Berlin. Auf einem Sicherheitsgipfel haben sich der Senat und die Bezirke auf ein Vorgehen gegen Drogenkriminalität und Gewalt verständigt.

Nach jahrelangem Streit zwischen Senat und Bezirk über das geeignete Vorgehen gegen Drogenkriminalität und Gewalt im Görlitzer Park haben sich Vertreter beider Ebenen am Freitag auf ein längerfristiges gemeinsames Vorgehen verständigt. Angebote der Drogenhilfe und der Sozialarbeit sollen an der Kreuzberger Grünanlage ebenso ausgeweitet werden wie am Leopoldplatz in Wedding, wo sich eine aggressive Crack-Szene ausgedehnt hat.

Konkrete finanzielle Zusagen hat der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) jedoch nicht gegeben und auf die laufenden Haushaltsberatungen im Abgeordnetenhaus verwiesen. „Wir wollen Angsträume in der Stadt abschaffen", sagte Wegner. Dazu habe man sich "untergehakt".

Die Zugänge zum Görlitzer Park sollen mit Toren ausgestattet werden, die zeitweise abgeschlossen werden können. Der Park werde "in kriminaltechnisch erforderlichem Umfang umfriedet und temporäre Schließungen werden ermöglicht".

Görlitzer Park: Grüne Bürgermeisterinnen sehen Umzäunung kritisch

Unklar blieb aber in der Beratung, was genau damit gemeint sein könnte. Im Senat ist man der Ansicht, der Begriff bedeute, dass eine nächtliche Schließung so lange anhalten sollte, bis sich die Lage beruhigt habe. Die Bezirke sind der Ansicht, zeitweise bedeute, dass man den „Görli“ nur bei akuten Sicherheitsproblemen schließen solle. Der Park solle „umfriedet“ werden, hieß es dazu im gemeinsamen Papier, das vor dem Treffen kursierte und auf dass sich die Teilnehmer des Sicherheitsgipfels beim Regierenden Bürgermeister angeblich verständigt hatten.

Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg: Clara Herrmann (Grüne)
Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg: Clara Herrmann (Grüne) © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Die grünen Bezirksbürgermeisterinnen Clara Herrmann (Friedrichshain-Kreuzberg) und Stefanie Remlinger (Mitte) sehen die Umzäunung des „Görli“ und eine dauerhafte Schließung nach wie vor kritisch, obwohl sie dadurch eine Verdrängung der Drogenszene in die umliegenden Wohnstraßen befürchten.

Die Bürgermeisterinnen waren gleichwohl nicht unzufrieden, weil sie die Runde auf weitreichenden Ausbau sozialer Angebote verständigt habe. „Ich bin froh, dass wir so viele Dinge vereinbaren konnten und hoffe, dass das jetzt auch so kommt“, sagte Remlinger der Morgenpost. Es sei gelungen, das Soziale in den Vordergrund zu rücken, sagte ihre Friedrichshain-Kreuzberger Kollegin Clara Herrmann.

Mittes Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger (Bündnis 90/Die Grünen)
Mittes Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger (Bündnis 90/Die Grünen) © FUNKE Foto Services | Maurizio Gambarini

Polizeipräsenz am Görlitzer Park und am Leopoldplatz wird erhöht

Beide haben von Wegner und Innensenatorin Iris Spranger (SPD) aber die Zusage erhalten, dass ihre Rufe nach mehr Sozialarbeit und einem Umbau des Parkes erhört werden. Vor allem soll die Strategie langfristig angegangen werden. Es soll ein „ressortübergreifendes Lenkungsgremium“ eingerichtet werden, um „eine gesamtstädtische Strategie zur Stärkung der Sicherheit und Sauberkeit in Parks sowie an öffentlichen Orten und zur Verhinderung von Sucht und Obdachlosigkeit zu entwickeln“, heißt es in dem Maßnahmepapier.

Beschlossen wurde ein Mix aus mehr polizeilicher Repression und mehr Hilfen für Süchtige und Obdachlose. Polizeipräsidentin Barbara Slowik sagte zu, die Präsenz ihrer Beamten am Görlitzer Park und am Leopoldplatz sowie den umliegenden Stadtteilen weiter zu erhöhen. Hauseigentümer sollen Beratung bekommen, wie sie ihre Hauseingänge besser sichern können. Zeitweise soll ein mobiler Videowagen die kritischen Zone im Park und am „Leo“ überwachen. Polizeipräsidentin Barbara Slovik berichtete von stark gestiegen Einbruchzahlen im Umfeld des Leopoldplatzes, wobei sie dem Vernehmen nach nicht zusagen wollte, die Polizeipräsenz dort noch einmal deutlich auszuweiten.

