Berlin. Im Norden Berlins befand sich das Krankensammellager Blankenfelde. Erfahren Sie hier alle Infos zu dem Lost Place.

In diesem Lager wurde niemand gesund gepflegt. Niemand kümmerte sich um die Hilflosen: Im Krankensammellager Blankenfelde im Norden Pankows mussten Tausende Menschen unter grauenhaften Bedingungen ausharren, bis die Rote Armee dem Leiden ein Ende setzte und das Lager befreite. Für Hunderte kam jede Rettung zu spät. Erfahren Sie hier alle wichtigen Infos zu dem Lost Place.

Das sind die Fakten zum Krankensammellager Blankenfelde im Überblick:

  • Adresse: Bahnhofsstraße/Alter Bernauer Heerweg, 13159 Berlin-Blankenfelde
  • Geschichte: 1940 als Zwangsarbeiterlager angelegt und 1941 mit Baracken bebaut; Durchgangslager und zwischen 1942 und 1945 sogenanntes Krankensammellager; 2023 als Bodendenkmal unter Denkmalschutz gestellt
  • Führungen: Keine
  • Denkmalnummer: Objekt-Nr. 09085141
  • Status: Ehemaliger Lost Place
  • Planung: Das ehemalige Lager ist 2023 zum Bodendenkmal erklärt worden, die Bodenspuren wurden markiert und unter Schutz gestellt. Eine Dokumentation informiert Besucher vor Ort.

Wo lag das ehemalige Krankensammellager Blankenfelde genau?

Das Lager befand sich zwischen Bahnhofstraße und dem Alten Bernauer Heerweg im Ortsteil Blankenfelde im Bezirk Pankow. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist das Areal am besten mit der Buslinie 107 (Haltestelle Blankenfelde Kirche) zu erreichen. Von der Haltestelle aus benötigt man zu Fuß etwa 15 Minuten zum Gelände des ehemaligen Lagers, wenn man entlang der Bahnhofstraße in Richtung Lübars läuft.

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    Das sind die wichtigsten Etappen der Geschichte des Zwangsarbeiterlagers Blankenfelde:

    Ausgangslage: Ein Lager im Auftrag der Deutschen Reichsbahn

    In Blankenfelde waren seit 1940 Kriegsgefangene inhaftiert worden. Das Lager war im Auftrag der Deutschen Reichsbahn als Zwangsarbeitslager an der Heidekrautbahn entstanden. Nachdem das Lager zweitweise zur Unterbringung sogenannter "Ostarbeiter" diente, die für den nationalsozialistischen Traum der Welthauptstadt Germania in Baukommandos in Berlin eingesetzt waren, funktionierte man den Ort zum Durchgangslager um. Von hier aus wurden Tausende Menschen aus Osteuropa dorthin deportiert, wo die Kriegsmaschinerie Deutschlands sie gerade am dringendsten benötigte: in Zwangsarbeiterlager, Rüstungsbetriebe, Bergwerksstollen und Landwirtschaftsbetriebe.

    Während des Krieges waren insgesamt etwa 2,75 Millionen "Ostarbeiter" im Reich eingesetzt. Nach den Kategorien der NS-Rassenideologie handelte es sich bei ihnen um "Untermenschen", deren Leben keinen Wert zugemessen wurde. Im Gegenteil: Nach dem Prinzip der "Vernichtung durch Arbeit" sollten sie ausgebeutet und ermordet werden.

    Sammellager Blankenfelde: Zwangsinternierung von Kranken

    Mit dem Sommer 1942 änderte sich die Funktion des Lagers in Blankenfelde erneut. Das Barackenlager fungierte nun als sogenanntes "Krankensammellager für arbeitsunfähige Ostarbeiter". Infolge der inhumanen Lebens- und Arbeitsbedingungen, die die Zwangsarbeiter erfuhren, litten sie an Entkräftung und Erkrankungen. Seuchen wie die Lungentuberkulose breiteten sich unter ihnen aus. Für den "Arbeitseinsatz" nicht mehr brauchbar, kamen sie − oft nicht einmal 25 Jahre alt – in das Lager nach Blankenfelde-Nord. Ein Teil des Lagers diente der Unterbringung von Schwangeren.

    Krankensammellager Blankenfelde: Katastrophale Lebensbedingungen

    Die Verhältnisse im Lager waren schlecht: Es gab keine Medikamente, kaum Nahrung, nicht einmal Matratzen oder Decken. Die hygienischen Verhältnisse waren katastrophal. Eine Hoffnung auf Behandlung gab es für die Internierten nicht. Eine Hoffnung auf Flucht ebenfalls nicht, solange das Lager bewacht wurde. Bis heute sind mindestens 725 Todesfälle im Lager nachweislich bekannt. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen.

    Ein Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes schrieb 1943: "Als dort der Typhus ausbrach, wurden die Baracken geschlossen und wenn es jemand wagte sich zu zeigen, so wurde ohne Warnung geschossen. Frauen in anderen Umständen mussten ihre Kinder im besten Fall auf dem Fußboden, sonst aber auf der Erde zur Welt bringen".

    Krankensammellager Blankenfelde: Nach der Befreiung geriet das Lager in Vergessenheit

    Am 21. April 1945 – wenige Tage vor der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands – wurde das Lager in Blankenfelde durch Angehörige der Roten Armee befreit. Nach Kriegsende wurden die Baracken noch für kurze Zeit von Flüchtlingen als Unterkunft genutzt, dann gerieten sie weitgehend in Vergessenheit und wurden zu einem Lost Place.

    Mit der Teilung Berlins und dem Mauerbau 1961 lag das Gelände im Bereich der Grenzbefestigung der Berliner Mauer zwischen Blankenfelde im Ostteil der Stadt und Lübars im Westen. Spätestens in dieser Zeit wurden die noch verbliebenen Barackenreste abgetragen. Übrig blieb ein freies Feld. Die im Boden liegenden letzten Zeugnisse des Lagers überwucherten mit der Zeit.

    Krankensammellager Blankenfelde: Schutz der letzten Spuren

    78 Jahre nach der Befreiung des ehemaligen Zwangsarbeits- und Krankensammellagers Blankenfelde-Nord wurde das Areal am 21. April 2023 zum Bodendenkmal erklärt und unter Schutz gestellt. Seit 2009 hatte sich zuvor eine Bürgerinitiative gemeinsam mit dem Kunsthistoriker Bernhard Bremberger um die Aufarbeitung der Geschichte des Lagers bemüht, erste archäologische Untersuchungen initiiert und Dokumentationen erstellt.

    Auf dem Feld in Blankenfelde-Nord befinden sich heute noch Relikte des einstigen Lagers, die konserviert und dokumentiert wurden: Fundamente von Unterkunftsbaracken und anderen Gebäuden, Versorgungsleitungen, Abfallgruben und Fliegerdeckungsgräben. Informationstafeln illustrieren am Rande des Feldes die Geschichte des Ortes für Besucher.

    Auf dem Mauerweg zwischen Mooren und Feldern

    "Was wir hier gefunden haben, dokumentiert das Leiden unzähliger Menschen", so der Landeskonservator Christoph Rauhut 2023 anlässlich der Denkmalschutzerklärung. "Diese archäologischen Funde dokumentieren die menschenverachtende Brutalität des NS-Staates auch für kommende Generationen. Sie sind unscheinbar, besitzen aber hohen wissenschaftlichen und historischen Aussagewert."

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