Berlin. Das Nikolaiviertel soll wieder schöner werden. Es wurde 2019 unter Denkmalschutz gestellt, das historische Erscheinungsbild soll mit Fördermitteln wiederhergestellt werden. Bei der Vorstellung eines Maßnahmenkatalogs für die Freiflächen in der Stadtwerkstatt am Alexanderplatz zeigten sich die Anwohner allerdings äußerst skeptisch.
Sie befürchten, dass die Wirkung des Förderprogramms verpufft. „Solange die Pflege nicht mitbedacht wird, ist das ein tot geborenes Kind“, sagte ein Anwohner. Mache das Straßen- und Grünflächenamt so weiter wie bisher, gebe es kein extra Budget, um die Wirkung des Programms zu bewahren, werde da nichts draus.
Kritik an der bisherigen Pflege durch das Grünflächenamt
Auch andere Anwohner kritisierten die Arbeit des Straßen- und Grünflächenamts. Der wunderschöne Brunnen sei ungepflegt, Bäume würden nicht ersetzt, der Denkmalschutz werde negiert, aufgerissenes Pflaster durch hässliches, unpassendes ersetzt. „Erst rasieren sie Bäume ab, danach geht einer mit einem Teereimer entlang und kleckst was rein.“ Inzwischen gebe es so einige Schandflecken im Nikolaiviertel, so zum Beispiel „die olle Wiese“ vor dem Haus Spandauer Straße 26 – und immer wieder zu wenig Bäume.
Landschaftsarchitektin Anne Prugger sagte, ihr denkmalpflegerisches Gutachten solle einen „Anschub“ dafür geben, dass eben so etwas nicht mehr passiert. Förderprogramme seien dafür da, „alles fit zu machen und in Gang zu bringen“. Auch dem Straßen- und Grünflächenamt werde das Gutachten zugeleitet, sodass sichtbar werde, wie das Viertel in seiner Wirkung dastehen solle. Und das Grünflächenamt werde im Nikolaiviertel mit den Denkmalschutzbehörden zusammenarbeiten. Das war bislang nicht der Fall.
„Der Plan wandert nicht in die Schublade“
Daniel Richtsteig, der im Bezirksamt Mitte in der Stadtplanung für das Fördergebiet Nikolaiviertel zuständig ist, garantierte den rund 50 Anwohnern, sich um die Umsetzung des Plans zu kümmern. „Der wandert nicht in die Schublade.“ Richtsteig sprach an, dass möglichst viel davon im nächsten Jahr umgesetzt werden solle. Jeder Vorschlag müsse allerdings mit anderen Vorschlägen aus seiner Behörde konkurrieren, sodass nicht klar sei, was wirklich umgesetzt werde. Zehn bis 15 Bäume habe er bereits angemeldet.
Hervorragende Rekonstruktion der Wegeführungen und Gärten
Bei der Präsentation bescheinigte Prugger den Landschaftsarchitekten, die im Jahr 1988 das Nikolaiviertel, der Gründungsort Berlins, nach der Zerstörung im Ersten Weltkrieg rekonstruiert hatten, hervorragende Arbeit. Sie hätten sich eng an die Wegführungen gehalten, die auf Bildern schon 150 Jahre vorher sichtbar waren. Auch die Gärten, die damals bis an die Spree reichten, hätten sie wieder angelegt, ebenso die Grünflächen um das Zentrum, die Nikolaikirche, oft sogar mit den gleichen Pflanzen. Auch das historische Pflaster sei nachgebaut worden, ebenso die kleinen Mosaikstreifen an den Gebäuderändern. Die historischen Sicht- und Blickachsen, dass oft Türme – auch der Fernsehturm – in der Achse lägen oder Borde oder Gehwege genau auf Hauskanten zuliefen, der Brunnen, die Skulpturen – das sei alles sehr besonders in diesem Viertel.
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Stückelei beim Pflaster, Achsenstörungen und Fahrradständer
Allerdings hatte die Landschaftsgestalterin auch vieles bei ihrer Begutachtung ausgemacht, das heute nicht mehr dem Zustand von 1988 entspricht, nicht nur die Teerflecken. Das Wichtigste für die Anwohner: Es fehlen 135 Bäume gegenüber 1988, wegen Trockenheit und Straßenbau. Eine Nachpflanzung großer Bäume sei nötig, sagte Prugger. Wo doch nachgepflanzt wurde, ständen die Bäume nicht genau in der Baumreihe der Achse. Der Blick durch die Arkaden müsse frei bleiben, Bänke fehlten, rote Platten seien durch graue ersetzt. „Mehr Bäume, keine Stückelei bei dem Pflaster, auf die Achsen achten“, empfahl die Landschaftsarchitektin. Die hellen Poller solle man dunkel streichen, ebenso mahnte sie Korrekturen an den – modernen – silberglänzenden Fahrradständern an. Sie müssten mindestens die Farbe wechseln.
Gewerbetreibende vermissten in Pruggers Gutachten den „Straßenplan“. Wer dort wohne und arbeite, habe Parkschwierigkeiten, Ladeflächen fehlten. Es gebe ein Parkhaus, das sei allerdings eher für Autos in Trabbi-Größe geeignet. Den Bewohnern der Häuser war wichtig, dass auch ihr Rattenproblem gelöst wird. Mehreren Parteien ist aufgefallen, dass die Tiere während der Pandemie nicht mehr da waren. Daher solle nach einer Mülllösung für die Gaststätten gesucht werden.
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