Parkzonen sind komplett

Verkehrswende: Teuer parken in Berlin-Mitte

| Lesedauer: 4 Minuten
Birgit Lotze
Die Innenstadt von Falschparkern und allgemein von zu vielen parkenden und fahrenden Autos wie hier auf der Krausenstraße in Mitte entlasten - auch das ist ein Ziel der Parkraumbewirtschaftung.

Die Innenstadt von Falschparkern und allgemein von zu vielen parkenden und fahrenden Autos wie hier auf der Krausenstraße in Mitte entlasten - auch das ist ein Ziel der Parkraumbewirtschaftung.

Foto: Reto Klar / FUNKE Foto Services

Berlin-Mitte ist allen voraus, was die Einrichtung von Parkraumbewirtschaftungszonen angeht. Kostenfreie Parkplätze gibt es fast nicht mehr.

Berlin.  In Sachen Parkzonen ist Berlin-Mitte Vorreiter. Pünktlich zum Jahresende sind sämtliche geplanten Parkraumbewirtschaftungszonen, wie es sperrig im Amtsdeutsch heißt, eingerichtet. Damit ist der Bezirk Mitte so gut wie dicht. Zwischen Alexanderplatz und Wedding und Osloer Straße und Tiergarten-Süd kann man fast nirgendwo mehr parken, ohne dafür zu bezahlen.

2019 hatte der Senat einen Luftreinhalteplan beschlossen, der zum Ziel hatte, Parken innerhalb des S-Bahn-Rings kostenpflichtig zu machen. Der Bezirk Mitte hatte das bereits im Juli dieses Jahres geschafft. Inzwischen hat der Bezirk auch über den S-Bahn-Ring hinaus gebührenpflichtige Zonen eingerichtet, im Norden Gesundbrunnens und mehrere im Wedding.

In Mitte stehen 2650 Parkticket-Automaten

Vor allem in den vergangenen drei Jahren wurden die Pläne für neue Zonen zügig umgesetzt. Trotz Corona sei es gelungen, die Anzahl von 14 auf 30 Parkraumbewirtschaftungszonen zu verdoppeln, berichtet die für das Ordnungsamt zuständige Stadträtin Almut Neumann (Grüne). Inzwischen stehen 2650 Parkticket-Automaten in Mitte.

Gebührenfreie Parkplätze sind rar geworden. Die Straße 17. Juni ist beispielsweise nicht Teil einer Parkraumbewirtschaftungszone, dort wohnt niemand. Auch im Gewerbegebiet rund um den Westhafen findet man keine Parkscheinautomaten. Gebührenfrei ist noch der äußere Nordwesten des Bezirks in Richtung Reinickendorf nördlich des Volksparks Rehberge und des Schillerparks.

Die Parkzonen sollen Anwohnern helfen, Parkplätze vor der Haustür zu bekommen. Laut Ordnungsamt soll die Parkraumbewirtschaftung dafür sorgen, dass in Gebieten mit hoher Parkraumnachfrage Falschparken zurückgedrängt wird und sich die Parkplatzsituation für Anwohnerinnen, ansässige Gewerbetreibende und Besucher entspannt. Und es geht auch darum, die Verkehrswende voranzubringen.

Doch ist die Parksituation entspannter? Im Afrikanischen Viertel, das erst Mitte Dezember mit Parkautomaten bestückt wurde, sehen Anlieger bislang keine Wirkung. „Ick gloob nich“, antwortet die Verkäuferin des Naturkostladens „Natürlich Bio“ an der Ecke Kameruner und Togostraße. Doch sie sei nur die Aushilfe, zu selten da. Von den Kunden gebe es bislang kein Feedback, sagt Ulrike Löffler, Apothekerin an der Cornelius-Fredericks-Straße. Doch ihre autonutzenden Kollegen seien „nicht glücklich“, weil sie jetzt für das Parken bezahlen müssten. „Reine Abzocke“, urteilt Evrim Celik, Chef des Ariaa Pflegedienstes an der Guineastraße. „Mehr Parkplätze gibt es jetzt nicht. Und Falschparken ist nach wie vor üblich.“

Fast 20 Millionen Euro wurden 2022 eingenommen

Parkraumbewirtschaftung ist lukrativ für die Bezirke. Fast 20 Millionen Euro wurden allein in Mitte im Jahr 2022 darüber eingenommen – diese Summe wird schon nächstes Jahr höher ausfallen, wenn auch die Einnahmen aus den drei kürzlich eingeführten Parkzonen zum Tragen kommen.

Nicht nur in Mitte, in ganz Berlin werden die Autofahrer nach und nach zur Kasse gebeten. Auch in Pankow müssen Autofahrer inzwischen fast überall innerhalb des S-Bahn-Rings fürs Parken bezahlen. Neukölln will 2025 an den Start gehen, Parken in Tempelhof-Schöneberg soll bis 2023 überall innerhalb des S-Bahn-Ringes kostenpflichtig sein. Auch Charlottenburg-Wilmersdorf hat eine flächendeckende Ausweitung angekündigt.

Dort regt sich Widerstand. In Charlottenburg-Wilmersdorf hat die Bürgerinitiative Gervinusstraße gemeinsam mit der FDP im Bezirk ein Bürgerbegehren gegen die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung initiiert. Kürzlich wurde es für zulässig erklärt. Achim Ruppel von der Bürgerinitiative und der Vorsitzende der FDP-Fraktion Felix Recke-Friedrich sind der Meinung: „Für Anwohner und Gewerbetreibende ist die geplante Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung unzumutbar.“

Zurzeit müssen Kurzzeitparker in Berlin pro Stunde zwei bis vier Euro zahlen – je nach Gegend. Anwohner zahlen für einen Parkausweis etwas mehr als zehn Euro im Jahr. Um Bürger dazu zu bewegen, das Auto abzuschaffen, rufen andere Städte viel höhere Preise auf. In Oslo kostet der Anwohnerparkausweis im Jahr fast 900 Euro. In Stuttgart ist man mit 400 Euro dabei. Ab nächstem Jahr soll allerdings auch in Berlin der Preis steigen. Künftig zahlt man nicht mehr zehn Euro pro Jahr, sondern pro Monat.

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