Charlottenburg-Wilmersdorf

Olivaer Platz: Nach langem Streit soll der Umbau starten

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Philipp Siebert
Der Siegerentwurf von 2011: So soll der Olivaer Platz nach dem Umbau aussehen.

Der Siegerentwurf von 2011: So soll der Olivaer Platz nach dem Umbau aussehen.

Foto: Rehwaldt Landschaftsarchitekten (Dresden)

Über die Gestalt des Olivaer Platzes haben sich die Bürger zerstritten. Nach zehn Jahren Streit soll sich nun endlich etwas ändern.

Berlin. „Der Olivaer Platz ist Geschichte“, sagt Raimund Fischer resigniert. Jahrelang kämpfte er als Sprecher der Bürgerinitiative „Olivaer Platz“ (BI) gegen den Umbau und hat verloren.

Im Februar 2018 schuf das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf Fakten und ließ die in den 60er-Jahren angelegte, knapp 13.000 Quadratmeter große Parkanlage unweit des Kurfürstendamms in weiten Teilen abtragen. Seitdem fristet sie ein trostloses Dasein hinter Bauzäunen. „Das verdirbt einem die Laune“, sagt Fischer.

In diesem Punkt ist er sich mit Monica Schümer-Strucksberg einig. Dass der Olivaer Platz seit mehr als einem Jahr unbenutzbar ist, nennt auch sie „dramatisch“. Mehr Gemeinsamkeiten gibt es aber nicht. Beide stehen sich scheinbar unversöhnlich gegenüber. Denn was Fischer unbedingt verhindern wollte, geht maßgeblich auf die Initiative der ehemaligen SPD-Politikerin und heutigen Vorsitzenden des Förderkreises „Neuer Olivaer Platz“ zurück: der Umbau.

Drogendealer auf dem Platz

„Es gab viele Bevölkerungsgruppen, die dort nicht hinkommen konnten oder wollten“, erklärt Schümer-Strucksberg. Die Anlage sei nicht barrierefrei gewesen, außerdem dunkel, verdreckt und ungepflegt. Hund wie Mensch hätten sich dort nur allzu oft erleichtert. Hinzu sei die Unsicherheit gekommen. „Der Platz war abgeschottet, es gab keine Sichtbezüge.“

Vor allem im Dunkeln hätten sich zwischen den verwinkelten Mauern an der Lietzenburger Straße Drogenhändler aufgehalten. Da der Platz von vielen Menschen gemieden worden sei, hätten anliegende Gewerbetreibende über Umsatzeinbußen geklagt. Aus ökologischen Gründen sollte außerdem der Parkplatz im Osten der Anlage weg. „Ein attraktiver Treffpunkt für alle Menschen“, so laut Schümer-Strucksberg war das Ziel das Umbaus.

Bebauungsplan wurde 2009 aufgestellt

Die Debatte um den Olivaer Platz sucht ihresgleichen. Seit mittlerweile zehn Jahren wird gestritten. Bereits im Frühjahr 2009 beschloss die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) die Umgestaltung. Ein halbes Jahr später fasste das Bezirksamt den Aufstellungsbeschluss für Bebauungsplan 4-42, der den ganzen Platz als öffentliche Grünfläche festsetzen soll. Wie die aussehen sollte, stand nach einem Wettbewerb Ende 2011 fest.

Der Siegerentwurf des Büros Rehwaldt Landschaftsarchitekten aus Dresden sah vor, die Anlage mit Wiesen und großen Sichtachsen neu zu gestalten. Er bildet seitdem die Grundlage für die Planung. Ab 2012 standen aus dem Städtebauförderungsprogramm „Aktive Zentren“ insgesamt 2,5 Millionen Euro für die Umsetzung bereit.

Gebaut wurde aber nicht. Denn in Teilen der Anrainerschaft wuchs Widerstand wegen der 123 Parkplätze, die wegfallen sollten. Diese waren planungsrechtlich nach wie vor Verkehrs- und nicht Grünfläche.

Nur 48 positive Stimmen

Marc Schulte (SPD), der das Stadtentwicklungsressort nach der Wahl 2011 übernommen hatte, befürchtete, dass auf dieser Grundlage gerichtlich ein Baustopp erzwungen werden könnte. Also galt es zunächst das voranzutreiben, was bis heute nicht gelungen ist: Der Bebauungsplan sollte festgesetzt werden.

