Schmargendorf

Reemtsma-Areal: Gewerbebau startet im Januar 2021

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Lea Verstl
Der Umbau des Reemtsma-Areals ist ein Projekt der Superlative.

Der Umbau des Reemtsma-Areals ist ein Projekt der Superlative.

Foto: Sergej Glanze / FUNKE Foto Services

10.000 Arbeitsplätze und Gebäude, die sich selbst mit Energie versorgen: Der Gewerbebau in Schmargendorf nimmt nun Gestalt an.

Berlin. Fläche für 10.000 Arbeitsplätze, ein Bauernhof auf dem Dach und Gebäude, die sich selbst mit Energie versorgen: Der Umbau des Reemtsma-Areals in Schmargendorf ist ein modernes Projekt der Superlative. Nun hat das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf zwei von insgesamt drei Baugenehmigungen für das Gewerbegebiet erteilt. Ab Januar kann mit dem Bau der insgesamt 13 Gebäudekomplexe auf dem Areal der ehemaligen Zigarettenfabrik begonnen werden.

Wo sich 2027 erstmals Handwerksbetriebe, Hotels, Start-ups, Büros, Cafés, Labore und Läden ansiedeln sollen, fahren momentan noch Bagger durch Berge von abgetragenem Baumaterial. Denn die Abrissarbeiten an manchen der alten Fabrikgebäude laufen parallel zum Neubau weiter. So sieht man nahe dem Haupteingang des Areals an der Mecklenburgischen Straße noch einige Bestände der Fabrik. Die Außenfassade ist bereits abgerissen und gibt den Blick auf die Innenräume frei. Bauarbeiter montieren gerade die Türen ab und stapeln sie für die Entsorgung. „Eigentlich wollten wir den Bestand hier nutzen, aber der alte Beton ist nicht tragfähig“, sagt Stephan Allner, Geschäftsführer der Wohnkompanie, die das Gelände der Zigarettenfabrik 2014 gekauft hat und dort baut.

Reemtsma-Areal: Autoverkehr wird durch Untergeschosse geleitet

„Wir beginnen im Januar an der Seite der Forckenbeckstraße mit dem Bau der Untergeschosse“, sagt Allner. Für diesen nördlichen Teil wie auch für den mittleren Bereich des insgesamt 74.000 Quadratmeter großen Areals hat der Bezirk nun die Baugenehmigung ausgestellt. An der Forckenbeckstraße müssen zunächst tiefe Baugruben ausgehoben werden. Schließlich sollen alle Gebäudekomplexe mit drei Untergeschossen versehen werden. Dort wird dann der gesamte Auto- und Lieferverkehr für das Quartier durchgeleitet. Die Straßen auf dem Areal gehören somit Fußgängern und Radfahrern.

Nachdem die Gruben ausgehoben sind, können sie mit Betonwänden versehen werden. Erst nach Fertigstellung der Untergeschosse beginnt ab Januar 2022 der Bau in die Höhe. An der Forckenbeckstraße sind neben einem Haus, in dem sich Start-ups ansiedeln sollen, auch fünf- bis sechsgeschossige Gebäude geplant, die jeweils quadratische Innenhöfe haben. Diese seien nicht nur beliebte Aufenthaltsorte, sagt Allner, sie spendeten auch Schatten im Sommer und Wärme im Winter. Generell möchte die Wohnkompanie die Straßen, Plätze und Höfe so gestalten, dass sich jedermann dort wohlfühlt – auch nach dem Feierabend.

Filmschauspielschule Berlin probt in ehemaligem Büroturm

Inmitten des neuen Kreativquartiers plant Allner deswegen einen Stadtplatz mit Wochenmarkt, kleinen Läden, Restaurants und Cafés. Dieser Platz soll am Handwerkerhof entstehen, dem Kernstück des Bauvorhabens. Dort sollen Handwerksfirmen 18.000 Quadratmeter zu bezahlbaren Mietpreisen angeboten werden. Vor allem „innenstadtrelevante Betriebe“ sollen laut Allner dort einziehen, also zum Beispiel Tischler und Elektriker.

Ein Hotel mit Kongresszentren soll dazu beitragen, dass Besucher das Gelände auch am Abend erkunden. Künstler sind ebenfalls willkommen. So probt bereits die Filmschauspielschule Berlin im Erdgeschoss des ehemaligen Büroturms der Zigarettenfabrik. Während die Fabrik damals nach außen hermetisch abgeriegelt war, soll „Go West“, wie die Wohnkompanie ihr Bauvorhaben nennt, offen für alle sein.

Lüftungstechnik wirkt Corona-Ausbreitung entgegen

Schritt für Schritt möchte Allner das Reemtsma-Areal von der Forckenbeckstraße bis hin zur Mecklenburgischen Straße bebauen. Für den südlichen Teil an der Mecklenburgischen Straße fehlt momentan noch die Baugenehmigung. Das Bebauungsplanverfahren dafür läuft jedoch bereits. Allner rechnet damit, die dritte und letzte Genehmigung des Bezirksamts Ende 2021 zu bekommen.

Die Nachfrage nach den neu entstehenden Gewerbeflächen ist groß. „Auch die Corona-Pandemie ändert daran nichts“, betont Allner. Das liegt unter anderem daran, dass die Wohnkompanie auf eine Lüftungstechnik setzt, die der Ausbreitung des Virus entgegenwirkt. In den Räumen sollen Klimaanlagen kaum noch zum Einsatz kommen. Stattdessen soll es Möglichkeiten zur „intensiven Querlüftung“ geben, wie Allner sagt. Fenster sollen so eingebaut werden, dass stets gut gelüftet werden kann, ohne dass die Beschäftigten unter Durchzug leiden. Und auch Heizungen sollen in den Neubauten kaum notwendig sein. Die Wohnkompanie möchte mit speziellen Ziegeln bauen, die unter anderem aus vulkanischem Gestein bestehen. Dieses Gestein gibt Wärme ab, wenn es kalt wird, und Kühlung, wenn Wände sich aufheizen.

Auf den Dächern ist ein sechs Hektar großer Bauernhof geplant

Allerdings wurde dieses energetische Modell bislang nur in Simulationen erprobt. Für den Fall, dass die Gebäude sich doch nicht jederzeit selbst mit Energie versorgen können, wird laut Allner ein „Sekundärnetz“ eingebaut. Es besteht unter anderem aus Heizungen an den Decken der Räume.

Nicht nur die Energietechnik der Gebäude trägt zu ihrer Nachhaltigkeit bei. Auf den Dächern möchte die Wohnkompanie auch einen Bauernhof errichten, verbunden mit Treppen, die über die Straßenschluchten zum jeweiligen Nachbarhaus führen. „Die sechs Hektar auf den Dächern sollen als landwirtschaftlich hochproduktive Fläche genutzt werden“, sagt Allner. Ob sie für Passanten frei zugänglich ist, wisse er noch nicht. Zunächst müsse er Gespräche mit künftigen Besitzern führen, wie er sagt: „Es wäre ja schade, wenn die Felder zertrampelt werden würden.“