In Berlin können nach Angaben von Flüchtlingsinitiativen derzeit 1600 geflüchtete Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren nicht zur Schule gehen. Asylbewerber in diesem Alter sollen ein Oberstufenzentrum besuchen. Doch dort stehen nicht ausreichend Plätze zur Verfügung.
An den berufsbildenden Schulen gibt es nach Angaben der Senatsbildungsverwaltung derzeit 90 Willkommensklassen, in denen Flüchtlinge Deutsch lernen und auf den Unterricht in Regelklassen vorbereitet werden. Gut 1000 Kinder und Jugendliche werden in diesen Klassen unterrichtet. 1600 weitere Schüler seien „vorregistriert“, sagt der Vorsitzende der Vereinigung der Leiter an berufsbildenden Schulen, Ronald Rahmig.
Große Bandbreite beim Bildungsstand
Um sie in Willkommensklassen unterzubringen, fehlten Lehrkräfte und Plätze. Die Oberstufenzentren, an denen Schüler eine Berufsvorbereitung oder -ausbildung, die Fachhochschulreife oder Abitur machen können, seien ausgelastet. Um Plätze zu schaffen, müsse der Unterricht anders organisiert werden.
Die Bandbreite beim Bildungsstand in den Willkommensklassen sei sehr groß, sagt Rahmig. „Wir haben Schüler mit einem abgebrochenen Technik-Masterstudium. Wir haben Analphabeten, die praktisch ohne Schulbildung sind. Und wir haben alles dazwischen.“ Dies sei vor allem dann schwierig, wenn es nur eine Willkommensklasse an einer Schule gebe, in der alle Kinder und Jugendlichen gemeinsam unterrichtet werden. Bei mehreren Klassen würden sie nach dem Sprachstand in Gruppen eingeteilt.
Ziel sei, nicht alphabetisierte und alphabetisierte Schüler getrennt zu unterrichten, sagt Beate Stoffers, Sprecherin von Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD). Dies sei aber derzeit nicht überall der Fall.
Bürgerinitiative kritisiert die langen Wartezeiten
Die Initiative „Willkommen im Westend“ kritisiert, es dauere zu lange, bis die Jugendlichen in den Schulen ankommen. Teilweise warteten sie bis zu einem halben Jahr auf das sogenannte Clearing-Verfahren, in dem ihre Situation geprüft werde, sagt Amei von Hülsen-Poensgen von „Willkommen im Westend“. Erst danach werde ein Schulplatz für sie gesucht.
Ältere Jugendliche werden dabei an die Oberstufenzentren verwiesen. Sie müssten häufig erst einmal davon überzeugt werden, eine Schule zu besuchen, sagt Ronald Rahmig von der Berufsschulleiter-Vereinigung. Viele Flüchtlinge wollten lieber Geld verdienen, außerdem sei ihnen das System der beruflichen Bildung nicht bekannt. Es sei aber sinnvoll, sie auf einen Beruf vorzubereiten. Viele hätten einen unsicheren Aufenthaltsstatus, mit einer Ausbildung als Kfz-Mechatroniker oder Anlagenmechaniker könnten sie auch in ihrem Herkunftsland Geld verdienen.