Berlin. Sie hat ein wichtiges Ziel erreicht: Mehr als 180.000 gültige Unterschriften hat die Initiative „Berlin klimaneutral 2030“ gesammelt und damit die nötige Zahl an Stimmen für einen Volksentscheid erreicht, wie Landeswahlleiter Stephan Bröchler am Dienstag offiziell mitteilte. Doch eine Zusammenlegung des Volksentscheids mit der Wahlwiederholung am 12. Februar ist aus Sicht von Innensenatorin Iris Spranger (SPD) nicht machbar. Spranger begründete das auf der Pressekonferenz nach der Senatssitzung mit den Einschätzungen des Landeswahlleiters und der Bezirke, die eine Zusammenlegung kritisch sehen. Das liege an feststehenden Fristen sowie der Schwierigkeit, die Abstimmungsunterlagen rechtzeitig zu drucken.
Voraussichtlich an diesem Freitag, 2. Dezember, soll das Ergebnis der Unterschriftensammlung im Amtsblatt veröffentlicht werden, anschließend beginnt laut Abstimmungsgesetz eine Frist von vier Monaten, um den Volksentscheid durchzuführen. Letztmögliches Datum wäre damit der 2. April. Bei einer Zusammenlegung mit der Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen würde sich der Zeitraum für die Organisation also erheblich verkürzen, 75 Tage blieben dann bis zum Wahltag. Aus Sicht von Bezirken und Landeswahlleiter wäre das eine „absolute Herkulesaufgabe“, sagte Spranger. „Es ist in jedem Fall klar, es darf nichts schief gehen, es darf keine Ausfälle und keine Fehler geben.“
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Grüne und Linke unterstützen Volksentscheid parallel zur Wiederholungswahl
Eine endgültige Entscheidung dazu, wann der Volksentscheid stattfinden soll, steht noch aus. Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) kündigte an, dass der Entschluss auf der Senatssitzung kommenden Dienstag fallen soll. Dann will der Senat auch eine inhaltliche Stellungnahme zu dem Anliegen der Bürgerinitiative beraten. Diese will erreichen, dass Berlin bereits bis 2030 und nicht wie bislang vorgesehen bis 2045 klimaneutral wird. Dafür soll das Energiewendegesetz des Landes geändert werden.
Die Initiative drängt auf eine Abstimmung gemeinsam mit der Wiederholungswahl. An diesem Tag dürfte es weitaus leichter sein, genügend Wähler für den Volksentscheid zu mobilisieren als wenn dieser anderthalb Monate nach der Abgeordnetenhauswahl stattfindet. Daneben argumentiert die Bürgerinitiative mit zusätzlichen Kosten und dem hohen Aufwand, der entstünde, wenn für gleich zwei Termine ausreichend Wahlhelfer rekrutiert werden müssen.
Unterstützung für eine Zusammenlegung von Volksentscheid und Wiederholungswahl gab es auch aus Reihen der Linken und Grünen. Erst am Wochenende hatte die Grünenfraktion einen entsprechenden Beschluss gefasst. „Direkte Beteiligung darf nicht durch Verfahrenstaktik abgewehrt werden, denn das schadet dem Vertrauen in die Demokratie“, heißt es darin.
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Spranger: Druck der Abstimmungszettel ist nicht rechtzeitig möglich
Derweil verwies Innensenatorin Spranger am Dienstag auf die herausfordernde Organisation, die bis Anfang Januar – und damit über die Feiertage um Weihnachten und Silvester – erfolgen müsste, um einen Volksentscheid im Februar möglich zu machen. Denn: Der zweite Januar ist der Tag, ab dem die Briefwahlunterlagen für die Wiederholungswahl verschickt werden müssen. Gemeinsam mit diesen müssten bei einem Volksentscheid im Februar auch die dafür nötigen Unterlagen verschickt werden. Bis dahin müsste also eine Infobroschüre mit dem Abstimmungstext sowie Argumenten von Senat und Abgeordnetenhaus erstellt, gedruckt und an die Bezirke ausgeliefert werden. Auch die Stimmzettel – laut Senat immerhin 2,8 Millionen Stück – müssten bis dahin vorliegen.
Allein beim Drucken der Unterlagen könnte es aber Probleme geben. „Eine fristgerechte Stimmzettelerstellung ist schwierig“, sagte Spranger. Man habe sich in Vorbereitung für die Wahlwiederholung um eine Druckerei bemüht, die demnach angekündigt hat: Stimmzettel für Volksentscheid könnten erst Mitte Januar 2023 fertig sein und versandt werden, also zu spät für die Frist zum Verschicken der Briefwahlunterlagen. Auch Landeswahlleiter Bröchler betonte mit Blick auf Druckerei und Papiermangel: „Dieser Termin ist schlichtweg nicht zu halten.“
Initiative will rechtliche Schritte bei getrennten Abstimmungsterminen prüfen
Wie Giffey erklärte, solle bis kommenden Dienstag noch einmal geprüft werden, ob es „Eindampfungspotenzial“ bei den nun anstehenden Schritten gibt, um die Prozesse zu beschleunigen und einen Volksentscheid Mitte Februar doch möglich zu machen. Dies sei der Wunsch einiger Senatsmitglieder gewesen. Gleichzeitig sagte Giffey: „Aus meiner Sicht ist die Sachlage mit den Argumenten, die jetzt auf dem Tisch liegen, schon sehr eindeutig.“
Für den Fall, dass der Senat sich tatsächlich für zwei Termine entscheiden sollte, wollen die Initiatoren des Volksentscheids rechtliche Schritte prüfen. Damit beschäftige sich derzeit eine Gruppe von Anwältinnen und Anwälten, sagte Jessamine Davis, Sprecherin der Initiative, der dpa. Am Dienstag hatten Aktivisten noch einmal für ein Zusammenlegen der Wahltermine vor dem Roten Rathaus demonstriert.
Derweil gibt es auch eine Option, dass sich der Volksentscheid noch weiter nach hinten verschiebt, bis spätestens Anfang August. Dies ist abhängig davon, ob in diesem Zeitraum die vorgesehene teilweise Wiederholung der Bundestagswahl stattfindet, mit der die Abstimmung dann zusammengelegt werden könnte. Noch steht allerdings nicht fest, ob noch vor dem Bundesverfassungsgericht über die teilweise Wahlwiederholung verhandelt wird. Erst wenn darüber Klarheit herrscht, kann ein Wahltermin bestimmt werden.