Mitte 2014 lag der Plan erstmals öffentlich aus. Bürger gaben insgesamt 856 Stellungnahmen ab. Lediglich 48 davon waren positiv. Der große Teil sprach sich hingegen für den Erhalt der Anlage aus. „Wir wollten den Platz in seiner Struktur, nicht in seiner Form erhalten“, sagt Fischer, dessen BI sich zu dieser Zeit gründete. Konkret meine das: sanft sanieren, barrierefrei umbauen und anschließend anständig pflegen.

Im Nachgang sammelte die BI rund 2200 Unterschriften und reichte Anfang 2015 einen Einwohnerantrag in die BVV ein. Darin wurde gefordert, Mauern, Beete und die Pergola zu erhalten und keine Bäume zu fällen. Auch der Parkplatz sollte vollständig bleiben. Kurz darauf trat ein Runder Tisch zusammen. Dort einigte man sich darauf, die Hälfte der Stellplätze zu erhalten, keine gesunden Bäume zu fällen und den Spielplatz zu vergrößern.

Der sollte im Norden an der Lietzenburger Straße neu entstehen. Die Stauden sollten eingelagert und nach dem Umbau wieder eingepflanzt werden. Mit einzelnen Mauern und einer Pergola sollten auf dem neuen Platz Reminiszenzen an den alten geschaffen werden.

Zweifel am Runden Tisch

Neben Vertretern aller BVV-Fraktionen, aus Verwaltung und Bezirksamt, der Polizei, des Behindertenverbands, der AG City, IHK, BUND und des Kinder- und Jugendparlaments waren auch der Förderkreis und die BI mit jeweils drei Personen vertreten. „Wir waren Teil eines demokratischen Prozesses, haben Ziele formuliert und einen Kompromiss geschlossen“, sagt Schümer-Strucksberg heute. Diesen gelte es nun zu tragen.

Fischer hingegen will von einem Kompromiss nichts wissen und nennt den Runden Tisch eine „Farce“. Er sei von der SPD gesteuert und zu 85 Prozent mit Umbaubefürwortern besetzt worden. Die BI hielt weiter an der Forderungen des Einwohnerantrags fest, der aber von der BVV nach dem Runden Tisch als erledigt betrachtet und abgelehnt wurde.

Die Ergebnisse des Runden Tisches flossen in den überarbeiteten Bebauungsplan ein, der im Sommer 2016 erneut öffentlich auslag. Diesmal zählte Baustadtrat Schulte 549 Stellungnahmen, davon 220 positiv und 315 negativ. Allerdings stoppte der Senat das Verfahren. Inwieweit die Lärmeinwirkung auf dem vorgesehenen Spielplatz zulässige Grenzwerte überschreitet, sei nicht ausreichend abgewogen worden, so die Begründung.

Bebauungsplan soll nun festgesetzt werden

Daher ließ Oliver Schruoffeneger (Grüne), der das Stadtentwicklungsamt nach der Wahl im Herbst 2016 von Schulte übernahm, zunächst ein Lärmschutzgutachten anfertigen. Das kam im Herbst 2017 zu dem Ergebnis, dass der Spielplatz wie geplant gebaut werden könne.

Nachdem der Bebauungsplan im vergangenen Sommer das dritte Mal öffentlich auslag, zählte das Bezirksamt zwar nur 160 Stellungnahmen – erneut aber überwiegend negative. Keine davon sei aber planungsrechtlich relevant, heißt es. „Das ist die Arroganz der Macht“, klagt Fischer und verweist auf eine Onlinepetition seiner Bürgerinitiative. Darin sprachen sich 5000 Menschen gegen den Umbau aus.

„Es gab eine Beteiligung und das ist der Beschluss der demokratisch gewählten Vertreter“, hält Schümer-Strucksberg dagegen und verweist auf unzählige Planungswerkstätten, Informationsveranstaltungen, Einwohnerversammlungen und öffentliche Diskussionen im bezirklichen Bauausschuss. Dort war der Bebauungsplan am vergangenen Mittwoch wohl das letzte Mal Thema. Am 21. März wollen ihn SPD, Grüne und Linke in der BVV endgültig beschließen.

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( BM )