharina Grantner, die als bildende Künstlerin die Workshops mit den Kindern und Jugendlichen im Alter von fünf bis 15 Jahren geleitet hat, sagt: „Man darf träumen und sollte die Vision nicht verlieren.“ Denn egal ob umsetzbar oder nicht, man sieht den Wunsch der Heranwachsenden, den Straßenraum viel freier zu gestalten. „Die Kinder haben erlebt, wie heiß die Straße werden und dass man sich nirgendwo hinsetzen kann.“

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An Beispielen aus Städten wie Rotterdam zeigt sie, welche Lösungen möglich sind. „Dort gibt es Bassins, die Wasser speichern und an umliegende Beete abgeben. Fallen sie trocken, können sie als Basketballplätze genutzt werden“, nennt sie ein Positivbeispiel. Debatten, wie der öffentliche Raum genutzt werden soll, gab es dabei durchaus auch bei den jungen Teilnehmern. „Das mussten die Schüler untereinander ausdiskutieren“, sagt Grantner. Gerade bei den älteren sei es dabei wichtig gewesen zu erklären, dass die Ideen des Pilotprojekts nicht nur in der Hagenauer Straße, sondern auch anderorts umsetzbar sein sollen.
Machbarkeitsstudie aus Pankow könnte als Vorbild für ganz Berlin dienen
Darauf hofft auch Lehrer Sascha Pietraßyk-Kendziorra, dessen Pausenhof nur durch wenige Bäume beschattet wird. „Im Sommer stehen wir im Zentrum der Strahlkraft“, sagt der Schulleiter des Heinrich-Schliemann-Gymnasiums. Das sei eine Belastung sowohl für die Schüler als auch das Kollegium.
Die fertige Machbarkeitsstudie, bestehend aus den Ideen der Kinder rund Jugendlichen, aber auch einem Info-Tag vor Ort und einer Online-Befragung, stellt das beauftragte Planungsbüro BGMR in Zusammenarbeit mit der Ingenieurgesellschaft Sieker nach der Sommerpause in den Ausschüssen des Bezirks Pankow vor.
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Mitarbeiter des Straßen- und Grünflächenamts des Bezirks sind durchaus gespannt auf den Einblick in die Ideen der Jugend. „Je länger man im Beruf ist, desto schwerer sind die sonst zu verstehen“, sagt Wolf Sasse vom Straßen- und Grünflächenamt. Gleichzeitig lobt er die die Bildungsarbeit, die im Rahmen des Projekts für die Kinder und Jugendlichen geleistet wurde.
Ob das Konzept oder Teile davon im Anschluss in der Hagenauer Straße oder andernorts umgesetzt werden, ist allerdings noch unklar. „Die Straße ist aber typisch für viele in Berlin“, sagt Sasse. Dementsprechend sei das Projekt so angelegt, dass es auch woanders umgesetzt werden kann. Im Idealfall, wenn ohnehin Straßenarbeiten anstehen. Wegen dieser Skalierbarkeit wurde das Pilotprojekt von der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt mit 150.000 Euro gefördert.
Ausstellung: Bibliothek am Wasserturm, Mo/Mi/Do/Fr 13-19 Uhr, Di 11-17 Uhr, Prenzlauer Allee 227/228, 10405 Berlin, Ausstellung bis 31. August, Eintritt frei