So einladend wie an diesem sonnigen Julivormittag hat man den Görlitzer Park früher nie gesehen. Auf den Rasenflächen und den Wegen liegt kein Müll, die Papierkörbe sind geleert, der Sand auf dem Spielplatz ist geharkt. Die berühmte Kreuzberger Grünanlage gehört zu den zwölf Parks, um deren Sauberkeit sich seit 1. Juni die Berliner Stadtreinigung (BSR) und nicht mehr das bezirkliche Grünflächenamt kümmert. Das Ergebnis ist überzeugend, davon konnten sich am Donnerstag bei einem Rundgang auch BSR-Chefin Tanja Wielgoß und Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) überzeugen. Der Senator ist Aufsichtsratsvorsitzender des landeseigenen Unternehmens.
1220 Kubikmeter Müll in den ersten sechs Wochen entsorgt
In den ersten sechs Wochen des Pilotprojekts entsorgte die BSR aus allen zwölf Parks insgesamt 1220 Kubikmeter Abfall, das entspricht 40 großen Lkw-Containern. Die Mitarbeiter leerten 30.000-mal die Papierkörbe. Allein in den ersten beiden Juniwochen seien rund 490 Kubikmeter und damit 40 Prozent der Gesamtmenge angefallen, teilte Winfried Becker, Leiter der BSR-Straßenreinigung, mit. Der Grund dafür sei eine „Grundreinigung“ der Parks, die zu Beginn vorgenommen worden sei. Ansonsten sei das Wetter maßgebend für die Besucherzahlen und damit für die Müllmenge.
Für neun der zwölf Parks wurden feste Teams gebildet, die übrigen sind dafür nicht groß genug. Im Görlitzer Park sind nun an allen sieben Tagen der Woche fünf Mitarbeiter in der Frühschicht ab 6 Uhr unterwegs – vier zu Fuß, einer mit einem Pritschenwagen, auf dem aller Müll des Tages landet. Zusätzlich ist zwei Stunden pro Tag eine Kehrmaschine auf den befestigten Wegen unterwegs. Im Park stehen weiterhin die 59 Papierkörbe, die der Bezirk dort installiert hatte. Die BSR hat 41 weitere Körbe aufgestellt, außerdem 25 große grüne Tonnen, die jeweils 240 Liter Müll fassen. Der große Vorteil der Stadtreinigungsbehälter, die in der Spätschicht auch noch einmal geleert werden: Sie sind krähensicher und verhindern damit, dass die Vögel den Inhalt herauspicken und überall verteilen.
Im Vorfeld wurden vielerlei Bedenken geäußert, den Görlitzer Park in das Pilotprojekt aufzunehmen. Die Müllbehälter könnten „abgefackelt“ werden, hieß es. Die Besucher könnten erst recht überall ihren Abfall herumliegen lassen, weil sie auf die tägliche Reinigung vertrauen, lautete eine andere Befürchtung. Beides trat nicht ein. „Das Angebot wird gut angenommen, die Vermüllung lässt nach“, hat BSR-Revierchef Mario Orlowski beobachtet.
Wie bestellt kommt Anwohnerin Erika Lübbe (72) vorbei und stimmt in das Lob ein. Sie geht seit zehn Jahren täglich mit ihrem Hund im Park spazieren. „Es ist so viel besser geworden“, schwärmt sie. Aber auch Axel Koller, Leiter des Grünflächenamts Friedrichshain-Kreuzberg, ist zufrieden. Endlich könnten sich seine Mitarbeiter wieder mit der Parkpflege beschäftigen, Bäume und Sträucher beschneiden, Rasen wässern. Diese Win-win-Situation lässt sich in den anderen Parks im Pilotprojekt ebenso beobachten.
50 neue Arbeitsplätze für Frauen, 50 für Männer
100 neue Arbeitsplätze sind bei der BSR durch das Pilotprojekt entstanden, exakt die Hälfte wurde mit Frauen besetzt. Die hätten vorher in Pflegeberufen oder bei Paketdiensten gearbeitet, als Friseurin oder Verkäuferin, erzählte Wielgoß. Es habe nur drei Monate gebraucht, um die Stellen zu besetzen. Die regelmäßige Wochenendarbeit störe kaum, wichtiger sei die Gewissheit, einen sinnvollen Job auszuüben, für den es viel Anerkennung gibt.
Der Einsatz der BSR in den Parks ist zunächst bis Ende 2017 begrenzt. Matthias Kollatz-Ahnen möchte ihn bei anhaltendem Erfolg fortsetzen und dann auf 24 Parks ausdehnen. An eine Ausweitung des Pilotprojekts bereits in diesem oder dem kommenden Jahr denkt der Finanzsenator indes nicht. Es sei gegen viele Widerstände so verabredet worden, zudem müsse die Arbeitsteilung zwischen BSR und Bezirken noch erprobt werden.
Die Parks im Pilotprojekt
Mitte: Spreebogenpark und Bereich um den Fernsehturm
Friedrichshain-Kreuzberg: Görlitzer Park
Pankow: Park am Weißensee
Spandau: Münsinger Park
Steglitz-Zehlendorf: Paul-Ernst-Park (Südufer Schlachtensee)
Tempelhof-Schöneberg: Nelly-Sachs-Park
Neukölln: Grünzug Britz und Park am Buschkrug
Treptow-Köpenick: Luisenhain
Lichtenberg: Stadtpark Lichtenberg
Reinickendorf: Greenwichpromenade