Kirche

St. Hedwig Kathedrale - Erhalten oder umbauen?

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Brigitte Schmiemann
Berlin - St. Hedwigs Kathedrale Berlin - Protest gegen den Umbau der Kirche

Berlin - St. Hedwigs Kathedrale Berlin - Protest gegen den Umbau der Kirche

Foto: Krauthoefer

Die Bischofskirche am Bebelplatz muss saniert werden. Der geplante Totalumbau ist heftig umstritten. Am Dienstag fällt die Entscheidung.

Berlin.  In der St. Hedwigs-Kathedrale ist von Streit nichts zu spüren. Das ewige Licht brennt neben dem Tabernakel, der auf dem Altar in der Unterkirche steht, Besucher sitzen still auf den Bänken, andere besichtigen die Gedenkkapelle mit dem Grab des Seligen Bernhard Lichtenberg. Gottesdienste werden sowohl in der Unter- als auch in der Oberkirche täglich abgehalten.

Und doch gibt es in der Gemeinde, in der katholischen Kirche in Berlin heftigen Streit. Wie soll die St. Hedwigs-Kathedrale umgebaut werden? Der eindrucksvolle Kuppelbau der Bischofskirche am Bebelplatz im Zentrum des historischen Berlins musste nach dem Zweiten Weltkrieg wiederaufgebaut werden. Jetzt steht eine Sanierung an, denn die Kathedrale ist zuletzt vor 35 Jahren im Innern renoviert worden. Sie hat Feuchtschäden, veralterte technische Installationen und braucht frische Farbe.

Ob es ein Totalumbau werden soll oder eine moderate Sanierung, darüber gibt es jedoch grundverschiedene Ansichten. Am heutigen Dienstag, dem Weihetag der Kathedrale, will Erzbischof Heiner Koch im Pontifikalamt um 18 Uhr seine Entscheidung bekannt geben. Noch ist öffentlich nicht bekannt, wie sie aussehen wird. Eins steht aber fest: Aus Sicht des Erzbistums muss die Kathedrale für ihre Rolle in Deutschland aufgewertet werden.

Das zu schaffen, dürfte schwer werden. Die Kritik ist gewaltig. Von Zerstörung und Radikalumbau, Auslöschung eines Kulturdenkmals und einem „Limburg 2.0“ ist bei den Gegnern die Rede, sollte der Siegerentwurf aus dem Architekturwettbewerb umgesetzt werden. Die Kritiker lehnen ihn ab, weil ihrer Ansicht nach der jetzt schlicht, aber erhaben gestaltete Kirchenraum großen Schaden nehmen würde.

„Es wird Geld für bautechnisch Unnötiges ausgegeben“

„Zweistellige Millionenbeträge sollen für bautechnisch Unnötiges ausgegeben werden, obwohl die Kirche intakt ist, und ihrer Aufgabe seit mehr als 50 Jahren gerecht wird. Gerade in ihrer künstlerischen Einzigartigkeit ist sie jetzt Anziehungspunkt nicht nur für Gläubige“, sagte Werner J. Kohl, Architekt und einer der „Freunde der St. Hedwigs-Kathedrale“, die sich als Initiative katholischer Christen für den Erhalt des Baudenkmals mit einer behutsamen Sanierung und Weiterentwicklung im Innern einsetzt. Der Baugrund in Mitte berge zudem Risiken wie die Bau-Skandale Staatsoper und Friedrichswerdersche Kirche gezeigt hätten.

Auch der Landesdenkmalrat setzt sich für einen sensiblen Umgang mit der vorhandenen Substanz ein. „St. Hedwig ist ein Manifest der Einheit der katholischen Kirche im Kalten Krieg und darüber hinaus ein Manifest gesamtdeutschen Handelns. Das belegt nicht zuletzt die führende Rolle westdeutscher und West-Berliner Künstler nicht nur in den 50er-, sondern auch in den 70er-Jahren an einem Bauwerk, das in Berlins Mitte, also im einstigen Ost-Berlin stand“, sagte Kerstin Wittmann-Englert, Vorsitzende des Landesdenkmalrates Berlin, der die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung berät.

Sie entspreche zudem einer bestimmten denkmalpflegerischen Haltung in der noch jungen DDR: „Vergleichbar mit dem modernen Ausbau des Ostflügels der Humboldt-Universität (Audimax und Kinosaal in zeitgemäßer Formensprache) entschied man sich auch in der Hedwigs-Kathe-drale bewusst für eine moderne Formensprache. Diese innere Raumgliederung – ohne Not – zu zerstören, träfe ein die Brüche der Geschichte des 20. Jahrhunderts widerspiegelndes Gesamtdenkmal“, so Wittmann-Englert weiter.

Umbau soll 43 Millionen Euro kosten, die Sanierung bis zu 17 Millionen Euro

Die Befürworter des Umbaus hingegen möchten die Renovierung mit einer grundlegenden Umgestaltung verbinden. Sie erhoffen sich davon, dass das Kirchengebäude dann auch einen angemessenen Rahmen für gesellschaftliche und staatliche Anlässe bietet. Auch der Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Berlin hat sich für die Umsetzung des Siegerentwurfs von Sichau & Walter/Zogmayer ausgesprochen. Mit 46 Jastimmen und 13 Neinstimmen. „Die Liturgie wurde oft als gestört empfunden durch die Bodenöffnung, die Kluft zwischen den Bankreihen ebenfalls.

Der Bedeutung der Kathedrale als Bischofskirche der Hauptstadt könnte durch einen Umbau besser entsprochen werden als durch eine Sanierung“, nannte der Vorsitzende des Diözesanrats, Bernd Streich, nur einige der Gründe. Entsprechend weit liegen die Kosten auseinander. Im Falle des Umbaus werden sie mit 43 Millionen Euro beziffert, im Fall der Sanierung schwanken sie zwischen fünf bis rund 17 Millionen Euro.

Die Hedwigskirche, heute Kathe­drale des Erzbistums Berlin, war zwischen 1747 und 1773 nach Plänen von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff und Jean Laurent Legeay gebaut worden – für die neuen katholischen Einwohner Berlins aus Schlesien, weshalb sie auch der Schutzpatronin von Schlesien, Hedwig von Andechs, geweiht wurde. Im Zweiten Weltkrieg brannte die Kirche fast vollständig aus. Architekt Hans Schwippert fand bei der Neugestaltung des Innenraums in den Jahren 1952 bis 1963 die ungewöhnliche Lösung: mit einer großen Öffnung und einer Treppe im Hauptraum verband er den oberen und unteren Kirchenraum.

Unten gehen insgesamt acht Räume ab, die beispielsweise als Taufkapelle, Schatzkammer oder als Grabkapelle für die Kardinäle Georg Sterzinsky (1936–2011) und Alfred Bengsch (1921–1979) dienen. Auch Bernhard Lichtenberg, der zu den Gerechten unter den Völkern in Yad Vashem zählt, hat dort in einer Kapelle sein Grab. Der frühere Berliner Kardinal Rainer Maria Woelki störte sich an der ungewöhnlichen Öffnung und hatte deshalb bereits 2013 den Wettbewerb für eine Neugestaltung ausgeschrieben.