Die Flüchtlinge vom Oranienplatz haben ein Angebot von Senator Czaja für eine neue Unterkunft angenommen. Doch der Umzug wird zum Wettlauf gegen den Winter - und die Verwaltung.

Die Flüchtlinge vom Kreuzberger Oranienplatz werden in ein ehemaliges Hostel in Friedrichshain ziehen. Das bestätigte am Donnerstag die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann (Grüne), der Berliner Morgenpost. Die Flüchtlinge seien bereit, ein Angebot von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) anzunehmen, der Beschluss sei in einem Plenum gefallen.

Czaja hatte das Gebäude vor drei Wochen ins Gespräch gebracht, ein privater Eigentümer hatte es seiner Verwaltung für die Unterbringung von Obdachlosen angeboten. Voraussichtlich in zwei Wochen könne der Umzug stattfinden, sagte Herrmann. Damit ist eine Lösung für die rund 60 Lampedusa-Flüchtlinge gefunden, die seit einem knappen Jahr in Zelten auf dem Oranienplatz campieren. Die Senatssozialverwaltung und der Bezirk wollten verhindern, dass sie dort noch einen weiteren Winter verbringen.

Die Bezirksbürgermeisterin hätte eine andere Unterkunft bevorzugt: das ehemalige Gästehaus der Schreberjugend an der Franz-Künstler-Straße in Kreuzberg. Zum einen, weil es näher am Oranienplatz liegt, wo die Flüchtlinge auch künftig in einem „Info-Zelt“ für ihre politischen Ziele protestieren wollen, zum anderen, weil dort die Kirche die Trägerschaft der Unterkunft hätte übernehmen können. Das wäre die preiswertere Lösung gewesen. Am Dienstag hatten Herrmann und Vertreter des für die Unterbringung von Flüchtlingen zuständigen Landesamtes für Gesundheit und Soziales (Lageso) das Gästehaus besichtigt. Ergebnis: Die Gebäude können in diesem Zustand nicht bezogen werden.

Wunschquartier nicht aufgegeben

„Die fehlende Heizung, nicht ausreichender Brandschutz, undichte Stellen im Dach sowie Technik und Anschlüsse, die gegebenenfalls erneuert werden müssten, machen eine kurzfristige Inbetriebnahme unmöglich“, räumte Herrmann nach der Besichtigung ein. Das Lageso prüft aber, ob der Komplex nach einer Reparatur als Asylbewerberheim genutzt werden könnte. Dabei geht es nicht nur um die Frage der Kosten, sondern auch um den notwendigen Zeitrahmen. Am Freitag soll es dazu eine Erklärung der Behörde geben. Monika Herrmann hofft nun, dass die Flüchtlinge vom Oranienplatz im Laufe des Winters in die Franz-Künstler-Straße umziehen können. Lageso-Chef Franz Allert sei einverstanden, einen Teil der Plätze dort für die 60 Betroffenen zu reservieren. Doch zunächst muss der Umzug nach Friedrichshain erfolgen – nach Morgenpost-Informationen befindet sich das ehemalige Hostel an der Gürtelstraße.

Auch hier gibt es noch Probleme, die für Verzögerungen gesorgt haben. Damit der vorgesehene Träger aus der Obdachlosenhilfe das Haus betreiben kann, seien zwei Zusagen des Bezirksamtes notwendig, erläuterte Herrmann. Ob diese vorliegen und ob der Träger seinerseits alle notwendigen Unterlagen eingereicht hat, darüber gab es am Donnerstag unterschiedliche Darstellungen von Senat und Bezirk. Unstrittig ist, dass in dem Haus Obdachlose untergebracht werden, wenn die Flüchtlinge ausgezogen sind. Der Bedarf an Plätzen sei vorhanden, ebenso die Finanzierung, sagte die Bezirksbürgermeisterin.

Senat stellt 136.000 Euro für Unterbringung bereit

Für die Unterbringung der Flüchtlinge vom Oranienplatz hat die Senatsfinanzverwaltung aus dem Etat für Kältehilfe 136.000 Euro bereitgestellt. Damit haben die 60 Menschen bis Ende März ein Dach über dem Kopf. Allerdings reicht diese Summe nicht für ihre Betreuung am Tage, die Kältehilfe sichert nur die Finanzierung von Nachtquartieren. Sozialstaatssekretär Dirk Gerstle (CDU) habe ihr zugesagt, sich für eine Lösung einzusetzen, sagte Monika Herrmann. Der Bezirk benötige die Unterstützung der Senatsverwaltung. Aus diesem Grund favorisiert die Grünen-Politikerin auch eine Unterkunft in Trägerschaft der Diakonie. Die Kirche könne auch Ehrenamtliche einsetzen und daher Flüchtlinge zu anderen Tagessätzen betreuen als andere Träger. Die Lösung im Rahmen der Kältehilfe will Senator Czaja als humanitären Akt verstanden wissen. Der größte Teil der Betroffenen hat keinen Anspruch auf Asyl in Deutschland.

Die Flüchtlinge wollen ihr Leben in der neuen Unterkunft genau regeln, so die Bezirksbürgermeisterin. Von Montag an sollen in Arbeitsgruppen mit dem Bezirk die Organisation des Umzugs und Regeln für das Zusammenleben entwickelt werden. Das Zelt am Oranienplatz für politische Demonstrationen auch in Zukunft nutzen zu können, hat das Bezirksamt den Flüchtlingen zugesichert.

Auch für die 25 Flüchtlinge, die auf dem Pariser Platz in einen Hungerstreik getreten waren, wurde eine Bleibe gefunden. Vorübergehend sind sie in der Heilig-Kreuz-Gemeinde untergebracht. Die neuen Wohnungen in einer Immobilie der Aachener Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft könnten sofort bezogen werden, sagte die Caritas.