Berlin. Jeder Raser müsse jederzeit damit rechnen, geblitzt zu werden. Diese Zielvorstellung gab Innensenatorin Iris Spranger am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses aus. „Die festen Blitzer sind irgendwann bekannt, da wird abgebremst“, so die SPD-Politikerin. „Daher gilt es, Raser über mobile Blitzer zu erwischen.“
Insgesamt zehn dieser Anlagen plant die Berliner Polizei bis 2026 anzuschaffen. Hinzu kommen sollen in dieser Legislatur 50 stationäre Anlagen. Drei davon wurden bereits 2022 installiert, sodass die Zahl aktuell auf 36 gestiegen ist. Weitere sieben sind für das laufende Jahr geplant – davon drei in Treptow-Köpenick, zwei in Charlottenburg-Wilmersdorf sowie jeweils einer in Pankow und in Marzahn-Hellersdorf. Bis zum Ende der Legislatur sollen insgesamt knapp 100 stationäre und mobile Anlagen im Einsatz sein.
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Während sich vor allem im Westen der Stadt insbesondere entlang der Stadtautobahn die Anlagen zu häufen scheinen, gibt es im Osten kaum welche. Der geplante Blitzer am Blumberger Damm ist der erste in im Bezirk Marzahn-Hellersdorf, durch den etwa mit der Märkischen- und Landsberger Allee mehrere Ausfallstraßen Richtung Osten führen.
Berliner Polizei stellte 2022 mehr als 100 illegale Rennen fest
Im Koalitionsvertrag von 2021 hatten SPD, Grüne und Linke die Ausweitung der Verkehrsüberwachung beschlossen. Wo die übrigen 40 Anlagen errichtet werden sollen, ist nach Auskunft der Berliner Polizei noch unklar. Eine „regionale Gleichverteilung“ zugunsten des Ostteils der Stadt sei allerdings kein „wesentliches Beschaffungskriterium“, wie Sprecherin Anja Dierschke auf Nachfrage mitteilte.
Grundlage seien vielmehr „Ergebnisse deliktbezogener Verkehrsunfallanalysen“ – etwa Raserei oder verbotene Kraftfahrzeugrennen. Die Polizei stellte im vergangenen Jahr 107 illegale Rennen von Autofahrern fest. Dazu wurden 185 Raser gefasst, die einzeln so schnell unterwegs waren, dass ihr Vergehen juristisch als „Einzelrennen“ eingeordnet werden kann. Außerdem flüchteten 214 Raser vor der Polizei.
Spranger beklagte im Innenausschuss außerdem, dass die stationären Anlagen immer wieder beschädigt, beklebt oder gar zerstört würden. Bei den mobilen, selbstständig arbeitenden Radarfallen, die von der Polizei unauffällig am beliebigen Orten am Straßenrand geparkt werden können, drohe das nicht. Sechs gibt es derzeit, zehn weitere sollen folgen.
Anlagen nur sinnvoll, wenn jemand die Anzeigen auswertet
Sinnvoll seien mehr stationäre sowie mobile Anlagen jedoch nur, wenn es ausreichend Personal dafür gebe, so Spranger und Slowik weiter. Bei letzteren brauche es Kräfte, die sie bewegen, abstellen und wieder abholen. In beiden Fällen seien jedoch Mitarbeiter gefordert, die die Daten auch auswerten. Laut Slowik brauche es pro mobiler Einheit im Schnitt 4,5 Kräfte in der Bußgeldstelle der Polizei.
Die galt zuletzt aufgrund Personalmangels als Sorgenkind der Behörde. Seit Anfang des Jahres stehen laut Spranger mit knapp 289 Stellen etwas mehr als vorher zur zur Verfügung, von denen zehn noch unbesetzt seien, was sich spätestens bis Mitte des Jahres ändern solle. Slowik wiederum betonte den Arbeitskräftemangel, der insgesamt in Deutschland vorherrsche und den auch die Polizei Berlin zu spüren bekomme.
Im vergangenen Jahr bearbeitete die Bußgeldstelle 3,7 Millionen Anzeigen – knapp 300.000 mehr als noch 2021. Das Geld, dass dadurch in die Landeskasse floss, stieg gleichzeitig drastisch von 72,6 auf 109,6 Millionen – bislang ein Rekordwert. Das dürfte maßgeblich auf den neuen Bußgeldkatalog zurückzuführen sein, der Ende 2021 in Kraft trat und für viele Vergehen deutlich höhere Geldstrafen vorsieht.
Spranger: Unterbesetzung in Bußgeldstelle führt nicht zu Einnahmeverlusten
Das Arbeitsvolumen sei zwar sehr hoch. „Unbesetzte Stellen führen aber zu keinen Einnahmeverlusten für das Land Berlin“, betonte die Senatorin. Dass mit knapp 46.000 auch deutlich mehr Verfahren wegen Verjährung als im Vorjahr eingestellt werden mussten, habe damit nichts zu tun. Der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion Björn Jotzo hingegen sieht hier ein „Vollzugsdefizit“.
Das Dunkelfeld sei wahrscheinlich ungleich größer, so die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion Antje Kapek. „Das vermittelt den Eindruck, das man als Pkw-Fahrer in Berlin tun und lassen kann, was man will.“ Besonders besorgniserregend sei, dass sich die Zahl der verjährten Rotlichtverstöße von 900 in 2021 auf 1800 in 2022 verdoppelt hätten.
Die Verfolgungsverjährung tritt ein, wenn innerhalb von drei Monaten nach dem Verstoß kein Bußgeldbescheid erlassen wurde. „Es müsste länger gefasst werden, aber der Bund ist für diese Fristen zuständig“, sagte Spranger.
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