Berlin. Die Ruine der im Jahr 1902 errichteten Bethanienkirche ist eines der Wahrzeichen Weißensees. Von dem im Zweiten Weltkrieg stark zerstörten Gotteshaus ist nur der Bethanienturm stehen geblieben. Jahrzehntelang blieb der Turm versiegelt und gehörte zu den vielen Lost Places in Berlin.
Aktuell gibt es Pläne, den denkmalgeschützten Turm in ein Wohnungsbauprojekt zu integrieren. Hier erhalten Sie alle wichtigen Informationen zur bewegten Geschichte des Bethanienturms – und wie den alten Kirchengemäuern neues Leben eingehaucht werden soll.
Das sind die Fakten zum Bethanienturm im Überblick:
- Adresse: Mirbachplatz, 13086 Berlin-Weißensee.
- Geschichte: 1900–1902 wurde die Bethanienkirche errichtet, im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört. Der Kirchturm blieb erhalten, aber die kirchliche Nutzung wurde aufgegeben.
- Führungen: Die Baukammer Berlin bietet eine Baustellenbesichtigung für Ingenieure und Architekten an.
- Status: Aktueller Lost Place.
- Planung: Der Bethanienturm wird derzeit im Rahmen eines Wohnungsprojekts saniert und umgebaut.
Wo liegt das Bethanienturm genau?
Auf dem Mirbachplatz im Gründerviertel des Stadtteils Weißensee im Bezirk Pankow erhebt sich der 65 Meter hohe Bethanienturm. Der Platz liegt an der Kreuzung Pistoriusstraße mit der Schönstraße, der Gäblerstraße, der Behaimstraße und der Max-Steinke-Straße und ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln mit der Buslinie 255 und 158 (jeweils Haltestelle Mirbachplatz) zu erreichen.
Das sind die wichtigsten Etappen der Geschichte des Bethanienturms:
Ausgangslage: Bedarf einer neuen Kirche in Neu-Weißensee
Infolge des rasanten Bevölkerungszuwachses in der Landgemeinde Neu-Weißensee Ende des 19. Jahrhunderts reichten die Kirchenplätze der Gemeinde nicht mehr aus. So wurde um die Jahrhundertwende eine neue Kirche am heutigen Mirbachplatz geplant.
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Bethanienturm: Planung und Errichtung in der Kaiserzeit
Die Bethanienkirche entstand zwischen 1900 und 1902 nach Plänen der Architekten Ludwig von Tiedemann und Robert Leibnitz. Der großzügig angelegte, neogotische Kirchenbau bot Platz für mehr als 1000 Gläubige der evangelischen Kirchengemeinde Bethanien. Aus dem nahen Wernigerode stammte der von der Firma Gustav Kuntzsch angefertigte Altar und die Kanzel. Den steinernen Kanzelfuß schuf der Berliner Steinmetzmeister Otto Plöger.
Das Gotteshaus wurde 1902 vom Kaiserpaar Wilhelm II. und Auguste Viktoria eingeweiht und entwickelte sich rasch zu einem sozialen Mittelpunkt Weißensees. Eine der Glocken des Kirchenspiels wurde zu Ehren der Kaiserin "Auguste Viktoria" benannt.
Bethanienturm: Schwere Schäden im Zweiten Weltkrieg
Das Kirchenschiff der Bethanienkirche wurde 1945 bei einem der letzten Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg von einer Luftmine getroffen und fast vollständig zerstört. Neben dem Geläut und der Kaiserin-Viktoria-Glocke blieb einzig der beschädigte Glockenturm erhalten. Die kirchliche Nutzung musste aber aufgegeben werden – mit Ausnahme des Kirchenspiels: Für die Gemeinde blieb der Turm all die Jahre weiterhin Glockenturm, da die drei Glocken weiterhin genutzt werden konnten.
Durch einen Zufall blieb außerdem der ursprüngliche Altar der Kirche erhalten: Er war wegen seiner Größe – die Retabel des Altars verdeckte das mittlere Chorfenster – 1905 an die Glaubenskirche in Lichtenberg abgegeben worden und überstand dort den Krieg.
Bethanienturm: Kirchenruine wird zum Lost Place in der DDR
Der denkmalgeschützte Turm am Mirbachplatz wurde nach Kriegsende notdürftig stabilisiert und vor illegalem Betreten gesichert. Eine weitere Nutzung blieb aber aus. Die Machthaber in der DDR hatten naturgemäß kein Interesse, einem Kirchturm wieder zu altem Glanz zu verhelfen. So rottete das rote Backsteingebäude jahrzehntelang vor sich hin und wurde zu einem Lost Place in Weißensee. Die Glocken hingen reichlich angerostet halb im Freien, auf dem Mauerwerk stapelten sich die Hinterlassenschaften von Generationen Berliner Stadttauben.
Bethanienturm: Nach der Wende reifen Sanierungspläne
Im Jahr 2001 hatte der aus Wuppertal stammende Architekt Bernd Bötzel im Rahmen einer Universitätsveranstaltung Ideen zur denkmalgerechten Umnutzung der Ruine der Bethanienkirche vorgestellt. Mit seinen Ideen wandte er sich an das Bezirksamt Pankow, das schließlich im Mai 2020 dem Projekt die Baugenehmigung erteilten. 2021 verzichtete das Bezirksamt auf sein Vorkaufsrecht. Ein Berliner kaufte daraufhin die Immobilie, um das Bauprojekt zu realisieren. Einzige Bedingung des Bezirks: Die Kirchturmglocke muss zweimal täglich geläutet werden können.
Bethanienturm: Das sind die Pläne für den Kirchturm
Die Kirchturmruine in Berlin-Weißensee soll zum Luxus-Loft umgebaut werden: An Stelle des zerstörten Kirchenschiffes wird ein neuer gestaffelter Baukörper in ähnlicher Dimension und Grundfläche gesetzt. Insgesamt 18 Loft-Wohnungen sollen im Kirchturm und dem neuen Gebäudeflügel untergebracht werden.
Der historische Bestand wird denkmalgerecht saniert. Auch der ruinöse Charakter der Kirche und die Zerstörungen sollen als historische Spuren sichtbar bleiben und werden nicht kaschiert. Im Mai 2022 begannen mit der dauerhaften Sicherung der Ruine mittels Metallstreben, Versteifungen und Klammern die konkreten Bauvorbereitungsmaßnahmen.
Ab 2023 sollen auch wieder die Kirchenglocken schlagen – die künftigen Bewohner des Turms werden sie geräuschgedämpft durch eine isolierte Decke hören. Das Projekt soll bis Sommer 2023 fertiggestellt werden.
Bethanienturm: Gibt es Führungen für das Bauprojekt?
Die Baukammer Berlin bietet für Ingenieure und Architekten eine Baustellenbesichtigung am Bethanienturm an.