Kiezparty

300.000 Menschen beim Bergmannstraßen-Fest

| Lesedauer: 3 Minuten
Tanja Laninger

Foto: Christian Hahn

Drei Tage lang wurde in der Kreuzberger Bergmannstraße gefeiert. Zehntausende kamen jeden Tag, aßen, tranken, kauften und hatten, danach sah es doch sehr aus, viel Spaß.

Mitte auf der Kreuzung stehen sie und spielen Swing, umjubelt vom Publikum – die „61 Paraders“, fünf Männer im besten Alter mit Saxofon und Suzaphone, unterstützt von Gastspieler Lothar Brendel am Banjo. Sie gehören zu den 50 Bands, die seit Freitag auf dem Bergmannstraßenfestes aufgetreten sind, und swingen nicht etwa auf einer der drei Bühnen, sondern mittendrin, auf der gesperrten Straße. „Für den Kreuzberger Kiez hier rund um die Bergmannstraße hatte die Post früher die Leitzahl 61 reserviert – deshalb haben wir die Ziffer im Band-Namen“, sagt Bandleader Wolfgang Rügner.

300.000 bis 350.000 Besucher hat Veranstalterin Ingrid Schenck vom Verein Kiez und Kultur in den vergangenen drei Tagen zwischen 180 Ständen gezählt. Anwohnerin Lena, gerade noch elf Jahre alt, ist begeistert. „Ich finde das Fest schön, weil ich hier so viele Freunden und Bekannte aus meiner Schule treffen kann. Wir sind die ganzen Tage hier.“ Lena steht mit ihrer Mutter an einem Stand vor dem Geschäft SaftSchubser und probiert rote Clogs an – ihre Mutter trägt bereits ein paar grüne. Verkäuferin Ellebie O’Leary sagt: „Die Stimmung ist super, die Leute lachen viel. Zum Verkaufen ist dieses Wetter – bewölkt, aber gut – ideal. Wäre es heißer, würden die Leute nicht so viele Sachen anprobieren wollen, sondern sich lieber hinsetzen und trinken.“

Auch Katharina Wettach freut sich über die ausgesprochen gute Resonanz. Die 37-Jährige näht Hosen und Röcke selbst und verkauft ihre Ware im Geschäft BabaLuna an der Marienburger Straße 21 in Prenzlauer Berg sowie auf verschiedenen Berliner Straßenfesten und -märkten. „Ich stehe schon das vierte Mal auf dem Fest an der Bergmannstraße und finde es diesmal besonders friedlich.“ Das liege auch daran, dass sie ihre Ware nachts im Spielwarenladen einer Bekannten einlagern könne. „Dadurch sparen wir uns das Abräumen in der Zeit vor Mitternacht, in der oft fast nur noch Betrunkene unterwegs sind und bei manchem Händler die Nerven schon bloß liegen.“

Die kunsthandwerklichen Stände machen ungefähr die Hälfte des Angebots auf dem Fest aus. Wer wollte, konnte sich außerdem mit indischen, mexikanischen und asiatischen Gerichten versorgen – oder einen Abstecher an den Chamissoplatz machen. Von den Restaurants h.h.müller über E.T.A. Hoffmann, Riehmers, Noi Quattro oder Hof zwei, Hartmanns und Neue Gastronomie Zollhaus GmbH – sieben renommierte Kreuzberger Köche sorgten in einem weißen Zelt für gehobene Küche und bereiteten für relativ kleines Geld Catalanische Crème mit Blaubeeren in Cassissauce zu, Iberico Schweinerücken mit Bohnencassoulet oder Kreolischen Hähnchenspieß mit Xocopili.

Sebastian Theiss vom Restaurant Hof zwei im Möwenpick Hotel Berlin richtet das hausgebeizte Kalbsfilet auf asiatischem Gemüsesalat mit Yuzu an. Yuzu sind Zitrusfrüchte, die gleichzeitig nach Orange, Zitrone und Limette schmecken. „Hier hilft einer dem anderen, wir können ganz unbelastet kochen und alle haben gute Laune. Die Stimmung ist toll.“ Zu schmecken scheint es auch: Von seinen eingekauften 80 Kilo Kalbsfilet waren gestern Nachmittag nur noch fünf übrig.