Die Wasserbetriebe bauen einen unterirdischen Staukanal unter dem Mauerpark. Daran soll das ganze Jahr hindurch gearbeitet werden dürfen. Auch wenn Anwohner die Einschränkungen im Sommer kritisieren.

Es geht um die Frage: Wie viel sind ungestörte Sommertage im Mauerpark in Prenzlauer Berg wert? Darf der Berliner Senat drei Millionen Euro mehr an Steuergeldern ausgeben, damit Anwohner und Touristen in den Sommermonaten im Mauerpark ungehindert spazieren gehen, auf der Wiese liegen, joggen oder feiern können?

Pankows Baustadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne) hat sich dagegen ausgesprochen, den unterirdischen Staukanal unter dem Park nur in den Wintermonaten zu bauen.

Bisher hatte der Bezirk gefordert, die Baustelle im Sommer stillzulegen, damit der Park ohne Einschränkungen genutzt werden kann. Die Berliner Wasserbetriebe gehen davon aus, dass die Bauarbeiten dann fünf statt zwei Jahre dauern würden und die Kosten von elf auf 14 Millionen Euro steigen würden. 40 Prozent der Kosten tragen die Wasserbetriebe, 60 Prozent der Senat.

Warum der Bezirk die Forderung, nur im Winter zu bauen, aufgegeben hat, erklärt Baustadtrat Kirchner mit den geänderten Eigentumsverhältnissen bei den Berliner Wasserbetrieben. Seit dem vergangenen Dezember gehören die Wasserbetriebe wieder vollständig dem Land. „Das heißt, wir alle würden den Preis für die Verlängerung der Bauarbeiten bezahlen.“ Die drei Millionen mehr müssten aus Steuergeldern finanziert werden, so Kirchner, nicht von einem teilprivatisierten Unternehmen.

Die „Freunde des Mauerparks“ pochen auf frühere Versprechen

Außerdem sei der Bezirk zunächst davon ausgegangen, dass es mehrere offene Baugruben im Mauerpark geben werde. Als die Baupläne vorgestellt wurden, habe sich gezeigt, dass es lediglich eine große Baugrube an der Eberswalder Straße geben werde sowie eine kleinere an der Gleimstraße. Im Park selbst werde jedoch unterirdisch gebaut. Daraufhin habe sich im Bezirk die Meinung durchgesetzt, dass eine reine Winterbaustelle unsinnig ist.

Der Anwohner-Verein „Freunde des Mauerparks“ sieht das ganz anders. „Salamitaktik“ wirft der Vereinsvorsitzende Alexander Puell dem Baustadtrat vor. „Im März 2013 hatte sich Herr Kirchner zitieren lassen, es werde keine Baugruben im Park geben und nur im Winter gebaut werden. Dann hatten die Wasserbetriebe im September ihre Planungen vorgestellt, die eine fußballfeldgroße Baugrube am Eingang vorsehen“, sagt Puell. Jetzt werde auch die Zusicherung zurückgenommen, nur im Winter zu bauen. „Alles, was bisher zugesagt wurde, wurde wieder einkassiert.“

Für die große Baugrube an der Eberswalder Straße muss der dortige Eingang geschlossen werden. „Die Zuwegung“, so Kirchner, werde übergangsweise über einen Weg neben der Baugrube erfolgen. Die Mauerpark-Anwohner bezweifeln, dass das funktioniert: „Der Park hat an Sommersonntag 45.000 Besucher, die überwiegend durch den Haupteingang an der Eberswalder Straße kommen“, sagt Alexander Puell.

Mauerpark-Nutzer wehren sich gegen Darstellung als „Partyvolk“

„Da muss man schon sehr kreativ sein, wenn man die an der 1000 Quadratmeter großen Baugrube vorbei in den Park bekommen will.“ Für die Variante, bei der nur im Winter gebaut werden sollte, hatten die Wasserbetriebe Pläne vorgestellt, die Baugrube abzudecken. Besucher hätten so im Sommer über die Decke laufen können, außerhalb der Bauzeit hätte es kaum Beeinträchtigungen gegeben.

Die Initiative wehrt sich gegen Kirchners Einschätzung, die Einschränkungen seien „dem Partyvolk“ zumutbar. Es sei keineswegs so, dass der Park nur von Partymachern genutzt werde, sagt Puell: „Im Mauerpark sind ganz verschiedene Menschen unterwegs, von der Mutti mit Kinderwagen über sehr viele Radfahrer bis hin zu Touristen, die die ganz besondere Atmosphäre in den Park lockt.“

Natürlich solle kein Steuergeld zum Fenster rausgeworfen werden. Aber man müsse auch berücksichtigen, dass der Mauerpark als kultureller Motor Touristen in die Stadt ziehe. Wenn der Park jetzt zwei Jahre nur eingeschränkt zugänglich sei, könne der Motor ins Stottern geraten.

„Selbst wenn man den Park hinterher hübsch macht, kommen die Touristen vielleicht trotzdem nicht mehr.“ Mit „hübsch machen“ meint er Kirchners Ankündigung, wenn die Wasserbetriebe durch die kürzere Bauzeit viel Geld sparen könnten, müsse eine „nennenswerte Summe für die Pflege des Mauerparks übrig bleiben“.

Durch den Staukanal steigt die Wasserqualität in Berlin

Der Kanal soll die Wasserqualität verbessern. Bei starkem Regen sind die Pumpwerke bisher schnell überfordert, so dass Abwasser mit Regenwasser vermischt in die Panke und die Spree fließt. Wenn der Kanal fertig ist, kann das Wasser dort zwischengespeichert werden.

Das befürworten auch die „Freunde des Mauerparks“: „Wenn die Wasserqualität in der Stadt dadurch steigt, ist das für alle gut“, sagt Alexander Puell. „Das tragen wir natürlich mit, auch wenn wir als Anwohner die Leidtragenden der Bauarbeiten sind. Aber so wie Planung jetzt läuft, fühlen wir uns über den Tisch gezogen.“

Baustadtrat Kirchner geht davon aus, dass sich die Pankower Bezirksverordnetenversammlung für die kürzere Bau-Variante entscheidet. Schließlich könne doch „niemand ernsthaft wollen, dass drei Millionen mehr an Steuergeldern dafür ausgegeben werden, dass fünf statt zwei Jahre gebaut wird.“