Beusselstraße

Händler wollen Großmarkt-Regie übernehmen

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Andreas Abel
Blick auf das Gelände der Berliner Großmarkt GmbH

Blick auf das Gelände der Berliner Großmarkt GmbH

Foto: euroluftbild.de/Robert Grahn

Die Wirtschaftsverwaltung sagt eine Prüfung des Konzepts zu. Die Landeseigene Betreibergesellschaft lehnt die Pläne ab.

Der Großmarkt an der Beusselstraße ist gewissermaßen die Herzkammer der Stadt, wenn es darum geht, die Berliner mit frischem Obst und Gemüse, mit Fleisch, Blumen und Fisch zu versorgen. Seit den 60er-Jahren führt die landeseigene Berliner Großmarkt GmbH die Geschäfte auf dem Moabiter Areal nahe dem Westhafen und vermietet Flächen an die Großhändler. Nun haben mehr als 100 Firmen, die an der Beusselstraße ansässig sind, eine Interessengemeinschaft (IG) gegründet. Ihr Ziel: Sie möchten künftig als Genossenschaft den Betrieb auf dem Großmarkt übernehmen.

Die IG strebt zudem an, vom Land ein Erbbaurecht für das komplette Gelände zu erwerben, um es mit neuen Gebäuden und verbesserten Strukturen zu einem „Kompetenzzentrum mit modernster Infrastruktur“ zu entwickeln. Sollte sich die zuständige Senatswirtschaftsverwaltung für das Konzept erwärmen können, würde die Großmarkt GmbH allerdings einen erheblichen Teil ihrer Kompetenzen einbüßen müssen.

„Zukunft der drei Bereiche gemeinsam planen“

Der Zusammenschluss der rund 100 Firmen bedeute, dass künftig die Händler des Fruchthofes, des Fleisch- sowie des Blumengroßmarktes gemeinsam die Zukunft planen wollen, erklärte Dieter Krauß vom Vorstand der Fruchthof-Genossenschaft. Die nun in der „Interessengemeinschaft Lebensmittel- und Frischecluster Berlin“ zusammengeschlossenen Unternehmen beschäftigten mehr als zwei Drittel der auf dem Großmarktgelände tätigen 2500 Menschen. Die Händler stünden hinter den Plänen, betonte Krauß. Die „Markthalle Neun“ in Kreuzberg unterstütze das Projekt ebenfalls. Deren Betreiber hatten 2011 die damals wirtschaftlich marode historische Markthalle an der Eisenbahnstraße von der Großmarkt GmbH gekauft und zu neuer Blüte geführt. Heute steht die „Neun“ für Innovationen auf dem Lebensmittelsektor.

„Das genossenschaftliche Prinzip hat sich auf dem Fruchthof seit fast 70 Jahren bewährt. Wir möchten die Genossenschaft um Anbieter von Fleisch, Fisch, Blumen und Molkereiwaren erweitern, damit wir gemeinsam und in Eigenverantwortung das Gelände weiterentwickeln können. Wir wollen in der Mitte der Stadt den Schwerpunkt für Frischeprodukte ausbauen“, sagte Dieter Krauß der Morgenpost. Eine Bündelung des gesamten Betriebes in einer Hand bedeute auch, künftig konzeptionell schneller und besser zu werden. „Wir müssen unsere Zukunft planen und das Heft in die Hand nehmen.“

Großmarkt GmbH will Gelände nicht hergeben

Das Grundstück solle im Eigentum des Landes Berlin bleiben. „Wir verstehen uns als Partner des Landes und des Senats und möchten als Genossenschaft künftig den Betrieb komplett organisieren. Wir können Großmarkt“, ergänzte Krauß. Als Mieter stießen sie aber bei Banken an ihre Grenzen. „Ein Erbbaurecht würde uns ganz andere Möglichkeiten verschaffen, Kredite für Investitionen zu bekommen.“ So sei zwar die 1965 erbaute große Fruchthofhalle 2007 grundlegend modernisiert worden, eine energetische Sanierung aber stehe aus. Das gelte auch für die Halle des Fleischgroßmarktes.

Die Interessengemeinschaft hat der Senatswirtschaftsverwaltung bereits die Eckpunkte ihres neuen Betreibermodells vorgestellt. Eine Bewertung wolle die Verwaltung noch nicht vornehmen, sagte deren Sprecher Sven Siebert, dazu müsse zunächst ein detailliertes, konkretes Konzept vorgelegt werden. Damit werde man sich dann ernsthaft auseinandersetzen, sagte Siebert zu. Er betonte, die Großmarkt GmbH sei nicht darauf ausgerichtet, Einnahmen zu erzielen, sondern die Infrastruktur für die Großhändler bereitzustellen. Der für alle Einzelhändler diskriminierungsfreie Zugang zum Großmarkt müsse gewährleistet bleiben.

Die Genossenschaftsidee der IG würde bedeuten, dass sich die Großmarkt GmbH aus dem operativen Geschäft an der Beusselstraße zurückziehen müsste. Dazu ist deren Geschäftsführer Peter Stäblein aber nicht bereit. Seit mehr als 50 Jahren sei die landeseigene GmbH der Vermieter auf dem Großmarktgelände. Laufende Verträge würden teilweise über das Jahr 2040 hinaus laufen, er erwarte, dass sie erfüllt werden, sagte Stäblein der Morgenpost. Der Geschäftsführer sieht keine Veranlassung, an den jetzigen Strukturen etwas zu ändern, die direkte Kontrolle des Landes über das Areal sei wichtig. Eine Verpachtung des Geländes schloss er ebenso aus wie einen Verkauf. Ihm seien zudem die Investitionsvorhaben seiner Mieter nicht bekannt. Auch Stäblein erklärte, die Fleischgroßhalle sei sanierungsbedürftig. 2019 solle eine neue Halle fertiggestellt sein, allen Händlern sei angeboten worden, dorthin umzuziehen.

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