Berlin. Viele Berliner Hauseigentümer wollen weg von Gas und Öl. Wie ein Energieberater dabei helfen kann.
Als Dolores Malter das von den Eltern erbaute Haus an der Wendenschloßstraße in Köpenick erbt, ist ihr und ihrem Mann Erich Zastrow sofort klar, dass es mit Schönheitsreparaturen nicht getan sein wird. „Das Haus ist Baujahr 1975, meine Mutter hat im Jahr 48.000 Kilowattstunden verbraucht, um das Haus zu heizen“, berichtet die 71-Jährige. Das Dach ist nicht gedämmt, die Fenster sind nur einfachverglast, die Gasheizung stammt aus den frühen 1990er-Jahren. So entschließen sich die beiden zum umfassenden Umbau und investierten viel Geld auch in die energetische Sanierung. Die ist zwar erst zehn Jahre her – doch das Ehepaar will bereits nachrüsten.
Sorge vor Heizungsgesetz und erneuter Gaskrise
„Wir haben uns bei der Sanierung viel Mühe gegeben, auch Umweltaspekte mitzudenken“, sagt Dolores Malter. Eigentlich seien sie mit dem jetzigen Zustand ganz zufrieden gewesen. Aber dann habe siedie Debatte um das sogenannte Heizungsgesetz und die Gaskrise im vergangenen Winter aufgeschreckt. Im Kern sieht das Gebäudeenergiegesetz (GEG) vor, dass künftig nur Heizungen neu eingebaut werden dürfen, die auf Dauer zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden können. Das Heizungsgesetz ist vom Bundesverfassungsgericht zwar erst einmal gestoppt worden. Es ist aber möglich, dass das Gesetz doch noch zum 1. Januar 2024 in Kraft tritt. „Wir wollen einfach Bescheid wissen, wie der Zustand unseres Hauses ist – und was wir noch machen müssen, damit es auch den Vorgaben des neue Gesetzes entspricht“, sagt die Rentnerin.

Die gemeinsame Aktion der Berliner Morgenpost und der Gasag, die fünf sogenannte Sanierungsfahrpläne verloste, sei deshalb gerade zur rechten Zeit gekommen: „Wir wollen einfach wissen, was technisch und finanziell für uns möglich ist – und was nicht“, sagt Erich Zastrow und seine Frau nickt. Nach einigen telefonischen Vorgesprächen ist es endlich ist es soweit: Bei Familie Malter in Köpenick schaut Gebäudeenergieberater Kai Plischkowsky vorbei.
Mehrgenerationenhaus am Ufer der Dahme
Das Haus mit der traumhaften Lage direkt an der Dahme hat die Familie 2013-2014 so umgebaut, dass ein Mehrgenerationenhaus entstanden ist. In der oberen Etage wohnen, zu erreichen über eine neu gebaute Außentreppe, die Eltern, im halb in den Hang gebauten Erdgeschoss hat sich Sohn Daniel (45) gemütlich eingerichtet.
„Die Gesamtwohnfläche beträgt 230 Quadratmeter, die Grundstücksfläche 978 Quadratmeter, die Wände bestehen aus 36 Zentimeter dicken Hohllochziegeln, die Fenster sind dreifachverglast, das Stahlblech-Satteldach mit 22,5 Zentimeter Neigung wurde mit einer zehn Zentimeter dicken Dämmung und einer zusätzlichen Dämmschicht aus sieben Zentimeter dicken Styroporschicht versehen, Fußbodenheizung und ein Kamin sowie eine Solarthermie-Anlage auf dem Dach zur Warmwasservorbereitung sind vorhanden“. Im Stakkato prasseln die Informationen beim Erstgespräch auf Kai Plischkowsky nieder. Der Energieberater kann nur staunen: „So gut und detailliert vorbereitet wie Frau Malter habe ich noch keine Hauseigentümer erlebt“, sagt er.
