Protest-Aktion

Umstrittenes Gomringer-Gedicht hängt am Pariser Platz

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Bald weg: Das Gedicht "avenidas" auf der Fassade der Alice Salomon Hochschule in Berlin-Hellersdorf

Bald weg: Das Gedicht "avenidas" auf der Fassade der Alice Salomon Hochschule in Berlin-Hellersdorf

Foto: dpa

Protest gegen die Übermalung in Hellersdorf: Ab Donnerstag sind am Brandenburger Tor zwei riesige Gomringer-Gedichte zu sehen.

Am Brandenburger Tor in Berlin werden nach der Debatte um ein angeblich sexistisches Gedicht von Eugen Gomringer künftig zwei Gedichte des bolivianisch-schweizerischen Künstlers auf meterhohen Fassaden präsentiert.

Ab Donnerstag ist das in die Kritik geratene Gedicht „avenidas“ auf einem über acht mal zwei Meter großen Banner am Max Liebermann Haus in Deutsch und Spanisch zu sehen, wie die Stiftung Brandenburger Tor am Mittwoch ankündigte. Schräg gegenüber war bereits Anfang Februar das Gedicht "schweigen" des Lyrikers an die Glasfassade der Akademie der Künste angebracht worden. Gomringer wird damit in den kommenden Wochen mit großformatigen Gedicht-Präsentationen am Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor geehrt.

Mit dem Gedicht-Banner an einem der bedeutendsten Plätze Berlins soll ein Zeichen für Toleranz und Freiheit der Kunst gesetzt werden, teilte die Stiftung Brandenburger Tor mit. Kunst dürfe nicht durch kunstfremde Argumente beeinträchtigt, der öffentlichen Wahrnehmung entzogen oder verboten werden. Kunst könne und dürfe mehr, „als einer vermeintlichen political correctness zu entsprechen“, betonte die Stiftung weiter.

Noch bevor die geplante Übermalung das Gomringer-Gedicht in Berlin-Hellersdorf zum Verschwinden bringe, solle dem Werk am Brandenburger Tor nun eine weite öffentliche Sichtbarkeit verliehen werden.

Das in die Kritik geratene Gomringer-Gedicht „avenidas“ ziert seit 2011 eine Außenmauer der Alice Salomon Hochschule in Berlin. Die spanische Originalfassung entstand 1953 und lautet übersetzt: „Alleen / Alleen und Blumen / Blumen / Blumen und Frauen / Alleen / Alleen und Frauen / Alleen und Blumen und Frauen und / ein Bewunderer“.

AStA wirft dem Dichter Sexismus vor

Vertreter des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) warfen dem Werk Sexismus vor. Es reproduziere eine „klassische patriarchale Kunsttradition, in der Frauen ausschließlich die schönen Musen sind, die männliche Künstler zu kreativen Taten inspirieren“, erklärte das Gremium. Zudem erinnerten die Verse „unangenehm an sexuelle Belästigung, der Frauen alltäglich ausgesetzt sind“.

Der Senat der Hochschule beschloss daraufhin Ende Januar, das Gedicht übermalen zu lassen und im Herbst durch Verse der Dichterin Barbara Köhler zu ersetzen.

Die Entscheidung hatte bundesweit teils scharfe Kritik ausgelöst. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) bezeichnete die geplante Gedicht-Übermalung als „erschreckenden Akt der Kulturbarbarei“. Kunst und Kultur bräuchten den Diskurs, betonte Grütters: „Wer dieses Grundrecht durch vermeintliche 'political correctness' unterhöhlt, betreibt ein gefährliches Spiel.“ Ähnlich äußerte sich auch die Akademie der Künste, deren Mitglied Gomringer ist.

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( epd/mim )