Der Streit um das geplante „Körperwelten“-Museum des Plastinators Gunther von Hagens unter dem Fernsehturm wird vor Gericht entschieden. Das Bezirksamt Mitte hatte Ende September unter Verweis auf das Bestattungsgesetz die Dauerausstellung verboten, in der konservierte Leichen und plastinierte menschliche Körperteile gezeigt werden sollen. Das Argument: Nach dem Gesetz müssen Leichen beerdigt werden. Die Initiatoren des „Körperwelten“-Museums stehen dagegen auf dem Standpunkt, dass für die Dauerausstellung keine Ausnahmegenehmigung vom Bezirk benötigt wird. Sie haben gegen das Verbot geklagt.
Dennoch stellen der Wissenschaftler Gunther von Hagens und die Kuratorin Angelina Whalley eine Eröffnung des „Menschen Museums“, wie es jetzt genannt wird, nicht infrage. Allerdings soll es nun erst im Januar eröffnet werden. „Aus Respekt vor dem Gericht haben wir uns dazu entschlossen, die mündliche Verhandlung gegen das Gesundheitsamt Mitte am 16. Dezember abzuwarten und unser ‚Menschen Museum‘ erst danach zu eröffnen“, sagt Angelina Whalley, die die „Körperwelten“-Ausstellung seit Jahrzehnten begleitet.
Rechtliche Klarheit schaffen
Damit die Eröffnung nicht mitten in die Feiertage fällt, werde das Museum im Laufe des Januars an den Start gehen. In dem Streit vor Gericht gehe es darum, „rechtliche Klarheit zu erlangen“ und so den Weg für eine störungsfreie Eröffnung zu ebnen, teilte die Kuratorin und Ehefrau des Plastinators mit. Whalley verwies unter anderem auf frühere temporäre „Körperwelten“-Ausstellungen in Berlin, die ohne bestattungsrechtliche Genehmigung stattfanden. Das Argument lässt Christian Hanke (SPD), Bezirksbürgermeister von Mitte, jedoch nicht gelten. Er hatte die Schau verboten und gerade erst den Widerspruch der Kuratorin abgewiesen. Der Politiker beruft sich dabei weiterhin auf das Bestattungsgesetz. „Das Museum ist nicht genehmigungsfähig, weil Leichenteile dargestellt werden“, sagte Hanke am Montag. Auch könnten sich die Initiatoren nicht auf die Freiheit der Wissenschaft berufen.
Der Fakt, dass es bereits temporäre Ausstellungen der Plastinate gegeben habe, sei nicht vergleichbar mit dem vorliegenden Fall. „Wir prüfen, ob es eine permanente Ausstellung geben kann“, so Hanke. Dabei müsse er sich „richtig Zeit für eine fundierte rechtliche Prüfung“ nehmen. Zudem seien die Bestattungsgesetze Ländersache. Auch das sei ein möglicher Grund, warum die Schau in anderen Fällen hätte stattfinden können. Christian Hanke sieht sich im Recht: „Wir sind sehr zuversichtlich, dass unsere Argumente auch vor Gericht Bestand haben.“
Im Verfahren vor Gericht soll geprüft werden, ob die dauerhafte Ausstellung von Körperplastinaten auf dem Grundstück an der Panoramastraße einer behördlichen Genehmigung gemäß dem Berliner Bestattungsgesetz oder dem Berliner Sektionsgesetz bedarf, oder nicht. „Unsere in den Jahren 2001, 2009 und 2011 in Berlin gezeigten ‚Körperwelten‘-Ausstellungen mussten bislang nie bestattungsrechtlich genehmigt werden“, sagt Angelina Whalley. Und auch die Dauerausstellung des medizinhistorischen Museums der Charité in Mitte habe keine bestattungsrechtliche Genehmigung, obwohl dort Körper und Körperteile gezeigt würden.
Umbauten laufen bereits
Mittlerweile laufen die Umbauten in den zukünftigen Ausstellungsräumen nach Angaben von Whalley auf Hochtouren. Deshalb wollten die Ausstellungsmacher jetzt rechtliche Klarheit haben. „Gern hätten wir über Themen des Jugendschutzes oder auch über die Ausstellung einzelner Exponate diskutiert“, sagt die Kuratorin. Doch den Museumsgegnern im Bezirk Mitte gehe es offenbar nicht um eine inhaltliche Auseinandersetzung, sondern um Verbote. Sie sei ebenso wie Gunther von Hagens nach wie vor gesprächsbereit und lade die Ausstellungsgegner zum offenen Dialog ein.
Die in dem „Körperwelten“-Museum gezeigten Plastinate stammen aus dem Körperspenden-Programm des Instituts für Plastination in Heidelberg. Dort sind mittlerweile 14.000 Spender registriert. 1977 hat Gunther von Hagens das Konservierungsverfahren der Plastination an der Universität Heidelberg erfunden und seitdem kontinuierlich weiterentwickelt. Die Grundlage ist der Austausch von Körperflüssigkeiten und -fett gegen einen Kunststoff. Für die Plastination eines menschlichen Körpers sind etwa 1500 Arbeitsstunden erforderlich. Plastinate werden aufgrund ihrer Realitätsnähe heute vor allem in der medizinischen Ausbildung an vielen Universitäten eingesetzt.