Das ZDF hat Darstellungen des Betreibers eines Neuköllner Flüchtlingsheims widersprochen, mit einer Kameradrohne unmittelbar vor ein Fenster der Unterkunft geflogen zu sein. Joe Sperling, Redakteur bei der Sendung „Frontal 21“, räumte am Donnerstag zwar gegenüber der Berliner Morgenpost ein, dass das ZDF-Team bei Dreharbeiten einen kleinen, mit einer Mini-Kamera bestückten Quadcopter eingesetzt habe. „Wir sind aber nicht mehr als 100 Meter an das Gebäude herangeflogen.“ Dies könne zweifelsfrei anhand von GPS-Daten, Fotos und Filmaufnahmen belegt werden, so Sperling weiter.
Für den überflogenen Bereich habe zudem eine Genehmigung des Grundstückbesitzers, der Krieger GmbH, vorgelegen. Auch eine Fluggenehmigung habe man eingeholt. Es seien ausschließlich Totalen von dem Heim gedreht worden. „Es gibt keine Einblicke durch die Fenster in das Gebäude“, sagte Sperling.
Um eine Genehmigung für Aufnahmen in der Unterkunft habe sich „Frontal 21“ bemüht, der Betreiber habe diese aber verweigert. Hintergrund der Dreharbeiten sei ein Beitrag, den das Magazin über einen „dubiosen“ Betreiber von Flüchtlingsheimen in Berlin plant.
Flüchtling erlitt angeblich Nervenzusammenbruch
Der Betreiber der Flüchtlingsunterkunft an der Haarlemer Straße hatte zuvor schwere Vorwürfe gegen das ZDF-Team erhoben. Wie Thorsten Elsholtz, der Sprecher des Betreibers PeWoBe (Professionelle Wohn- und Betreuungsgesellschaft) mitteilte, soll am Mittwochnachmittag bei Dreharbeiten eine Kameradrohne vor das Fenster eines Flüchtlingszimmers gesteuert worden sein.
Der Flüchtling Sarshar A. habe sie unmittelbar vor dem Fenster seines Zimmers bemerkt und dadurch einen Nervenzusammenbruch erlitten. Hintergrund sei, so Elsholtz, dass A. vor seiner Flucht in seiner Heimat Pakistan miterleben musste, wie bei einem Drohnenangriff auf sein Dorf mehrere Menschen starben.
Das für die Flüchtlinge in Berlin zuständige Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) zeigte sich gegenüber der Berliner Morgenpost „irritiert“ über das angebliche Vorgehen des Kamerateams.
Widersprüchliche Aussagen - auch von der Feuerwehr
Über den Zustand des Flüchtlings gibt es derzeit widersprüchliche Aussagen. In einer Presseerklärung der PeWoBe heißt es, Sarshar A. sei von einem Notarzt mit Beruhigungsmitteln behandelt worden. Die Kameradrohne sei mehrfach vor weiteren Fenstern des Gebäudes zum Einsatz gekommen, habe auch unter anderen Bewohnern erhebliche Unruhe ausgelöst. Der Lagedienst der Berliner Feuerwehr bestätigte eine Alarmierung durch den Betreiber des Heims. Die Rettungskräfte hätten vor Ort allerdings nicht mehr tätig werden müssen.
In seiner Erklärung teilte der Betreiber weiter mit, der Wachschutz der Unterkunft habe das Kamerateam, das sich auf einem Nachbargrundstück aufgehalten habe, gebeten, von einem Einsatz der Drohne Abstand zu nehmen. Die ZDF-Mitarbeiter hätten allerdings auf eine vorliegende Drehgenehmigung durch das Lageso verwiesen.
Dazu sagte Lageso-Sprecherin Silvia Kostner der Berliner Morgenpost am Donnerstag, das Amt erteile Drehgenehmigungen grundsätzlich unter Vorbehalt, das letzte Wort darüber habe der Betreiber einer Flüchtlingsunterkunft, der das Hausrecht ausübe. „In diesem Fall hat uns der Betreiber mitgeteilt, dass er eine Genehmigung nicht erteilen wolle. Denn angesichts der angespannten Situation habe man nicht die Zeit und die Ressourcen, einen Begleiter für das Drehteam abzustellen. Dies habe ich auch dem ZDF so mitgeteilt und dann nichts mehr von dem Sender gehört“, so Kostner. Dass der Sender bei seinen Dreharbeiten eine Drohne einsetzen wolle, sei ihr gegenüber mit keinem Wort erwähnt worden.