Laut Gangway-Streetworker Juri Shaffranek ist der Görlitzer Park ein Schmelztiegel, an dem verschiedenste Menschen zusammenkommen. Der Park sei deutlich mehr als ein Drogen- und Gewaltschwerpunkt.
Laut Gangway-Streetworker Juri Shaffranek ist der Görlitzer Park ein Schmelztiegel, an dem verschiedenste Menschen zusammenkommen. Der Park sei deutlich mehr als ein Drogen- und Gewaltschwerpunkt. © funke foto service | Reot klar

Weil es nicht nur um den Görlitzer Park und den Leopoldplatz geht, sollen auch in den U-Bahnen verstärkt Streifen unterwegs sein. Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos, für CDU) soll dafür sorgen, dass den einzelnen Kriminalitätsschwerpunkten Staatsanwälte zugeordnet werden, um die lokalen Probleme aus einer Hand bearbeiten zu können.

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Senat und Bezirk wollen Unterkünfte für suchtkranke Obdachlose schaffen

Umfangreicher als die Liste mit den klassischen Sicherheitsmaßnahmen ist die der angestrebten Hilfsangebote und der baulichen Eingriffe. Mehr und länger geöffnete und auch mobile Drogenkonsumräume sollen die Süchtigen von den Straßen locken. Mehr Sozialarbeiter sollen sich um Suchtkranke kümmern und Anwohner unterstützen. Im Görlitzer Park und am Leopoldplatz sollen öffentlicheToiletten mit Personal besetzt werden. Der Einsatz von Parkläufern als Ansprechpartner und „Kiezhausmeistern“, die kleinere Reparaturen rasch erledigen, soll dauerhaft und ausgeweitet erfolgen.

Die Polizei kontrollierte den Görlitzer Park in Berlin Kreuzberg.
Die Polizei kontrollierte den Görlitzer Park in Berlin Kreuzberg. © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Zudem wollen Senat und Bezirke Unterkünfte für obdachlose Suchtkranke schaffen, wo der Konsum von Drogen nicht von vorneherein verboten werden soll. Die Angebote, Drogen durch Medikamente zu substituieren, wird verstärkt, um den Ausstieg aus dem Drogen-Teufelskreis zu erleichtern. Zudem sollen die beiden Orte belebt werden. Am Leopoldplatz soll mehr Kultur stattfinden, am „GörlI“ ist an mehr Sportmöglichkeiten und Gastronomie gedacht.

Auch der Umbau des in den 1980-er Jahren zum Park gewordenen ehemaligen Kreuzberger Bahnhofsgeländes ist vorgesehen. Büsche und Sträucher sollen zurückgeschnitten werden, um es den Dealern zu erschweren, ihre Drogen-Bunker zu verstecken. An beiden Orten sollen Spritzenbehälter die Sauberkeit verbessern, mehr Licht soll den Dealern ihr Treiben erschweren. Teile des Görli sollen saniert und umgebaut werden, gleiches ist auch am Leopoldplatz geplant. Obwohl der Platz rechtlich eine Grünanlage ist, hat das Land dem Bezirk gestattet, dafür vorhandenes Geld für den Tiefbau einzusetzen.

Die wichtigsten Fakten zum Görlitzer Park

  • Der Görlitzer Park, auch bekannt als "Görli", ist ein beliebter Stadtpark im Berliner Bezirk Kreuzberg
  • Der Park erstreckt sich über eine Fläche von etwa 14 Hektar und bietet vielfältige Erholungsmöglichkeiten
  • Bekannt ist der Görlitzer Park auch für seine alternative Kulturszene, Street-Art-Graffiti und gelegentliche Veranstaltungen
  • In den vergangenen Jahren war der Görlitzer Park aufgrund von Drogenhandel und -konsum in den Schlagzeilen
  • Zuletzt löste eine Gruppenvergewaltigung im Görlitzer Park eine Diskussion über die Sicherheit in Berliner Grünanlagen aus