Berlin. Bienen statt Blech, zornige Anwohner und die CDU als angeblicher Auto-Feind: Worum es hier geht, ist einen skurrilen Kampf gegen alte Gewohnheiten. Und um das Recht, kostenlos in Prenzlauer Berg zu parken. Mit neu installierten Pollern verstellt das Bezirksamt Pankow Autofahrern jetzt den Weg zum Mittelstreifen der Grellstraße. Praktisch über Nacht ist die Duldung des Parkens auf dem so genannten „Straßenbegleitgrün“, entfallen. Zum Missfallen von Nachbarn, die Gratis-Stellflächen vor ihren Häusern sehr schätzten.
Dabei war das Parken auf dem Mittelstreifen zu allen Zeiten rechtswidrig, selbst als in den 2000er-Jahren noch Verkehrsstadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne) die öffentliche Ordnung verwaltete. Unter seiner Führung blieb das Falschparken an der Grellstraße allerdings toleriert, ebenso unter seinem Nachfolger Daniel Krüger (AfD). Erst Ordnungsstadträtin Manuela Anders-Granitzki (CDU) bekannte sich nun zum geltenden Recht, ließ den Streifen nach Jahrzehnten ohne Sperren mit Pollern abriegeln. Und provozierte so den Widerstand der AfD-Fraktion – die nun einen sofortigen Abbau der Sperren im Namen der Anwohner beantragte. Allerdings vergeblich.
Denn eine breite Mehrheit der Pankower Bezirksverordneten beharrt darauf, dass es richtig ist, Falschparkern auf der Grellstraße Raum wegzunehmen. Und dank eines erfolgreichen Gegenantrags der SPD-Fraktion wird der autofreie und zugepollerte Mittelstreifen der Grellstraße nun sogar zu einem Rückzugsort für Tiere.
Wildtierstiftung soll Bezirk Pankow zu Bepflanzung von Parkplätzen beraten
Zumindest eine Wildbienen-Wiese soll dort entstehen, wo Autoreifen jahrzehntelang den Rasen abwetzten. Eine solche Bienen-Wiese zu schaffen, das ist der neue Handlungsauftrag an den Bezirk. Dazu solle man die Expertise der Deutschen Wildtierstiftung einholen, um den Streifen insektenfreundlich zu bepflanzen, fordern die Sozialdemokraten.
• Grellstraße in Prenzlauer Berg - lesen Sie auch:Der erste Radweg aus grünem Asphalt
„Wir wollen die illegale Parkfläche an der Grellstraße zu dem machen, was sie einmal war: Ein Mittelstreifen mit Begleitgrün“, erklärt die SPD-Verordnete Diana Giannone, die Antragstellerin, den Plan. Und kritisiert zugleich die AfD, die mit der Forderung zum Abbau der Poller rechtswidrige Verhältnisse wiedereinführen wolle. „Es war das Versagen Ihres Kollegen, der nicht kontrolliert hat“, kritisiert Giannone fehlende Kontrollen gegen Falschparker in der Zeit des AfD-Stadtrats Daniel Krüger, der im Herbst sein Amt verlor.
Parken inoffiziell geduldet: Pankows AfD pocht auf Gewohnheitsrecht
Inzwischen sitzt Krüger als Lokalpolitiker in der BVV. Und sieht sich als Anwalt der Anwohner, denen eine CDU-Stadträtin mit Unterstützung von Grünen, Linken und SPD nun kostenloses Parken verwehrt. So die Sicht der AfD. Selbst ein Grünen-Stadtrat habe das Parken auf dem Mittelstreifen toleriert, pocht Krüger aufs Gewohnheitsrecht. Die Saat einer Bienenwiese hält er für unsinnig: „Es ist eine tote Fläche – eine Begrünung wird hier nicht umzusetzen sein.“
Über 100 Stellplätze weg: Auch ein Parkstreifen weicht einem Radweg
Tatsächlich ist auf der Grellstraße sogar ein doppelter Parkplatzschwund eingetreten, betont Krüger. Denn neben rund 50 Stellplätzen auf dem Mittelstreifen entfallen zugleich mindestens ebenso viel Parkbuchten am Straßenrand. Denn hier lässt der Bezirk einen breiten Radweg mit grün gefärbtem Asphalt errichten.
Abonnieren Sie den Pankow-Newsletter der Berliner Morgenpost
Doch nicht nur im rot-grün-roten Lager, selbst in der Pankower CDU ruhen im Fall der Grellstraße die Hoffnung auf einer Erholung der Stadtnatur. Es sei kurios, dass eine Law-and-Order-Partei wie die AfD sich hier plötzlich für unerlaubtes Parken einsetze, verteidigt CDU-Mann Jörn Pasternack seine Stadträtin gegen den Angriff von rechts. „Geben Sie der Natur ein paar Jahre, dann wird Straßenbegleitgrün wieder grün.“
Weitere Nachrichten aus Pankow und Prenzlauer Berg lesen Sie hier