Fenstermaße spielen eine wichtige Rolle
Kai Plischkowsky trägt alle Daten in sein Buch ein und misst die Deckenhöhe mit einem Lasermessgerät. Das hätte er sich sparen können, denn er kommt auf das gleiche Ergebnis wie Frau Malter, die auch diese Angaben aus dem Kopf nennen kann: „Bei uns 2,60 Meter, bei Daniel 2,35 Meter“, sagt sie. Und fügt noch hinzu: Fensterfläche insgesamt: 47 Quadratmeter, verteilt auf neun Fenster unten und zehn Fenster bei uns“, sagt sie.
Aber hier will es der Energieberater genauer wissen: Er benötigt die Größe jedes einzelnen Fensters. Kein Problem für Frau Malter: Kurz in die Unterlagenmappe geschaut und eine Liste mit dem Verzeichnis aller Fenster samt ihrer Maße ist gefunden.

Auch die Gasbrennwerttherme sei vor zehn Jahren neu eingebaut worden, ergänzt Erich Zastrow. Durch alle diese Maßnahmen sei es gelungen, dem Heizenergiebedarf von 48.000 auf 20.000 Kilowattstunden (kWh) zu senken – „und dass, obwohl meine Schwiegermutter hier zuletzt allein gelebt hat und wir zu dritt auf der gleichen Fläche wohnen“.
Im Sommer sorgt die Sonne für warmes Wasser
Stolz ist Erich Zastrow auf die Solarthermie-Anlage auf dem Dach. Im Sommer klappe die Warmwasserversorgung dadurch wunderbar: „ So viel Warmwasser können wir drei gar nicht verbrauchen.“ Zudem gebe der Kamin im Wohnzimmer auch noch Abwärme an den 900 Liter Wasserspeicher ab, der sich im Heizungsraum im Erdgeschoss befinde.
Den Heizungsraum will sich der Energieberater jetzt einmal genauer anschauen. Die Gasbrennwerttherme ist erst knapp zehn Jahre alt. „Das rauszureißen und beispielsweise durch eine Wärmepumpe zu ersetzen, macht vermutlich wenig Sinn“, schätzt er. Zwar würde sich für dieses Haus eine Luft-Wärmepumpe „perfekt anbieten, auch wenn es nicht gedämmt ist“, so sein vorläufiges Urteil. Allerdings sei dies vermutlich trotz der angekündigten Fördermaßnahmen keine sehr wirtschaftliche Lösung. „Aber ich werde das durchrechnen und alle Varianten prüfen“, sagt Plischkowsky.
Geothermie im Wasserschutzgebiet
Nun geht es vom Keller in den Garten. Der ist groß und würde somit auch Potenzial für die Nutzung von Geothermie bieten. „Aber wir sind hier im Wasserschutzgebiet, vermutlich sind die dafür erforderlichen Tiefenbohrungen nicht zulässig“, sagt der Energieberater. Aber auch das werde er natürlich prüfen.
Als nächstes geht der Blick nach oben. Kai Plischkowsky schaut, ob zusätzlich zur Solarthermie eine Photovoltaikanlage auf dem Dach zur Stromgewinnung möglich ist. Doch auch hier ist der Experte nicht restlos überzeugt: Die Ausrichtung des Daches ist nicht optimal, zudem verschattet die unmittelbar angrenzende Mauer eines benachbarten, hoch aufragenden Bootshauses das Grundstück.
Nach knapp zwei Stunden ist der Termin beendet. In den kommenden Tagen will sich der Energieberater genau anschauen, welche Maßnahmen zur energetischen Sanierung technisch machbar, ökonomisch sinnvoll und gesetzlich angezeigt sind. Zudem will er auch prüfen, welche Förderungen für die Malters in Frage kommen, wenn sie sich etwa zum Einbau einer Wärmepumpe entschließen. Dann wird er wieder an die Wendenschloßstraße kommen, um mit der Familie die nächsten Schritte zu besprechen.