Verkehrspolitik

A100: Radfahrer demonstrieren gegen Weiterbau

| Lesedauer: 5 Minuten
Sibylle Haberstumpf
Der Streit um die A100-Verlängerung in Berlin

Der Streit um die A100-Verlängerung in Berlin

Der Streit geht in die nächste Runde. Diesmal geht es um den 17. Bauabschnitt der A100.

Beschreibung anzeigen

Klimaaktivisten schimpften bei Fahrraddemonstration über die wahrscheinlich künftige schwarz-rote Regierungskoalition und Kai Wegner.

Berlin. Eiskalter Wind und Schnee haben am Sonntag in Berlin wahrlich nicht für gutes Radfahrwetter gesorgt, doch zur Demonstration gegen den Weiterbau der Autobahn 100 in den Osten der Stadt setzten sich trotzdem einige Hundert Menschen in Bewegung. Mit dem Fahrrad über die Autobahn – als Protest gegen die Autobahn: Rund 350 Teilnehmer waren von den Organisatoren angemeldet worden, am Ende wurde die Gruppe von der Polizei auf rund 300 geschätzt.

Zur Demonstration „A100 stoppen“ hatten verschiedene Umweltorganisationen aufgerufen. An der Sonnenallee, Treffpunkt Hatun-Sürücü-Brücke, versammelten sich die Demonstranten am Nachmittag, weiter ging es von dort teilweise über die gesperrte Stadtautobahn bis zur Herrmann-Ganswindt-Brücke am Südkreuz. Der Protestzug bewegte sich, begleitet von einer zehnköpfigen Fahrradstaffel der Polizei, durch Neukölln und Kreuzberg Richtung Bahnhof Südkreuz. Es kam im Autoverkehr zu zeitweiligen Staus rund um die Strecke.

Die Verlängerung der Stadtautobahn A100 war den Anwesenden, darunter Mitglieder vieler Umwelt-, Klimaschutz- und Verkehrswende-Initiativen, ein Dorn im Auge. Auch Unterstützer des Volksentscheides „Berlin 2030 Klimaneutral“, der am 26. März ansteht, waren dabei – und wollten noch möglichst viele Menschen motivieren und überzeugen, an der Abstimmung teilzunehmen. „Wir brauchen 613.000 Ja-Stimmen“, sagte Adolf Wiedemann von den Initiatoren des Volksentscheides. „Wenn wir das schaffen, schreiben wir in Berlin Geschichte.“

Auch interessant: Das sind die gefährlichsten Straßen Berlins

A100: Kritik auch an der Regierenden Bürgermeisterin Giffey

Geschimpft wurde vor allem gegen den wahrscheinlich künftigen Regierenden Bürgermeister und Wahlsieger Kai Wegner von der CDU. Der Klimaaktivist Tadzio Müller kritisierte die „Klimakillerautobahn“ A100 und ließ an seiner Meinung über eine künftige Berlin-Regierung unter Wegner keinen Zweifel: „Die neue schwarz-rote Dreckskoalition kann man abschreiben“, so Müllers unfreundliche Ausdrucksweise.

Von Franziska Giffey (SPD) und Wegner, der „Autokoalition“, sei nichts für den Klimaschutz zu erwarten. Mit dem Verbrenner-Auto jederzeit so schnell wie möglich von A nach B zu kommen, das würden Autofahrer zwar als Freiheit bezeichnen, sagte Müller, „aber das ist eine toxische Freiheit, die anderen Menschen die Freiheit versaut“. Gegen die A100, so sie denn weiter durch Berlin gebaut werde, kündigte er „immer wieder neue Proteste“ an.

So wirbt die CDU Berlin für den Weiterbau der A100
So wirbt die CDU Berlin für den Weiterbau der A100

Inge Lechner vom Verein „Changing Cities“, die die Fahrraddemonstration eröffnete, sagte über den in der Öffentlichkeit umstrittenen Weiterbau der A100: Der 16. Bauabschnitt sollte umgewidmet werden und der 17. dürfe niemals gebaut werden. „Stattdessen könnte man hier Wohnungen bauen.“ Oder viele Stellen auch begrünen, statt zu betonieren. „Wald statt Asphalt“, lautete ihre Botschaft. „Radfahren ist Klimaschutz, Autobahnen sind es nicht“, so Lechners Meinung. Autobahnen bedeuteten Luftverschmutzung, schädliche Abgase. Dass Kai Wegner das Tempelhofer am Rand bebauen lassen wolle – beziehungsweise diese Idee zur Abstimmung stellen will –, sei so absurd, „darüber lachen alle“, sagte Lechner.

Berlin-Wahl 2023 - Mehr zum Thema:

A100: Aktivisten seilen sich von Brücke ab

Der Ton wurde, so wie zeitweise das Winterwetter, bei der späteren Kundgebung am Endpunkt, der Hermann-Ganswindt-Brücke am kurzzeitig gesperrten Autobahnabschnitt Alboinstraße, noch ungemütlicher. Giffey und Wegner, die beiden würden eine Groko bilden, „die Volksentscheide killt“, meinte eine Sprecherin der Initiative „Sand im Getriebe“.

Außerdem wäre der „rassistische CDU-Chef Kai Wegner“ als Regierender Bürgermeister „eine Katastrophe für Berlin“, sagte sie und wünschte sich: „Wir wollen eine Stadt für Menschen statt für Autos.“ Währenddessen seilten sich mehrere Aktivisten von der Brücke ab – eine von der Versammlungsbehörde im Vorfeld genehmigte Aktion. Nach Angaben der Polizei war sichergestellt, dass während der Abseilaktion keine Fahrzeuge auf der Autobahn unterwegs waren. „Die Zufahrten waren gesperrt“, so ein Polizeisprecher.

Lesen Sie auch den Kommentar: Berliner Schlammschlacht

Diskussion über Weiterbau der A100 neu eröffnet

Bei der Kundgebung sprach auch der Soziologe Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, der für den Neubau von Autobahnen keine positiven Gründe sah und urteilte: „Planungen für neue Autobahnen sind obsolet. Wir brauchen diese stadtzerstörerischen Strukturen nicht mehr.“ Mehrere Aktivisten der Gruppe „Letzte Generation“ wurden während der Kundgebung unter den Buhrufen einiger Radfahrer von der Polizei aus der Menge geführt. Sie wollten versuchen, sich auf der Fahrbahn festzukleben, was die Polizisten verhinderten und sie in Gewahrsam nahmen.

Aus Kai Wegners Sicht ist der Autobahn-Weiterbau über den derzeitigen 16. Bauabschnitt hinaus unverzichtbar. Das Bundesverkehrsministerium will den Weiterbau vom Treptower Park über die Spree und durch Friedrichshain ebenfalls vorantreiben.

Lesen Sie auch: