Berlin. Wolodymyr Selenskyj und Frank-Walter Steinmeier werden noch warten müssen, bis ihr Aufruf für neue Partnerschaften zwischen deutschen und ukrainischen Städten in Berlin erhört wird – mindestens bis Nikolaus. So lange wollen sich Pankows Bezirksverordnete Zeit lassen bei der Frage: Welcher Stadt, die unter Putins Feldzug leidet, stehen wir bei? Zwei laufende Anträge – für eine Partnerschaft mit Soforthilfe für Kiew oder Odessa – haben die Fraktionen nun abgelehnt und beerdigt. Und das sorgt mit Blick auf russische Raketenangriffe auf lebenswichtige Infrastruktur im Kriegsland für Groll. Denn einer der Antragsteller wertet das kollektive Nein im Pankower Hauptausschuss zur Freundschaft mit ukrainischen Metropolen als Affront.
„Mit der Ablehnung senden wir ein trauriges Zeichen in einer bedrohlichen Lage. Fast täglich fallen russische Bomben auf Kiew und zerstören die Energieversorgung. Da wäre sofortige Hilfe angebracht gewesen“, kritisiert CDU-Politiker David Paul die Klatsche für seinen Antrag. Der war so formuliert gewesen, dass der Bezirk Pankow keine gewöhnliche Städtepartnerschaften eingehen soll, die eine monatelange Anbandelung braucht. Es ging um eine sogenannte Solidaritäts-Partnerschaft. Ein Lösung, die Soforthilfe mit Geld und Ausrüstung in Kriegszeiten ermöglichen würde.
Dies erscheint Grünen, Linken und SPD aber als zu aktionistisch. Wenn Pankow eine Partnerschaft mit einer ukrainischen Stadt oder einem Stadtbezirk eingehen soll, dann müsse die Aktion gut vorbereitet sein. Und aus der Breite der Pankower Bezirkspolitik und Bevölkerung kommen, nicht von einer einzelnen Fraktion – so der Einwand gegen die einzelnen Vorstöße von CDU und FDP. Während die Liberalen mit einer Partnerschaft Unterstützung mit Odessa einleiten wollten, warb die CDU für Solidar-Hilfe zugunsten eines Kiewer Bezirks. Vergeblich.
Abgelehnte Ukraine-Partnerschaft: Pankower Vorsteher verweist auf Hilfe in Polen
Aber welche konkreten Gründe bewirken das Nein gegen diese beiden Anträge? Warum gibt es kein Ja für symbolischen oder praktischen Beistand aus Pankow für Kiew und Odessa? Grünen-Politiker Oliver Jütting, der Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung (BVV), nennt einen offensichtlichen Grund für die Abfuhr: Sowohl Kiew als auch Odessa haben bereits deutsche Partnerstädte. Die ukrainische Hauptstadt pflegt Beziehungen zu München und Leipzig, Odessa zu Regensburg, wendet Jütting ein.
Auch die Freundschaft zu einem einzelnen Bezirk der ukrainischen Metropolen sei wenig sinnvoll, hält Jütting dagegen: „Bezirke haben in ukrainischen Städten nicht die gleiche Stellung wie in Berlin“, gibt er zu bedenken. Der CDU wirft er vor, sie erwecke den Eindruck, Pankow leiste für die Ukraine zu wenig Hilfe. Größere Kampagnen gab es sehr wohl – etwa für die Unterstützung von Kriegsflüchtlingen in der polnischen Partnerstadt Kollberg.
Gegenvorschlag für Freundschaft mit Kiew und Odessa wird zu Nikolaus beraten
Jüttings Gegenvorschlag: Eine Städtepartnerschaft mit einer west-ukrainischen Metropole wie der Großstadt Riwne mit über 250.000 Einwohnern. Hier könne man aus Pankow Hilfe organisieren für die Versorgung ukrainischer Binnenflüchtlinge, die aus dem stark zerstörten Osten der Ukraine in den Westen flohen. Um die beste Lösung zu erörtern und einen „überparteilichen“ Antrag zu einer Ukraine-Partnerschaft zu formulieren, solle sich Pankow „einige Sitzungen Zeit nehmen“, fordert Jütting. Am 6. Dezember, dem Nikolaustag, will man im Hauptausschuss noch einmal einen neuen Antrag entwerfen und diskutieren.
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Diesen langsameren, aber geordneten Weg der Freundschaftsanbahnung unterstützen auch die Verordneten von Linken und SPD. Eine Ukraine-Partnerschaft wollen Bezirkspolitiker in allen Lagern. Aber nicht mit Kiew und Odessa – und nicht sofort.
Bis zu 50.000 Euro möglich: Pankower CDU-Mann wirbt vergeblich für Hilfe in Kiew
Eine verlorene Chance, kritisiert CDU-Antragsteller David Paul. Eine Solidaritätspartnerschaft mit Kiew hätte man über eine Plattform für Förderprojekte leicht und ohne Personal-Mühen einleiten können – etwa über den sogenannten „Kleinprojektefonds kommunale Entwicklungspolitik“, unterstützt vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, aus dem Kommunen wie Pankow mit wenig Aufwand bis zu 50.000 Euro abrufen könnten. Geld, das aus Sicht von Paul für den Kauf von Stromgeneratoren geeignet wäre – „die könnte man in der Ukraine gut gebrauchen, wenn Raketen fliegen.“
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