Ende Januar schrieben Eltern der Mozart-Schule einen Brandbrief. Sie berichteten von Gewalt und Angst. Nun geht es voran.
Gerald Miebs ist optimistisch. „Es gibt die ersten Anzeichen einer Aufbruchstimmung“, sagt er der Berliner Morgenpost. Miebs ist seit zwei Wochen kommissarischer Schulleiter der Hellersdorfer Gemeinschaftsschule, die Ende Januar für Schlagzeilen gesorgt hat.
Damals schrieben Eltern der Mozart-Schule eine Brandbrief. Sie berichteten von Gewalt unter den Schülern und verbalen Ausfällen gegenüber den Lehrern. Vor allem Grundschulkinder hätten Angst, zur Schule zu gehen, hieß es.
Anfang März reagierte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) und setzte Miebs als kommissarischen Schulleiter ein. Der traf auf ein völlig überlastetes Kollegium, der Krankenstand war hoch. Er müsse zunächst dafür sorgen, dass die Kollegen nicht länger überfordert werden, sagt Miebs. Die Pausenaufsicht müsse verändert, der Vertretungsplan transparenter werden. Ungerechtigkeiten und bestimmte Privilegien einiger Kollegen gelte es zu beseitigen.

Ein einheitliches Erziehungskonzept
Miebs, der die Mozart-Schule bis zu den Sommerferien leiten soll, will diese drei wesentliche Dinge angehen. „Die Kollegen müssen sehen, dass sich etwas positiv verändert. Nur das wird sie motivieren.“ Am Wichtigsten sei ein einheitliches Erziehungskonzept, sagt er. Es könne nicht so weiter gehen, dass einige Kollegen Schüler für ihr Fehlverhalten bestrafen, andere das nicht tun und wieder andere einfach wegsehen. Dringend geboten sei auch, die guten Konzepte, die es an der Schule gibt, umzusetzen. „Bisher stehen die nur auf dem Papier“, sagt Miebs. Auch der Vertretungsplan müsse anders aufgestellt werden.
Das größte Problem für Gerald Miebs, der seit Jahren erfolgreich die Neuköllner Walter-Gropius-Gemeinschaftsschule leitet, ist der Fachkräftemangel. „Ich kann zwar an der Mozart-Schule zwei Stellen besetzen, finde aber keine ausgebildeten Grundschullehrer“, klagt er. Er könne aber nicht einfach irgendwelche Pädagogen einstellen. „Das würde uns keinen Zentimeter weiter bringen.“
Erinnerungen an Probleme in Neukölln werden wach
Die Probleme an der Hellersdorfer Mozart-Schule erinnern viele an die Neuköllner Rütli-Schule. Vor zehn Jahren haben dort die Lehrer einen Brandbrief geschrieben, in dem sie die Verrohung der Schüler beklagten und feststellten, dass die Schule am Ende sei. Der Brief führte zu einer nationalen Diskussion über die Probleme von Brennpunktschulen und dazu, dass eine bis dahin nie dagewesene Unterstützung der Schule in Gang kam. Inzwischen steht der „Campus Rütli“ deutschlandweit für gelungene Schulentwicklung.
Auch der Hellersdorfer Brandbrief zwang die Bildungsverwaltung, endlich zu handeln. Und er führte dazu, dass nicht nur Gabriele Hiller (Linke), die ein Direktmandat in Marzahn-Hellersdorf hat, darauf hinwies, dass auch andere Schulen des Bezirks, wie etwa die Jean-Piaget-Sekundarschule, Probleme mit gewaltbereiten Schülern hätten und mehr Unterstützung bräuchten.
Die Elternvertreter der Jean-Piaget-Sekundarschule weisen Hillers Darstellung indes zurück. Der Vorsitzende der Gesamtelternvertretung, Bernd König, sagt der Berliner Morgenpost, an der Schule herrsche eine freundliche und offene Atmosphäre, die Lehrer setzten sich sehr engagiert für die Schüler ein. „Bei einer Schülerzusammensetzung, die vom Förderschüler bis zum Schüler mit gymnasialer Empfehlung reicht, ist das eine Herausforderung“, sagt König. Andere Elternsprecher wie Meike Griener-Streblow oder Jamila Riedel betonen, dass vor allem die Grundschulen des Bezirks Probleme mit gewaltbereiten Schülern hätten. Den Grund dafür sehen sie darin, dass Fachkräfte fehlen. Meike Streblow: „Auf dem Papier sind die meisten Schulen zwar zu 100 Prozent ausgestattet. Viele Lehrkräfte sind aber keine ausgebildeten Grundschullehrer, sondern Studienräte oder Quereinsteiger ohne Erfahrung im Grundschulbereich.“
Abgeordnete macht Druck auf die Senatsverwaltung
Gabriele Hiller hat unterdessen einen Brief an Marion Engel, Schulleiterin der Jean-Piaget-Sekundarschule, geschrieben. Mit ihrer Kritik habe sie die Bildungsverwaltung unter Druck setzen wollen, heißt es darin. „Der Jugendgewaltbericht macht auf Probleme in unserem Bezirk aufmerksam, vor denen wir nicht die Augen verschließen sollten“, schreibt Hiller. Es müsse dringend mehr für Schulen im sozialen Brennpunkt Hellersdorf getan werden.
Auch die Bücherwurm Grundschule wurde von Hiller als Problemschule benannt. Das ärgert deren Schulleiterin Petra Serbe. Sie sagt der Berliner Morgenpost, dass die Schule tatsächlich Probleme hatte, auch weil lange Zeit eine arbeitsfähige Schulleitung fehlte. „Wir sind aber längst auf einem guten Weg.“ Seit drei Jahren sei die Schule im School-Turnaround-Programm. Seitdem gebe es endlich eine komplette Leitung, einen Schulsozialarbeiter, eine Lernwerkstatt. Das alles habe deutlich zur Verbesserung der Lage beigetragen. „Der Krankenstand im Kollegium ist extrem zurückgegangen. Das ist ein gutes Zeichen“, sagt Serbe.