Jährlich müssten eigentlich 26.000 Wohnungen gebaut werden – mehr als doppelt so viel wie tatsächlich in Berlin entstehen.
Seit fünf Jahren wächst Berlins Einwohnerzahl jedes Jahr um rund 40.000 Menschen. Allein 2015 nahm die Zahl der Einwohner um 45.000 zu. Demgegenüber wurden im vergangenen Jahr jedoch lediglich 10.700 neue Wohnungen errichtet. Das ist zwar deutlich mehr als in den vorangegangenen Jahren – aber noch längst nicht genug, um den steigenden Bedarf zu decken.
Allein um das Bevölkerungswachstum des Jahres 2015 zu kompensieren, wären rund 26.000 zusätzliche Wohnungen erforderlich, so das Fazit einer aktuellen Studie des Forschungsinstituts Gewos. Der Wohnungsmarkt, so die Prognose der Forscher, werde sich weiter verengen, wenn die starken Wanderungsgewinne anhalten und nicht erheblich mehr Wohnungen errichtet werden.
Mietendynamik in Berlin stärker als in vielen Großstädten
Berlins Mieter jedenfalls, für die Wohnungsmangel und die damit verbundenen steigenden Mietpreise lange kein Thema waren, bekommen den Druck auf dem Markt inzwischen auch dann zu spüren, wenn sie bereits eine Wohnung haben und nicht auf der Suche nach einer neuen Bleibe sind. Auch wenn die Mieten in Berlin noch deutlich unter denen anderer Metropolregionen in Deutschland liegen, seien die Wohnkosten aufgrund geringerer Einkommen durchaus vergleichbar, heißt es in der Studie.
85 Prozent der Berliner Wohnungen sind Mietwohnungen. „Betrachtet man die Wohnkostenbelastung, liegt Berlin nur knapp unter Hamburg und Frankfurt“, so die Verfasser weiter. Ausgehend von einem niedrigen Niveau sei die Mietendynamik in Berlin stärker als in vielen Großstädten. Die Angebotsmieten stiegen in zwölf Monaten um 6,6 Prozent. Um Berlins Mieter zu entlasten, hat der Berliner Senat im vergangenen Jahr die Mietpreisbremse eingeführt. Zudem wurden in zahlreichen Innenstadtquartieren sogenannte Milieuschutzgebiete eingerichtet. In diesen sind Luxussanierungen inzwischen verboten.
Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften errichten nach jahrelanger Pause inzwischen auch wieder Wohnungen, von denen mindestens 30 Prozent mietpreisreduzierte Sozialwohnungen sein müssen. Bis 2026 sollen die kommunalen Bestände durch Neubau und Ankauf um 80.000 auf 400.000 Wohnungen steigen.
Steigende Mieten sind das größte Problem
Doch wie schätzen die Berliner Wohnungsmarktexperten die Wirksamkeit der Instrumente ein? Dazu befragte die landeseigene Investitionsbank Berlin IBB mehr als 200 Marktteilnehmer, vom Bauträger über Hausverwaltungen bis zu Mietervereinen. „Die Mehrheit sieht den größten Beitrag für bezahlbares Wohnen in der neu aufgelegten Wohnraumförderung des Landes“, so Matthias von Bismarck-Osten, IBB-Generalbevollmächtigter. Die Mietpreisbremse erreiche lediglich den letzten Platz der genannten Instrumente.
Die Experten sind sich zudem einig: Steigende Nettokaltmieten stellen für viele Befragte das größte Problem am Berliner Wohnungsmarkt dar. Zu wenig oder zu wenig geeignetes Bauland folgt an zweiter Stelle, dieses Phänomen wird vor allem von Wohnungsunternehmen, Genossenschaften, Immobilienmaklern und Projektentwicklern genannt. Auch die geringen Ein-kommen der Wohnungssuchenden nennt fast jeder Zweite als Herausforderung. Zusammen mit dem abnehmenden Bestand an Sozialwohnungen nehmen diese Aspekte der Bezahlbarkeit des Wohnens eine Spitzenposition unter den größten genannten Problemen am Berliner Wohnungsmarkt ein.